den sie in drei Jahren erreichen müssen, wo wir sie dann, wenn ihre Verpachtung abgelaufen sein wird, nach unserem Belieben ausschlachten können. Wir beteiligen uns alle sechs daran mit bestimmten Anteilen, ich mit dreihunderttausend Franken für drei Achtel. Wenn einer von uns Geld braucht, wird Roguin ihm das verschaffen, indem er auf seinen Anteil eine Hypothek aufnimmt. Um den Stiel der Pfanne in der Hand zu behalten und zu sehen, wie der Fisch brät, will ich, dem Namen nach, Eigentümer der einen Hälfte sein, die Pillerault, dem guten Ragon und mir zusammen gehört. Roguin wird unter dem Namen eines Herrn Karl Claparon der andere Mitbesitzer sein und, wie ich, seinen Sozien einen Revers ausstellen. Die Kaufurkunde wird in privatschriftlicher Verschreibung ausgestellt, bis wir Besitzer aller Terrains sind. Roguin wird genau prüfen, welche Kontrakte realisiert werden müssen, denn er weiß noch nicht gewiß, ob wir die Eintragung ins Grundbuch vermeiden und die Kosten auf diejenigen, an die wir dann im einzelnen verkaufen werden, abwälzen können; aber das dauert zu lange, wenn ich dir das erklären wollte. Sind die Terrains bezahlt, so haben wir nichts zu tun, als mit gekreuzten Armen zuzusehen, und in drei Jahren besitzen wir eine Million. Cäsarine wird dann ihr zwanzigstes Jahr erreicht haben, dann verkaufen wir unser Geschäft und können, dank dem Himmel, bei aller Bescheidenheit zu hoher Stellung aufsteigen.«
»So, und wo willst du die dreihunderttausend Franken hernehmen?« sagte Frau Birotteau.
»Von Geschäften verstehst du nichts, mein Herz. Ich gebe die hunderttausend Franken her, die bei Roguin stehen, vierzigtausend Franken nehme ich auf die Baulichkeiten und das Gartenland unsrer Fabrik im Faubourg du Temple auf, für zwanzigtausend haben wir Wechsel im Portefeuille, das sind zusammen hundertsechzigtausend Franken. Bleiben noch hundertvierzigtausend, für die ich Wechsel an die Order des Bankiers Karl Claparon geben werde; er übernimmt die Valuta dafür nach Abzug des Diskonts. Damit sind unsre hunderttausend Taler bezahlt: vor dem Termin braucht man nicht zu zahlen. Werden die Wechsel fällig, so können wir sie mit unsern Überschüssen einlösen. Und können wir das nicht, so wird Roguin mir Geld zu fünf Prozent leihen und es als Hypothek auf meinen Anteil an den Terrains eintragen lassen. Aber es wird gar nicht zu diesem Geldborgen kommen: ich habe eine Essenz gegen den Haarschwund erfunden, das Comagenöl! Livingston hat mir eine hydraulische Presse aufgestellt, mit der ich mein Öl aus Nüssen herstelle, denen unter solchem Druck all ihr Öl sofort ausgepreßt wird. Nach meinen Berechnungen werde ich wenigstens hunderttausend Franken daran verdienen. Ich brüte über einer Annonce, die mit den Worten beginnen soll: ›Weg mit den Perücken!‹ und die eine großartige Wirkung machen wird. Du hast von meinen schlaflosen Nächten gar nichts gemerkt! Schon seit drei Monaten raubt mir der Erfolg des Makassaröls den Schlaf. Aber ich will das Makassaröl schon tot machen!«
»Das sind also die feinen Projekte, mit denen du seit zwei Monaten dein Gehirn abarbeitest, ohne daß du mir etwas davon sagst. Eben habe ich mich als Bettlerin an meiner eigenen Tür erblickt, das war ein Wink des Himmels. In kurzer Zeit wird uns nichts weiter bleiben als die Augen, um sie uns aus dem Kopfe zu weinen. Solange ich lebe, wirst du die Sache nicht machen, verstehst du mich, Cäsar? Dahinter stecken gewisse Machenschaften, die du nicht merkst, du bist zu anständig und zu ehrlich, um bei andern Betrügereien zu vermuten. Weshalb bieten sie dir Millionen an? Du beraubst dich aller deiner Ersparnisse, du engagierst dich über deine Mittel hinaus, und wenn nun die Wertsteigerung der Terrains nicht eintritt, womit willst du dann deine Wechsel bezahlen? Etwa mit den Schalen deiner Nüsse? Um in die feine Gesellschaft zu kommen, soll dein Name nicht mehr in der Firma erscheinen und das Schild der Rosenkönigin verschwinden, dafür aber willst du marktschreierische Annoncen und Prospekte loslassen, die den Namen Cäsar Birotteau an allen Ecken und auf allen Brettern, überall wo gebaut wird, anzeigen werden.«
»Oh, da bist du im Irrtum. Ich errichte eine Filiale unter der Firma Popinot, in irgendeinem Hause in der Nähe der Rue des Lombards, wo ich den kleinen Anselm hineinsetze. Damit werde ich zugleich die Schuld der Dankbarkeit gegen Herrn und Frau Ragon abtragen, wenn ich ihren Neffen etabliere, der so sein Glück machen kann. Die armen Ragons scheinen mir seit einiger Zeit sehr bedrückt auszusehen.«
»Aha, deshalb wollen diese Leute dein Geld haben.«
»Aber welche Leute denn, mein Kind? Etwa dein Onkel Pillerault, der uns lieb hat wie sein eignes Fleisch, und alle Sonntage bei uns ißt? Oder der gute alte Ragon, unser Vorgänger, der vierzig Jahre ehrenhaften Lebens hinter sich hat und mit dem wir unsern Boston spielen? Oder schließlich Roguin, ein Pariser Notar, ein Mann von siebenundfünfzig Jahren, der sein Notariat seit fünfundzwanzig Jahren verwaltet? Ein Pariser Notar, das wäre der Gipfel, wenn nicht alle ehrenhaften Leute den gleichen Wert hätten. Also, wenn Not am Mann wäre, würden mir meine Sozien schon beispringen! Wo ist denn nun also das Komplott, mein Liebchen? Aber ich muß dir einmal meine Meinung sagen! So wahr ich ein anständiger Mensch bin, das liegt mir auf dem Herzen. – Immer bist du mißtrauisch wie eine Katze gewesen! Sobald wir nur für zwei Sous Eigentum in unserm Laden hatten, hast du die Kunden für Spitzbuben gehalten. – Kniefällig muß man dich bitten, daß du gestattest, dich reich zu machen! Für ein Pariser Kind hast du wirklich recht wenig Ehrgeiz! Wenn du nicht ewig klagtest, könnte es keinen glücklicheren Menschen geben als mich! – Wenn ich auf dich gehört hätte, niemals hätt’ ich die Sultaninnen-Paste und das Eau Carminative gemacht. Unser Ladengeschäft hat uns wohl ernährt, aber diese beiden Erfindungen und unsre Seifen haben uns hundertsechzigtausend Franken eingebracht, die wir klar und nett besitzen! – Ohne meine Erfindungsgabe – und ich habe Talent für die Parfümerie – wären wir kleine Detailhändler geblieben, wir würden uns plagen müssen, um unser Auskommen zu haben, ich würde nicht zu den angesehenen Kaufleuten gehören, die für die Wahl zum Handelsrichter in Frage kommen, ich würde weder Richter noch Beigeordneter geworden sein! Weißt du, was ich wäre? Ein Krämer, wie der alte Ragon einer war, womit ich ihn nicht beleidigen will, denn ich achte das Ladengeschäft, unser Hauptvermögen rührt ja daher! – Aber nach vierzig Jahren Handel mit Parfüms würden wir wie er dreitausend Franken Rente haben; und bei dem, was heute alles kostet, wo sich die Preise verdoppelt haben, würden wir, wie sie, kaum zu leben haben. (Täglich mache ich mir um das alte Ehepaar immer mehr Sorgen. Ich muß da endlich mal klar sehen, und ich werde das entscheidende Wort morgen von Popinot hören!) – Wäre ich deinem Rate gefolgt, dir, die du immer in Sorgen bist und dich immer fragst, ob du das, was du heute in der Hand hast, morgen noch haben wirst, so würde ich keinen Kredit, würde nicht das Kreuz der Ehrenlegion und nicht die Aussicht haben, eine politische Persönlichkeit