und dadurch der wahrhaft wissenschaftliche Fortschritt gewonnen wird. Sie ist die Aufzeigung der dem Gegenstand selbst innewohnenden Widersprüche; denn alles Endliche schlägt in sein eigenes Gegenteil um, damit es sich kraft dieser Diremption zu einer höheren, reicheren Einheit erhebe. Das dialektische Denken steht mithin zwischen dem abstrakt verständigen, welches an der sicheren Bestimmtheit der Begriffe festhält, und dem spekulativen Denken, das die Einheit des Entgegengesetzten als das Affirmative betont, was in ihrer Auflösung und ihrem Übergehen enthalten ist. Die dialektische Methode betrachtet das Umschlagen jedes Begriffs in sein Gegenteil und die Vermittlung des Gegensatzes zu der höheren Einheit (Thesis – Antithesis – Synthesis); in ihr ist sowohl der bloß unterscheidende Verstand, wie auch die bloß die Unterschiede aufhebende negative Vernunft oder Skepsis als Moment enthalten. Vgl. H. Ulrici, Prinzip und Methode d. Hegelsch. Philos. 1841. Über das Unhaltbare der dialektischen Methode Hegels siehe conträr und contradictorisch. – Neuerdings hat den Namen Dialektik wieder aufgenommen E. Dühring in seiner natürlichen Dialektik, 1866. Vgl. Maieutik.
dialektische oder eristische Schule hieß die Schule der Megariker, die sich an Sokrates anschloß. Zu ihr gehört Euklides von Megara, Eubulides von Milet, Alexinos, Diodoros Kronos, Philon und Stilpon. Die Megariker verbanden die Lehre des Sokrates mit der Lehre der Eleaten und polemisierten mit Fangschlüssen gegen die Existenz der Bewegung.
Diallele (gr. diallêlos sc. tropos), eigentl. der Schluß »durcheinander«, der Zirkelschluß, ist der Fehler im Schlußverfahren, der eintritt, wenn das zu Beweisende unmittelbar oder mittelbar zum Beweise verwendet wird. Vgl. circulus vitiosus.
Diätetik (gr. diaitêtikê sc. technê von diaitaLebensweise) heißt die Lebenskunst, d.h. die Lehre von der vernunftmäßigen und gesundheitmäßigen Lebensweise oder von der Selbsterziehung. Auf Grund der physiologischen, psychologischen und logischen Grundgesetze hat sie diejenigen Regeln zu entwickeln, deren Befolgung den Menschen gesund, vernünftig und sittlich macht. Vgl. Makrobiotik; E. v. Feuchtersleben, Diätetik der Seele. 1838. F. Kirchner, Diätetik des Geistes. 2. Aufl. Berlin 1886.
Dianoia (gr. dianoia) heißt die Denkkraft. Dianöologie heißt die Denklehre (Schopenhauer). Dianoetische Tugenden sind bei Aristoteles (384-322) die richtigen Betätigungen der denkenden Vernunft an sich und bezüglich der niederen Seelentätigkeiten: Vernunft, Wissenschaft, Kunst und praktische Einsicht. Siehe Cardinaltugenden.
Dichotomie (gr. dichotomia von dichazweimal und tomê Einteilung) heißt im weiteren Sinne jede zweigliedrige Einteilung, z.B. die Einteilung des menschlichen Wesens in Leib und Seele, oder der Gestirne in Fixsterne und Planeten. Die Dichotomie im engem Sinne zerlegt ein Ganzes in zwei kontradiktorische (s. d.) Gegensätze, so daß ein Drittes daneben ausgeschlossen ist. Vgl. Einteilung u. Divisio und Partitio.
dictum de omni et nullo wird der logische Grundsatz genannt: Was von dem Allgemeinen gilt, hat auch von dem Besonderen Gültigkeit; was von Keinem gilt, gilt auch nicht von dem Besonderen. Quidquid de omnibus valet, valet etiam de quibusdam et singulis; quidquid de nullo valet, nec de quibusdam vel singulis valet. Der Doppelsatz besagt also, daß aus der Wahrheit des allgemeinen kategorischen oder hypothetischen Urteils (SaP, SeP; immer, wenn A ist, ist B; niemals wenn A ist, ist B) die Wahrheit des besonderen kategorischen oder hypothetischen Urteils (SiP; SoP; einigemal wenn A ist, ist B; einigemal wenn A nicht ist, ist B) folgt. Zu ergänzen ist der Satz dahin, daß umgekehrt aus der Unwahrheit des besondern Urteils die Unwahrheit des allgemeinen folgt, aber nicht aus der Unwahrheit des allgemeinen die Unwahrheit des besonderen. Ein Beispiel ist: Weil alle Menschen irren, irrt auch der Weise, oder: Weil kein Mensch die Zukunft kennt, kann sie auch kein Dichter wissen. Übrigens heißt, das dictum de omni, insofern es bei der Induktion von vielen Einzelheiten aufs Ganze schließt, auch dictum de exemplo, weil jedes Einzelding ein Beispiel von der Gattung ist, unter der es steht, und den Satz de nullo nennt man auch de diverso, weil etwas, das von einem Dinge ganz verschieden ist, ihm auch nicht ab Merkmal zukommen kann. Eine Zusammenfassung beider ist der Satz de reciproco: Wenn kein M B ist, so ist auch kein B dieses oder jenes M; und wenn C dieses oder jenes B ist, so gibt es B, die C sind. Dieser Satz liegt allen Umkehrungsschlüssen zu Grunde. Vgl. nota notae est nota rei ipsius.
Differenz (lat. differentia = Verschiedenheit) ist in der Logik ein aus dem beziehenden Denken entspringender Begriff, dessen Korrelat die Gleichheit ist. Individuelle Differenz ist der Inbegriff der Merkmale, wodurch sich ein Einzelding von der Art unterscheidet, spezifische Differenz (differentia specifica, diaphora eidopoios) ist der Unterschied einer Art von der Gattung, generische Differenz ist der Unterschied der unter einer Familie enthaltenen Gattungen. In der Mathematik ist Differenz der aus einer gegebenen Summe (Minuendus) und dem einen gegebenen Summandus (Subtrahendus) zu bestimmende zweite Summandus.
Differenzierung heißt in der Entwicklungslehre die Entstehung neuer Merkmale, durch die eine Reihe gleichartiger Wesen sich in der Fortentwicklung voneinander unterscheidet.
Dilemma (gr. dilêmma von dis zweimal, lêmma Satz = Doppelsatz), eigtl. zweiteilige Annahme, ist im logischen Sinne ein hypothetisch-disjunktiver Schloß, in dem der Obersatz ein hypothetisches Vorderglied und ein disjunktives Hinterglied hat, im Untersatz aber die in dieser Disjunktion enthaltenen Fälle oder Folgen, und somit auch im Schlußsätze das Vorderglied oder, was dasselbe ist, die Voraussetzung aufgehoben wird. Das Dilemma schließt so: Wenn A wäre, so müßte es entweder B oder C sein; nun ist es weder B noch C; also ist A überhaupt nicht. Ein Beispiel ist: Wenn eine reelle Quadratwurzel aus –4 ( = -4) existierte, so müßte sie entweder +2 oder –2 sein; nun ist sie aber weder +2, denn (+2)2 ist +4, noch –2, denn (-2)2 ist ebenfalls +4; also existiert keine reelle Quadratwurzel aus –4 ( = -4). Dieser aufhebende Schluß (Syllogismus modo tollente) führt leicht zu trügerischen Schlußsätzen (Cornutus, Krokodilsschluß, Antistrephon s.d.), wenn die Disjunktion im Obersatze unvollständig ist. Wenn er richtig sein soll, muß die Disjunktion im Obersatze vollständig sein. Ist die Disjunktion drei-, vier- oder vielgliedrig, so heißt der Schluß: Tri-, Tetra- und Polylemma. – Im allgemeinen Sinne heißt Dilemma eine schwierige Lage, die uns die Wahl zwischen zwei unangenehmen Dingen aufnötigt.
Dimatis heißt der dritte Modus der vierten Schlußfigur, in dem der Ober- und der Schlußsatz besonders bejahen, der Untersatz aber allgemein bejaht. Er hat die Form: PiM, HaS, SiP; z.B. Einige Pflanzen sind giftig; alles Giftige ist gesundheitsschädlich; folglich ist einiges Gesundheitsschädliches Pflanze.
Dimension (lat.) ist im engeren Sinne die Richtung einer geraden Linie, die mit anderen rechte Winkel bildet; in der Ebene lassen sich von einem Punkte aus nur zwei, im Räume drei solcher Linien konstruieren; geht man von der Ebene zur einfachen geraden Linie zurück, so fällt die eine Gerade fort; man sagt daher, den Sinn des Begriffes Dimension erweiternd, diese habe eine Dimension (die Länge), die Ebene zwei (die Länge und die Breite), der Raum drei Dimensionen (Länge, Breite, Höhe [Tiefe, Dicke]). Analytisch bestimmt wird ein Punkt in einer Geraden von einem gegebenen Punkte aus durch eine Variable (x), in der Ebene von dem Durchschnittspunkt zweier rechtwinkliger Geraden (Koordinaten) aus durch zwei (x, y), im Räume vom Durchschnittspunkt dreier rechtwinkliger Geraden aus durch drei voneinander unabhängige Variable (x, y, z). Analytisch kann nun der Gedanke weiter verfolgt werden und ein Punkt durch 4, 5, 6... n voneinander unabhängige Variable in seiner Lage bestimmt gedacht werden. So entsteht der Gedanke mehrdimensionaler Räume; doch korrespondiert der analytischen Formel keine Anschauung, und der empirisch gegebene Raum wird von diesem Gedanken nicht berührt. Der empirische Raum ist nur dreidimensional. Von dem als Spiritisten auftretenden Betrüger Slade betrogen, nahm dagegen Zöllner (Gesammelte Abh. 1878) vier Dimensionen des empirischen Raumes an. Schon H. More, ein englischer Theosoph, hat an die Erweiterung der Raumanschauung (Ende d. 17. Jahrh.) gedacht, dann im 18. der Pfarrer Fricker