Atmungsmuskeln und des Herzens.
animalisch (v. lat. animal = das Tier) heißt tierisch, den Tieren eigentümlich. Animalische Funktionen sind die dem Tierleben eigenen Tätigkeiten, die hauptsächlich von dem Vorhandensein eines Nervensystems abhängen, nämlich Empfindung, willkürliche Bewegung, Vorstellung und Bewußtsein; die vegetativen Funktionen dagegen, welche auch den Pflanzen zukommen, sind Wachstum und Ernährung. – Animalität heißt Tierheit.
Animismus (v. lat. animus = Seele) ist die philosophische Lehre G. E. Stahls (1660-1734), daß die denkende Seele Lebensprinzip jeder Tätigkeit im Körper sein, also auch z. B. das Wachstum desselben bewirken soll. Vgl. Lebenskraft. Mit dieser Lehre ist der Hylozoismus, Leibniz' Monadologie, der Vitalismus und v. Hartmanns Prinzip des Unbewußten verwandt. – In der Anthropologie bedeutet Animismus den Glauben der Naturvölker an seelische Kräfte da, wo es sich um Wirkungen handelt, die sie auf mechanische Ursachen zurückzuführen außer stande sind.
animós (lat. animosus) heißt leidenschaftlich erregt.
Animosität ist leidenschaftliche Stimmung.
animus (lat.) heißt die Absicht, z. B. animus nocendi, iniuriandi, die Absicht zu schaden, zu beleidigen. Vgl. Absicht, Zweck.
Anlage ist die angeborene Fähigkeit, welche durch Übung zur Fertigkeit werden kann. Über ihr Wesen sind zwei extreme Ansichten vorhanden. Locke (1632-1704) und Beneke (1798-1854) betrachten den Geist des Neugeborenen als eine leere Tafel (tabula rasa), auf die Erfahrung und Erziehung den Inhalt schreiben. Origenes (185-254), Kant (1724-1804) und Schelling(1775-1854)sind der Ansicht, die Seele sei durch einen Fall vor der Geburt so geworden, wie sie jetzt ist. Zwischen jenen Empirismus und diesen Mystizismus hat sich die genetische Betrachtungsweise gestellt, welche im geistleiblichen Organismus eine durch die Jahrtausende erworbene und vererbte Disposition zu gewissen Fertigkeiten erkennt, mag man sie materialistisch oder spiritualistisch erklären. Es ist wohl unleugbar, daß jeder Mensch schon durch sein Geschlecht, ferner durch seine Konstitution und sein Temperament, sodann durch das verschieden geartete Verhältnis der einzelnen Seelenkräfte und der vegetativen und animalen Funktionen untereinander besondere Anlagen mit auf die Welt bringt. Weil besonders Phantasie, Empfindung, Verstand oder Wille der Anlage nach verschieden stark angeboren zu sein pflegen, so kann man von Kind auf an den Menschen eine verschiedene Empfänglichkeit für Kunst, Wissenschaft, sittliche und praktische Tätigkeit beobachten. Ein höherer Grad von Anlage heißt Talent, der höchste: Genie. – Natürlich finden sich auch bei ganzen Familien und Völkern gewisse, durch Gewöhnung, Klima, Bodenbeschaffenheit und Vererbung befestigte Anlagen. Vgl. Instinkt, Nativismus, Vererbung.
anmaßend ist derjenige, welcher durch sein Auftreten die Anerkennung seines nicht wirklichen, sondern nur vermeintlichen Verdienstes oder Vorrechtes zu fordern scheint.
Anmut ist nach Schillers Erklärung (Über Anmut und Würde 1793) die Schönheit der Bewegung. Sie steht im Gegensatz zu dem Begriff der architektonischen Schönheit. Diese ist die allein durch Naturkräfte bestimmte Schönheit und besteht z. B. in einem glücklichen Verhältnis der Glieder, fließenden Umrissen, lieblichem Teint, zarter Haut, feinem und freiem Wuchs, wohlklingender Stimme usw.; sie ist nicht Verdienst des Menschen. Jene dagegen ist persönliches Verdienst. Sie liegt in demjenigen, was bei den beabsichtigten Bewegungen unabsichtlich ist, sie entsteht nur da, wo es der Mensch im Besitze der Freiheit zu einer höheren sittlichen Fertigkeit gebracht hat, wo Pflicht und Neigung in ihm zusammenstimmen und dieses innere Verhältnis, das nur der schönen Seele zufällt, zur Erscheinung kommt, während Würde da in die Erscheinung tritt, wo die Pflicht über die Neigung herrscht. Studierte Anmut aber ist Ziererei. – Die neuere Ästhetik versteht unter Anmut vielfach auch einen milderen Grad der Schönheit.
Annahme bedeutet in der Logik den Untersatz (vgl. Schluß) eines Schlusses (propositio minor oder assumptio), allgemeiner die Voraussetzung bei einem Beweise. Vgl. Hypothese.
Annex (lat. von annecto = anknüpfen) heißt Anhängsel.
Annihilation (aus dem Lat. geb. von annihilo = zunichte machen) heißt Vernichtung, Aufhebung, Zerstörung.
Anöa (gr. anoia) heißt Unverstand, Sinnlosigkeit, Verstandesschwäche.
Anomalie (gr. anomalia) ist allgemein die Abweichung von einer Regel; spezieller nennt man jede quantitative oder qualitative Abweichung von einem Naturgesetz Anomalie. Siehe Analogie.
Anomie (gr. anomia) heißt Gesetzlosigkeit, Ungesetzlichkeit, Willkür, Zügellosigkeit.
Anordnung ist die Herstellung einer zweckmäßigen Reihenfolge der Teile eines Ganzen; diese Reihenfolge wird bei wissenschaftlichen Werken durch die Logik, bei künstlerischen durch die Ästhetik vorgeschrieben. Sie entspringt aus der Herrschaft eines führenden Gedankens über die verschiedenen Teile, aus Partitio oder Divisio (s. d.).
anorganisch ist der Gegensatz zu organisch (s. d.). Im allgemeinen scheidet man in der Natur das besonderen Gesetzen des Lebens unterworfene Reich des Organischen, das die Pflanzen, die Tiere und die Menschen umfaßt, von dem Reiche des Anorganischen, der Welt der leblosen Stoffe, die nur von den mathematischen, physikalischen und chemischen Gesetzen beherrscht wird. Aber nicht alle philosophischen Systeme erkennen diese Unterscheidung an. Den Begriff des Organischen und Anorganischen haben am schärfsten philosophisch zu bestimmen versucht Aristoteles (384-322) und Kant (1724 bis 1804). Vgl. Organismus.
Anschauung (Intuition) oder Wahrnehmung bedeutet die unmittelbare Bewußtseinserfassung eines Gegebenen zunächst durch den Gesichtssinn, dann, allgemeiner, überhaupt durch die Sinne. Zum Zustandekommen einer Anschauung oder Wahrnehmung gehört 1. daß ein wirkliches Objekt vorhanden ist, 2. daß dieses einen Reiz auf unsere Sinnesorgane ausübt, 3. daß aus diesem Reiz eine Empfindung erwächst, 4. daß die Empfindung in bestimmter Form (Raum und Zeit) zum Bewußtsein kommt. Die Anschauung ist stets etwas Einzelnes, während Vorstellungen (s. d.) und Begriffe (s. d.), aus der Erneuerung und Verbindung früherer Anschauungen hervorgegangen, stets ein Allgemeines sind. Hierdurch bestimmt sich der Wert der Anschauung für die Erkenntnis. Anschauungen liefern uns den stofflichen Inhalt unseres Wissens, geordnet in den Formen des Raumes und der Zeit; aber zum Glied unserer Erkenntnis werden sie erst, indem aus ihnen allgemeine Vorstellungen und begriffliche Formen entwickelt werden. Das Wissen selbst besteht nicht aus Anschauungen oder Wahrnehmungen, sondern aus dem daraus gewonnenen Allgemeinen. Kant hat dies Verhältnis durch die zwei Sätze: »Gedanken ohne Inhalt sind leer« und »Anschauungen ohne Begriffe sind blind« ausgedrückt (Kr. d. r. V. S. 51). Die äußere Anschauung umfaßt die objektiven Dinge (im Raume und in der Zeit), die innere die subjektiven Vorgänge (in der Zeit); jene fällt unter das Gesetz der Gleichzeitigkeit, diese unter das der Aufeinanderfolge. Kant (1724-1804) unterscheidet außerdem die Anschauung a priori und a posteriori oder die reine und die empirische. Jene bezieht sich auf die reinen Raum- und Zeitformen, wie sie uns in den mathematischen Größen vorliegen, diese auf die in Raum und Zeit wahrnehmbaren, durch Empfindung gegebenen Erfahrungsgegenstände. (Vgl. Raum und Zeit.) Die spekulativen Philosophen Fichte, Schelling und Hegel reden noch von einer intellektuellen Anschauung. Fichte (1762-1814) versteht darunter das unmittelbare produktive Bewußtsein des handelnden Ichs, Schelling (1775-1854) den unbedingten Erkenntnisakt, in welchem Subjektives und Objektives zusammenfällt, das Wissen vom Absoluten, Hegel (1770-1831) das durch notwendige Gedankenbewegung erreichbare logische Wissen. Schelling streift damit jenes unmittelbare Anschauen Gottes, von welchem die Mystiker reden. Neuere Denker, wie Herbart (1776-1841), Beneke (1798-1854), H. Lotze (1817 bis 1881) u. a. erkennen nur die empirische Anschauung als Grundlage