Motive vielfach in ihrem Denken beeinflußt sind und ferner aus Nachlässigkeit, Egoismus und Mangel an Methode falsche Begriffe, Urteile und Schlüsse bilden, so werden die Denkgesetze, obwohl sie den Naturgesetzen ähnlich sind, keineswegs immer befolgt und erleiden Ausnahmen, wie es die Naturgesetze nicht erleiden. Die Denkgesetze sind: 1. das Gesetz der Identität, 2. der Satz des Widerspruchs und des ausgeschlossenen Dritten, 3. der Satz vom zureichenden Grunde. Daran schließen sich dann die zahlreichen Gesetze der Kategorienlehre, der Lehre vom Begriff, Urteil und Schluß und der Methodenlehre. Vgl. Gesetz.
Denklehre, s. Logik.
Deontologie (v. gr. to deon = die Pflicht) heißt Pflichtlehre; sie ist ein Teil der Ethik; der Ausdruck ist zuerst von J. Bentham (1748-1832) gebraucht worden: »Deontology or the science of morality«, 1834 (nach Benthams Tode herausgegeben).
Dependenz, s. Abhängigkeit, Causalität.
Depression und Exaltation, d.h. übermäßige Gedrücktheit und Gehobenheit, sind krankhafte Gemütszustände, in denen sich der Mensch entweder gehemmt oder überkräftig fühlt und meistens zwischen beiden, »himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt« schwankt.
Descendenztheorie, s. Darwinismus.
Determination (lat. determinatio, gr. prostheois), eigentl. Begrenzung, ist die der Abstraktion (s. d.) entgegengesetzte Tätigkeit, welche einem Begriffe bestimmende Merkmale hinzufügt und dadurch zu einem dem Inhalt nach reicheren, dem Umfange nach engeren, dem Begriffe, von dem man ausgeht, untergeordneten Begriffe führt. Daß ein durch ein bestimmtes Merkmal schon determinierter Begriff ohne Widerspruch nicht auch durch das entgegengesetzte Merkmal bestimmt werden kann, besagt der Satz des Widerspruchs (principium contradictionis) und der Satz vom ausgeschlossenen Dritten (principium exclusi medii inter duo contradictoria) oder der Satz der durchgängigen Bestimmbarkeit (principium determinationis omnimodae). Vgl. Contradiction.
Determinismus (nlt.) (auch Prädeterminismus) heißt diejenige ethische Ansicht vom Wesen des menschlichen Willens, welche diesen in seinen Äußerungen durch, bewußte oder unbewußte Ursachen bestimmt sein läßt, während der Indeterminismus unseren Willen für frei erklärt, mithin annimmt, daß er auch eine den bestimm enden Ursachen entgegengesetzte Richtung einschlagen oder zum absoluten kausalitätslosen Anfang eines Geschehens werden könne. Der Indeterminismus hat seine bestimmteste Ausprägung in der Lehre Kants von der intelligiblen Freiheit (s. d.) gefunden. Der Determinismus hat verschiedene Formen angenommen. Seine roheste Form ist der Fatalismus (s. d.), der die Willensakte, wie alles andere Geschehen, von einer allgemeinen, blind wirkenden Notwendigkeit, dem Schicksal, beherrscht werden läßt. Einen solchen Fatalismus schließt der Islam in sich ein. Einen mechanischen Determinismus dagegen lehrt der Materialismus der Naturalisten, der den Menschen bloß als eine Maschine betrachtet. Der theologische Determinismus hingegen, den z.B. Paulus, Augustinus (†430) und Calvin (1509-1564) vertreten, läßt die menschlichen Handlungen von einem unbedingten Ratschluß Gottes abhängen (vgl. Prädestination). Einen metaphysischen Determinismus lehrte Spinoza (1632-1677): Alles Geschehen ist kausal begründet durch die göttliche Natur, aus der mit mathematisch-logischer Notwendigkeit aller Wille seine Bestimmung empfängt. – Ähnlich nimmt Leibniz (1646 bis 1716) an, daß der Wille durch innere Beweggründe, die von Gott begründet sind, bestimmt wird. Der psychologische Determinismus endlich, den Locke (1632-1704) begründet und auch Herbart (1776-1841) vertreten hat, hebt die praktische menschliche Freiheit und die Verantwortlichkeit keineswegs auf; denn er betrachtet das Wollen nicht als Folge äußerlich und mechanisch wirkender Ursachen, sondern als Ausdruck und Folge der inneren Gesetzmäßigkeit des geistigen Lebens selbst, einer psychologischen Kausalität, für die freilich das Prinzip der quantitativen Äquivalenz von Ursache und Wirkung nicht gilt. Die Willensregung hängt mit der Apperzeption zusammen, wobei sowohl äußere Eindrücke wie reproduzierte Vorstellungen und die ganze durch Erziehung, Leben und angeborene Eigenschaften entwickelte Persönlichkeit des Wollenden mitwirken, so daß für den Beobachter oft der Schein eines freien ursachlosen Handelns entstehn kann, weil oft der direkte Zusammenhang mit einer äußeren Ursache fehlt. Für die Existenz einer psychologischen Kausalität spricht die Stetigkeit des gesamten Seelenlebens, die durchgängige Abhängigkeit des Wollens von Motiven, ferner der Umstand, daß gerade das entschiedenste Wollen sich seiner Beweggründe am deutlichsten bewußt ist, und daß der Begriff der Kausalität auf den Willen nicht minder angewendet werden muß als auf sonst irgend eine Kraft. Und der Satz des Indeterminismus: »Ohne Freiheit keine Zurechnung« kehrt sich gegen ihn selber. Denn die Zurechnung, indem sie den Faden der Kausalität verfolgt, hört da auf, wo dieser abgerissen wird; bestände zwischen dem Ich und seinem Endwollen kein Zusammenhang mehr, d.h. wäre dem Ich dieses Wollen ebenso willkürlich als ein anderes, so hörte jede Verantwortlichkeit des Ichs für dieses Wollen auf, und ein von allen Motiven unabhängiger Wille müßte als von sittlichen Motiven unabhängig, d.h. als unfrei gelten. Ohne die deterministische Gesetzmäßigkeit unserer Handlungen wäre die Rechtspflege wie die Erziehung unmöglich; jene allein begründet den historischen Pragmatismus, die exakte Auffassung individueller Entwicklung und die Moralstatistik. Vgl. Wundt, Gr. d. phys. Psych. H 478-487, vgl. auch Freiheit.
deutlich heißt ein Begriff, der nicht nur allen anderen gegenüber scharf abgegrenzt, sondern auch durch die Feststellung seiner Merkmale in sich geklärt ist. Nach Leibniz (1646-1716) heißt eine solche Vorstellung deutlich, »wie sie die Goldscheider vom Golde haben«, auf Grund von Merkmalen nämlich und Untersuchungen, die hinreichen, die Sache von allen ändern ähnlichen Körpern zu unterscheiden. (Leibniz, Betracht. über die Erkenntnis, die Wahrheit und die Ideen 1687. Vgl. Philos. Bibl. Bd. 101, S. 20.) Wundt (geb. 1832) versteht unter der Deutlichkeit der Vorstellungen die bestimmtere Abgrenzung gegenüber anderen psychischen Inhalten. (Grundz. d. Psych. S. 152.) Vgl. klar, dunkel, verworren. Siehe auch clare et distincte.
Dialektik (gr. hê dialektikê sc. technê) ist eigentlich die Kunst der Unterredung, dann die Kunst einer methodischen wissenschaftlichen Forschung, also das, was wir gewöhnlich Logik nennen. Die Sophisten (5. Jahrh. v. Chr.) verstanden darunter die Kunst des logischen Scheins, die Fertigkeit, den Gegner durch Fang- und Fehlschlüsse zu täuschen. Als Erfinder dieser Dialektik wird Zenon der Eleate (5. Jahrh. v. Chr.) genannt. Sokrates (469-399) gestaltete die Dialektik zur Kunst mit anderen zu meditieren (Sokratische Methode) um. Bei Platon (427-347) ist es die Methode, einen Gegenstand begrifflich zu erforschen. Der Eros, welcher das Endliche zum Unendlichen zu erhöhen strebt, ist der philosophische Trieb; das Mittel, die Wahrheit zu erlangen, ist die Dialektik, d.h. die Gesprächskunst. Da sie aber die Wahrheit sucht, so ist die Dialektik schließlich die Wissenschaft von dem wahrhaft Seienden, von den Ideen (Rep. VI, 511 B. Phil. 58A). Aristoteles (384-322) hingegen unterschied wissenschaftliche Beweise von den bloß dialektischen und verstand unter letzteren die Wahrscheinlichkeitsbeweise. Die Dialektik deckt die verschiedenen Seiten auf, von denen aus ein Gegenstand betrachtet werden kann, und dient daher namentlich zur Aufsuchung der verschiedentlichen Prinzipien. (Vgl. Arist. Top. I, 2 p. 101b 2ff.). So näherte sich der Begriff der Dialektik wieder bei Aristoteles dem der Sophistik. Auch bei den Stoikern galt sie wieder als die Kunst gut zu reden (epistêmê tou eu legein). Für Kant (1724-1804) ist die Dialektik nicht die Kunst, sondern die Kritik des dialektischen Scheins der Logik; sie kritisiert die Ideen, die eine unmittelbare objektive Beziehung nicht haben, und sie entwickelt z.B. in der Lehre von der Antinomie der reinen Vernunft den scheinbaren Widerstreit der Vernunft mit sich selbst in bezug auf die Welt als Ganzes und die das Geschehen in ihr betreffenden Fragen. (Kr. d. r. V., S.62ff.) Schleiermacher (1768-1834) und Hegel (1770-1831) hingegen sind zur platonischen Bedeutung zurückgekehrt. Jener betrachtet die Dialektik als eine Architektonik alles Wissens, als Organon für das richtige Verfahren im zusammenhängenden Fortschreiten alles Denkens und als Kriterium für jedes Einzeldenken, welches Wissen zu sein beansprucht. Hegel sieht in ihr die allein wissenschaftliche, dem Gegenstand der Erkenntnis selbst immanente Methode, deren Wesen darauf