und Stalin geschmückt waren. Wir beschlossen, ihnen die Freude zu versalzen. Dabei ging es nicht ums blinde Zerstören, sondern vielmehr darum, ein Zeichen zu setzen. Wir waren zu fünft, als wir am 8. Mai zuschlugen. Meine Erkundungen in den letzten Tagen hatten ergeben, dass das Grundstück abends von den Russen verlassen war. Auch in der benachbarten Anlage, jetzt Klub der Sportschule, die sich bis zur Bischofsbrücke erstreckte, hielt sich nach dem Dunkelwerden niemand auf. In der entgegengesetzten Richtung, also begaaufwärts, befand sich ein dicht bewachsenes umzäuntes Gelände. Nach 21 Uhr trafen wir, das heißt Emmerich Hochstrasser, Egon Zirkl, Jakob Stein, Ernst Warga und ich, uns beim Capitol-Kino. Nachdem wir uns vergewissert hatten, dass sowohl die Umgebung als auch die Anlage selbst unbewacht waren, sprangen wir über den Zaun und machten uns an unsere „Arbeit“. Spruchbänder, Fahnen und die großen Bilder wurden von uns schwer beschädigt, sodass die Fetzen im Wind nur so flatterten. Es war unsere Absicht, die Zerstörung gut sichtbar zu machen, denn wir rechneten damit, dass am nächsten Morgen, wenn tausende Menschen zu Fuß die Bischofsbrücke überqueren würden, diese unser Werk erblicken und gebührend schätzen würden.
Am nächsten Tag nach 7 Uhr, als der Verkehr auf der Bischofsbrücke am größten war, fuhr ich mit meinem Fahrrad auch dorthin. Schon von Weitem konnte ich viele Zuschauer auf der Brücke sehen. Ich blieb stehen und fragte jemanden, was es denn hier gäbe, worauf dieser – nicht ohne ein leichtes Schmunzeln im Gesicht – fragte, ob ich denn nicht sähe, dass die „Reaktion“ zugeschlagen und den Club der Roten Armee verwüstet habe. Ich spielte den Erstaunten und fragte, wie so etwas möglich sei, ob denn die Anlage nicht bewacht gewesen sei? Während ich mit dem Mann plauderte, beobachtete ich die vielen Leute, die um uns herum stehen geblieben waren. Es gab solche, die die „Reaktionäre“ beschimpften, den meisten jedoch konnte man die Genugtuung über den gelungenen Streich an ihren Gesichtern ablesen. Im Inneren der Anlage erschienen einige Soldaten, die sich unter dem Kommando eines Offiziers daranmachten, die Trümmer und Fetzen, die vom Festputz übrig geblieben waren, zu beseitigen. Ich verspürte jedenfalls eine große Genugtuung und später in der Schule eine diabolische Freude, als ich merkte, dass das Ereignis bei vielen Kommilitonen der Gesprächsstoff des Tages war.
Eine ähnliche, allerdings spontane Aktion am Bahnhof in Schag, einer Gemeinde 15 Kilometer südwestlich von Temeschburg, wurde von Fredi, Edi und Andreas durchgeführt. Es war am 6. Mai 1951, einem Sonntag, und wir hatten einen gemeinsamen Badeausflug an die Temesch unternommen. Ich war mit dem Fahrrad unterwegs, während die anderen mit der Bahn fuhren. Die Rückfahrt erfolgte ebenfalls getrennt. Am nächsten Tag dann überraschte mich Fredi mit der Nachricht, dass sie im Wartesaal des Bahnhofs in Schag „aufgeräumt“ hätten. Dieser war noch wegen der Feierlichkeiten zum 1. Mai mit Spruchbändern, Fahnen und den obligatorischen Fotos der „geliebten“ Staats- und Parteiführer unseres Landes und der glorreichen Sowjetunion verziert. Sie meinten, es wäre eine Sünde, diese prächtige Gelegenheit nicht zu nutzen, und im Handumdrehen hatten sie den ganzen Zierat von den Wänden und aus den Rahmen gerissen und zu Müll gemacht. Bald darauf kam der Zug und sie fuhren frisch und froh nach Temeschburg zurück. Über Reaktionen nach dieser Heimsuchung des Bahnhofs haben wir allerdings nichts gehört.
Eine weitere Aktion dieser Art führte ich am 28. April 1951 im Alleingang durch. Die Anlage der Sportschule an der Bega war wegen des bevorstehenden Maifeiertages herausgeputzt. Dietmar Brössner und Andreas Jasberenyi, Schüler im dritten Jahr, hatten als Mitglieder der kommunistischen Jugendorganisation UTC an der Verschönerungsaktion des Clubs mitgewirkt, während wir, UTC-Leute des vierten Jahrgangs, erste Absolventen der Sportschule, von solchen „freiwilligen“ Arbeiten enthoben waren, um uns auf die noch bevorstehenden letzten Prüfungen konzentrieren zu können. Dietmar meinte, dass sich hier eine gute Gelegenheit böte, der UTC-Führung „Pfeffer zu geben“, also begab ich mich nach 21 Uhr, als unser Club bereits verlassen und abgeschlossen war, dorthin. Auf dem gegenüberliegenden Ufer der Bega befand sich der Eisenbahnerclub, wo noch immer Hochbetrieb mit Festbeleuchtung, Musik und Tanz herrschte, ein Umstand, der mir gut zupasskam, denn er lenkte von meinem Vorhaben ab. Also kletterte ich schnell über den Zaun und vernichtete in zehn Minuten den ganzen Schmuck, der in stundenlanger Arbeit mühsam von dutzenden Schulkollegen geschaffen worden war. Ich rechnete damit, dass die Verwüstung schon am kommenden Morgen entdeckt würde, dass aber dennoch keine Zeit mehr bliebe, den Schaden rechtzeitig bis zum Feiertag zu beheben. Am nächsten Tag war das Aufsehen erwartungsgemäß groß: Manche lachten insgeheim, andere, die „Linientreuen“, schimpften. Ich bedauerte lediglich die ebenso mühevolle wie nunmehr vergebliche Arbeit meiner Schulkollegen, die alles so „schön“ vorbereitet hatten.
Die Mitglieder unserer Geheimorganisation waren fast alle auch in der UTC, was wir als wichtige Tarnung betrachteten. Ausgenommen waren lediglich Emmerich Hochstrasser und Jakob Stein, die beide als Kinder ehemaliger Großgrundbesitzer im Jahr zuvor wegen „ungesunder sozialer Herkunft“ (!) (Origine socială nesănatoasă) aus der UTC ausgeschlossen worden waren. Professor Iovănescu, unser Direktor, hatte sich zwar gegen den Ausschluss dieser guten Schüler ausgesprochen, sich jedoch nicht durchsetzen können. Die Oberen der UTC waren offensichtlich wild entschlossen, das „klassenkämpferische Prinzip“ zu wahren. Dass ich in diesem letzten Schuljahr „organizatoricul“, also Klassensprecher geworden war, verdankte ich ebenfalls Professor Iovănescu. Ich war erst von meiner Ernennung, durch welche ich zugleich auch zum UTC-Chef der Klasse wurde, nicht sehr begeistert, fand mich jedoch schnell damit ab, als ich erkannte, dass diese Funktion für mich nicht viele Verpflichtungen mit sich brachte, zugleich aber die bestmögliche Tarnung für meine geheime Tätigkeit darstellte.
Im Laufe des Jahres 1950 beschlossen wir, sogenannte scharfe Einsätze durchzuführen, also Sabotageaktionen, die zugleich auch als Übung für spätere noch gefährlichere Einsätze dienen sollten. Die erste Aktion dieser Art war die Zerstörung einer Telefonleitung der Sowjets, die als Verbindung des Clubs mit der Kommandantur diente. Einen Monat danach folgte unser nächster Streich, bei welchem Emmerich Hochstrasser, Egon Zirkl und ich beteiligt waren. Nach gründlichen Beobachtungen wussten wir, dass es im Parkgelände, durch welches die Leitung zum Club führte, keine Wache gab. Wir zerschnitten die Kabel an zwei Stellen, nahmen ein Teilstück von etwa 50 Meter mit und ließen dieses in der Bega verschwinden. Gerne hätten wir die Reaktion der Russen auf unsere Frechheit gesehen. Den letzten Schlag dieser Art führten wir am 5. Sept. 1951 in dem kleinen Park östlich des Kapitol-Kinos durch, wo ein ganzer Strang von Fernsprechleitungen der sowjetischen Kommandantur vorbeiführte. Mit dabei waren diesmal: Fredi, Harry, Emmerich, Dietmar, Stefan und ich.
Entsprechend unserer Zielsetzung berieten wir oft über die Notwendigkeit der Verbindungsaufnahme zum landesweiten, leider zersplitterten Widerstand. Die bereits angebahnte Beziehung zu einer dieser Gruppen lief aus Sicherheitsgründen nur über Franzi Bayer, was vorläufig auch so bleiben sollte. Wie es sich dann später nach unserer Verhaftung zeigte, war diese Entscheidung richtig. Auf der Suche nach weiteren Widerständlern stieß Fredi im Frühjahr 1951 auf eine kleine Gruppe, bestehend unter anderem aus Hans Engrich und Rudi Kohl. Wir fanden ihre Einstellung im Prinzip ganz in Ordnung, die Jungs ansonsten jedoch noch ziemlich unreif, weswegen ich keine engeren Beziehungen zu ihnen aufnehmen wollte. Jahre später sollten wir noch recht unerfreuliche Erfahrungen mit ihnen machen.
Um erfolgreich zu sein, musste die Organisation ausgebaut und eine Hierarchie beziehungsweise eine Kommandostruktur gebildet werden. Als Ziel schwebte uns vorerst die Bildung dreier Gruppen vor, von welcher jede aus einem Gruppenoberführer, einem Gruppenführer und mindestens sechs bis acht Schützen bestehen sollte. Von den Letzteren sollte möglichst ein Mann eine sanitäts- und ein weiterer eine technische Ausbildung vorweisen können. Unsere vordringlichste Aufgabe blieb aber die Rekrutierung weiterer Mitglieder für die Organisation. Kandidaten suchten wir in unseren Freundeskreisen. Jede vertrauenswürdig erscheinende Person wurde gezielt nach ihrer politischen Einstellung und eventuellen Bereitschaft, in einem geheimen Widerstand gegen den Kommunismus mitzumachen, befragt. Bei positiver Einschätzung unsererseits, das heißt der Führungsgruppe Prack, Mildt, Resch, wurde der Kandidat durch einen von uns näher befragt. Bei weiterer positiv eingeschätzter Entwicklung dieser Befragung – sie dauerte meistens einige Monate – wurde dem Kandidaten der konkrete Vorschlag zum Eintritt in die Organisation unterbreitet. Dabei war vorgesehen, dass der Neuling nur die Mitglieder seiner Gruppe kennen sollte. Die eigentliche Rekrutierung wurde