Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman


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Tag fängt immer früh an.«

      »Bist du wegen Constances Mutter hier?« fragte Tim gepreßt.

      »Nein, ein Patient von mir muß operiert werden. Ich komme eben von ihm. Ist etwas mit Frau Clement?«

      »Ich weiß nicht, was ist. Du könntest es mir sagen«, bat Tim.

      »Komm mittags zu uns«, erwiderte Daniel. »Ich habe jetzt keine Zeit. Ich werde mich erkundigen.«

      Ein kurzer forschender Blick noch, dann eilte er davon. Constance war von Dr. Jenny Behnisch empfangen worden. »Ihre Mutter verlangt wirklich dauernd nach Ihnen, deshalb habe ich so früh angerufen. Aber ich glaube, sie wird nun bald wieder schlafen.«

      Anita Clement murmelte etwas vor sich hin, als Constance vor ihr Bett trat.

      »Ich bin da, liebe Mama«, sagte sie leise.

      »So weit weg, du bist so weit weg«, murmelte die Kranke. »Der Schnee, wie ich ihn hasse.«

      »Es ist doch Frühling, Mama«, sagte Constance.

      »Ich habe es rufen hören, Conny. Mami, Mami, immer wieder Mami, und dann habe ich dich gefunden. Aber Heinz war tot, er lag unter diesen Schneemassen. Ich habe nie davon gesprochen. Es war so schrecklich.«

      »Du darfst dich nicht aufregen, Mama«, sagte Constance verwirrt.

      »Und wenn ich sterbe und du es nicht weißt! Ich muß es dir doch sagen. Es hätte alles anders kommen können, vor allem für dich, mein Kind. Aber wie glücklich war ich, dich, wenigstens dich zu haben. Der Herr möge mir verzeihen. Ich wollte, daß du nichts entbehren mußt, mein Kind.«

      »Ich habe ja nichts entbehrt, Mama. Bitte, sei ganz ruhig. Du wirst gesund werden.«

      »Nein, Conny, ich weiß es. Ich habe dich geliebt, wie man ein Kind nur lieben kann. Du mußt es mir glauben.«

      »Ich liebe dich doch auch, Mama«, flüsterte Constance.

      »Ich muß es sagen, ich muß…«, aber da sank Anita Clement wieder in tiefe Bewußtlosigkeit zurück.

      Jenny Behnisch ging zu Constance und griff nach ihrem Arm. »Kommen Sie, Fräulein Clement«, sagte sie behutsam, »Sie dürfen dem, was Ihre Mutter sagt, nicht allzuviel Bedeutung beimessen. Es kommen Erinnerungen, aber sie ist eine schwerkranke Frau. Das darf ich Ihnen nicht verheimlichen.«

      Constance starrte die Ärztin blicklos an. »Muß sie sterben?« fragte sie tonlos.

      »Ich fürchte, daß wir ihr nicht helfen können«, erwiderte Jenny Behnisch ausweichend.

      »Arme Mama, aber vielleicht ist es besser, wenn sie nicht mehr so sehr leiden muß«, sagte Constance leise.

      Jenny nickte. »Das ist alles, was man diesen Kranken noch wünschen kann«, sagte sie.

      »Wenn Mama wieder nach mir fragt, würden Sie dann bitte im Geschäft anrufen?« bat Constance.

      »Ja, selbstverständlich.«

      *

      Tim war nicht damit einverstanden, daß sie ins Geschäft gehen wollte, aber sie ließ es sich nicht ausreden.

      »Ich mache keine Mittagspause und bitte Herrn Korff dann, daß ich gegen zwei Uhr gehen kann«, erklärte sie. »Es hat sich manches geändert, Tim, aber ich habe meine Grundsätze. Mein Chef war immer sehr entgegenkommend, ich kann ihn nicht einfach sitzenlassen.«

      »Was sagen die Ärzte?« fragte er beklommen.

      »Es sieht nicht gut aus. Ich wußte nicht, daß es aussichtslos sein könnte.«

      »Ich werde mit Dr. Norden sprechen, mein Liebes. Wann kann ich dich abholen?«

      Sie versuchte ein Lächeln. »Vergiß dein Studium nicht, Tim«, mahnte sie.

      »Ich hole schnell alles nach. Jetzt mußt du mir schon erlauben, daß ich mich um dich kümmere.«

      »Dann also um zwei Uhr.«

      Tim fuhr in die Stadt und machte einige Besorgungen. Vor allem wollte er Constance eine Freude machen. Es bedrückte ihn sehr, daß gleich ein Schatten auf ihre junge Liebe fiel, aber daß es Liebe war, daran gab es nichts zu rütteln.

      Dann aber fiel ihm ein, daß er Clarissa anrufen mußte, denn sicher hatte sie gestern abend vergeblich versucht, ihn zu erreichen.

      So war es auch, und Clarissa hatte sich schon Gedanken gemacht. Tim konnte ihr erleichtertes Aufatmen deutlich hören.

      Jetzt wollte er ihr auch nicht mehr verheimlichen, daß er Constance kennengelernt hatte. Clarissa war so überrascht, daß sie den Atem anhielt.

      »Bist du noch da, Mummy?« fragte Tim.

      »Ja, freilich. Ist sie nett, Tim?«

      »Ich muß dir das alles mal genau erzählen. Ich muß mich jetzt um sie kümmern, ihre Mutter ist nämlich schwerkrank. Sie wird dir bestimmt gefallen, Mummy. Sie hat solche Augen wie du, und überhaupt… aber du wirst sie ja kennenlernen. Geht es dir gut?«

      »Ja, Tim, hier ist es schön wie immer.«

      Nun hat er sich doch verliebt, dachte Clarissa. So schnell kann es gehen. Constance, auch ein Name, der mit C beginnt. Sie schloß die Augen.

      Wenn er nur glücklich wird, ging es ihr durch den Sinn. Es wird doch hoffentlich nicht darum gehen, daß sie ähnliche Augen hat wie ich.

      Was ihr so alles durch den Kopf ging! Eine leise Wehmut kam auf, daß nun eine junge Frau den ersten Platz in Tims Herz einnehmen würde. Kam da nicht tatsächlich eine leise Eifersucht auf? Sie schalt sich solcher Gedanken. Sie sollte sich doch nur freuen, daß Tim die Liebe entdeckte. Aber das konnte sie wohl erst, wenn sie das Mädchen kennenlernte.

      Ich bin ganz schön egoistisch, sagte sie zu sich selbst. Meine beiden Männer – als würden sie nur mir allein gehören. Aber gerade dieses Gefühl hatte ihr ja geholfen zu überwinden, was einmal geschehen war.

      Und wenn sie auch nur einen Gedanken an die Vergangenheit verschwendete, überfiel sie lähmende Angst.

      Tim hatte keine Ahnung, welche Gedanken Clarissa jetzt quälten. Seine Sorge galt Constance.

      Punkt zwölf Uhr war er bei den Nordens. Daniel war noch nicht zu Hause. »Du wirst doch mit uns essen, Tim«, sagte Fee.

      »Sehr lieb gemeint, Fee, aber ich habe keinen Hunger. Ich muß dann auch dafür sorgen, daß Constance etwas ißt.«

      Er sagte dies mit solcher Selbstverständlichkeit, daß Fee nun doch überrascht war.

      »Das kam aber ziemlich plötzlich«, meinte sie. »Oder kennst du sie schon länger?«

      »Ein paar Tage oder ewig, was spielt das für eine Rolle«, erwiderte er geistesabwesend. »Weiß Daniel schon, an welcher Krankheit Frau Clement leidet?«

      »Er hat eine Vermutung«, erwiderte Fee ausweichend. »Er wird selbst mit dir darüber sprechen.«

      Und das tat Daniel dann auch mit aller Vorsicht. Tim hörte aufmerksam zu. Sein Gesicht veränderte sich immer mehr.

      Dann sah er Daniel mit brennenden Augen an. »Willst du mir einreden, ich solle mich von Constance trennen?« fragte er fast aggressiv. »Das kommt überhaupt nicht in Frage. Und ihr wird man davon nichts sagen, das mache ich zur Bedingung. Gut, ich bin dafür, daß sie gründlich untersucht wird. Man kann ihr sagen, daß möglicherweise ein übertragbarer Virus diese Verschlechterung ausgelöst hat bei ihrer Mutter.«

      »Du denkst sehr schnell«, stellte Daniel fest. »Ich will dir doch auch nichts einreden. Ich will nur das Beste für dieses Mädchen und auch für dich, Tim. Nun, Constance hat eine ganz andere Blutgruppe als ihre Mutter. Das ist sehr ungewöhnlich und könnte von Vorteil für sie sein. Aber man muß an kommende Generationen denken, wenn eine Erbkrankheit vorliegt.«

      »Dann schaffen wir uns eben keine Kinder an«, sagte