nach ästhetischen Gesetzen. Vgl. Wahrnehmung.
an sich bildet den Gegensatz zu dem, was ein Ding mit Rücksicht auf ein anderes ist. »Ding an sich« nennt daher Kant (1724-1804), indem er das andere als das menschliche Bewußtsein nimmt, einen von den menschlichen Erkenntnisformen unabhängigen Gegenstand, während er die Dinge, insofern sie durch die menschliche Erkenntnis in Raum und Zeit erfaßt werden, Erscheinungen nennt. Nach Kant erkennen wir die Dinge nicht, wie sie an sich sind, sondern nur, wie sie uns erscheinen.
Anstand heißt das durch die Sitte oder die Sittlichkeit geregelte Benehmen. Jenes ist der mehr äußerliche, konventionelle, dieses der innere, wahrhafte Anstand. Jener entspringt aus der Gewöhnung und dem Umgange, dieser aus dem Charakter des Menschen.
Antagonismus (gr. von antagônizomai = wetteifern) heißt der Widerstreit der Kräfte in der körperlichen wie der geistigen Welt; kein Ding verhält sich nur leidend, sondern jedes Ding reagiert stets (lex antagonismi) auf Einwirkungen. Auf dem Antagonismus der Kräfte beruht alles Leben in unserem Leibe und Geiste, in Staat, Kirche und Wissenschaft. Ausgesprochen ist diese Überzeugung zuerst von Herakleitos (um 500 v. Chr.), nach dem der Streit der Vater und Herr aller Dinge ist (Plutarch. de Isid. 48 Hêrakleitos – polemon onomazei patera kai basilea kai kyrion pantôn.).
Antanagogé (vom gr. antanagô = dagegen hinaufführen) heißt das Zurückschieben einer Beschuldigung auf ihren Urheber vermittelst einer geschickten Wendung.
antecedens (lat. = das Vorhergehende) und consequens (lat. = das Folgende) heißt der Grund und die Folge in der Logik, die Ursache und die Wirkung in der realen Welt. In Urteilen heißt antecedens das Subjekt, wenn daraus das Prädikat selbstverständlich folgt; in Schlüssen heißen Obersatz und Untersatz so, während der Schlußsatz consequens heißt; bei Beweisen heißt der Beweisgrund antecedens.
antemundan (aus dem Lat. geb. von ante = vor und mundus = Welt) heißt vorweltlich, s. a. präexistent.
anthropocentrisch (vom gr. anthrôpos = Mensch und kentron = Mittelpunkt) nennt man diejenige Weltauffassung, welche den Menschen als das Zentrum der ganzen Welt ansieht, wie es die meisten Religionen, z. B. das Christentum, aber auch manche philosophische Systeme tun, z. B. im Altertum die Lehre des Sokrates, in der Neuzeit die Wolfische Philosophie. Auch in Kants (1724-1804) Erkenntnistheorie liegt eine neue eigentümliche anthropozentrische Wendung, indem sie lehrt, daß die menschliche Vernunft der Natur (sofern sie die Welt der Erscheinungen ist) die Formen und Grundgesetze vorschreibe. Spinozas (1632-1677) Lehre von Gott-Natur ist dagegen theozentrisch, und die gegenwärtige Naturwissenschaft führt ebenfalls seit Kopernikus, Kepler, Newton von der anthropozentrischen Weltbetrachtung ab. Am stärksten vertrat dagegen von den Neueren in seiner Philosophie den anthropozentrischen Standpunkt Wilhelm von Humboldt (1767-1835), dem sich die ganze Wissenschaft zu einer philosophisch-empirischen Menschenkenntnis zusammenfaßte.
Anthropologie (aus dem Gr. von anthrôpologos = von dem Menschen redend), die Lehre vom Menschen, bestimmt das Wesen des Menschen nach Leib und Seele und verfolgt seine Entstehung, Entwicklung und Verbreitung über die Erde. Sie zerfällt je nach ihrem besonderen Gegenstande in die somatische Anthropologie (Anatomie und Physiologie), welche den Leib und seine Funktionen, die biologische, welche die Lebensvorgänge, die psychische, welche die Seele des Menschen, und die sozialpolitische, welche das Verhältnis des Menschen zur Natur und zur Gesellschaft behandelt. Die erste und zweite Wissenschaft ist eine naturwissenschaftliche Disziplin, die dritte eine philosophische, die vierte eine sprachwissenschaftliche und historisch-archäologische. Die Anthropologie beruht also auf Naturwissenschaft, Philosophie, Sprachwissenschaft, Geschichte und Archäologie und ist für diese Wissenschaften, sowie für die Jurisprudenz und Theologie eine Mitarbeiterin. (Vgl. Völkerpsychologie.)
Der Schöpfer der Anthropologie als Wissenschaft war Aristoteles (384-322); aus der alexandrinischen Schule beschäftigten sich Herophilos (um 280 v. Chr.) und Erasistratos (um dieselbe Zeit) mit ihr. Das Mittelalter kannte die anthropologische Forschung nicht; erst Arnoldus v. Villanova (1235-1312), der die erste öffentliche Sektion zweier weiblicher Leichen in Bologna vornahm, begann wieder das Studium der Anthropologie. Die Naturphilosophen der Reformationszeit wie Paracelsus (1493-1541) und van Helmont (1577-1644) waren meist Theosophen und hatten nur geringes anthropologisches Interesse; doch wies um dieselbe Zeit Bacon v. Verulam (1561-1626) auf die Erfahrung als das beste Hilfsmittel der Forschung hin. Dieses Prinzip wandte dann J. Locke (1632-1704) und seine Schule einseitig an, so daß der Empirismus bald in Sensualismus und Materialismus ausartete. Ihm traten die Idealisten Cartesius (1596-1650), Spinoza (1632-1677), Leibniz (1646-1716) und Wolf(1679-1754) gegenüber. Alle diese Philosophen förderten aber die psychische Anthropologie. Durch Harvey (1578-1658), welcher den Blutumlauf (1619) entdeckte, wurde die neuere physiologische Richtung begründet, der auch A. v. Haller (1708-1777) angehörte, während der Vitalismus, d. h. die Annahme einer besonderen Lebenskraft, in Frankreich besonders Anklang fand. Berühmte exakte Forscher auf dem Gebiete der Anthropologie waren dann in Deutschland seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Peter Camper, Sömmering, Blumenbach, Burdach, Joh. Müller und Virchow. Die erste systematische Einteilung des Menschengeschlechts in (3) Rassen machte Cuvier († 1832), während Ch. Bell († 1842) die moderne Nervenphysiologie begründete. Kants »Anthropologie in pragmatischer Hinsicht 1798« gab manche Anregung. An Schellings Auffassung, daß der Mensch ein Glied am Organismus Gottes sei, knüpfte der Mesmerismus (s. d.) an, der erst schwand, als die neueren Psychologen: Herbart, Beneke, Lotze, Waitz, Brentano, Fechner, Wundt u. a. die Psychologie naturwissenschaftlich und vergleichend bearbeiteten. Die vergleichende Methode der »Völkerpsychologie«, wie Lazarus und Steinthal sie nannten, ward dann auf Religion, Sittlichkeit und Sprache übertragen, und die von Quételet begründete Statistik leistete vielfach willkommene Hilfe; eine ganz neue Betrachtung endlich hat Darwins Theorie auch der Anthropologie gebracht.
Aus der reichen Literatur heben wir hervor: Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht 1798; Burdach, A. für das gebildete Publikum 1846; H. Lotze, Medizinische Psychologie 1852; A. Quételet, Physique sociale, dtsch. von Ricke 1838; F. G. Klemm, Allgem. Kulturwissenschaft 1854; Th. Waitz, Anthr. der Naturvölker 1859-1873; Huxley, Zeugnisse f. d. Stellung des Menschen in d. Natur (aus d. Engl. 1863); Lyell, d. Alter d. Menschengeschlechts (aus d. Engl.); Bastian, der Mensch in d. Geschichte 1860; Ch. Darwin, d. Abstammung d. Menschen 1871; Joh. Ranke, der Mensch, Leipzig 1886/87.
Anthropomorphismus (aus dem Gr. von anthrôpomorphos = von menschlicher Gestalt) ist die Erfassung des Göttlichen in Menschengestalt. So falsch diese Vorstellung ist – schon Xenophanes der Eleat (6 Jahrh. v. Chr.) bekämpfte den Anthropomorphismus –, so nahe liegt sie für uns. Und zwar legt der Mensch entweder Gott seinen Leib bei, sei es, daß er diesen vervielfältigt und steigert (Inder), oder sei es, daß er ihn idealisiert (Hellenen) oder er denkt ihn nur als menschlichen Geist mit allen seinen Äußerungen: Wille, Verstand, Liebe, Zorn, Reue (Volksglaube).
Anthropopathismus (aus dem Gr. von anthrôpopatheia = Zustand menschlichen Empfindens) heißt die Auffassung des Göttlichen, welche der Gottheit menschliche Affekte wie Zorn, Haß, Neid, Reue, Eifersucht zuschreibt.
Anthropophagie (gr. anthrôpophagia) heißt Menschenfresserei; sie wurde von den ältesten Menschen allgemein geübt und ist noch bei einzelnen Wilden (in Sumatra, Kalabar, Australien, am Amazonas) üblich. Sie widerspricht der Menschenwürde. Vgl. Andree, »Die A.« 1887.
Anthropotheismus (aus dem Griech. von anthrôpos u. theos) heißt Menschenvergötterung; so kann Hegels System genannt