Treubegiergen Treue geben,
Den Ehrbegiergen Ehre.
Ihr frühes Sterben währe
Und leb uns Lebenden immer neu;
Denn wo man liest von ihrer Treu
Und ihrer reinen Stätigkeit,
Ihrem Herzensglück, ihrem Herzeleid,
Das ist der edeln Herzen Brot
Hiermit so lebt der Beiden Tod.
Man liest ihr Leben, ihren Tod
Und ist uns das so süß wie Brot.
Ihr Tod, ihr Leben ist uns Brot,
So lebt ihr Leben, lebt ihr Tod.
Sie leben noch, sind sie auch todt,
Und ist ihr Tod uns Lebensbrot.
Und wer nun will, daß man ihm sage
Ihr Leben, Sterben, Glück und Klage,
Der biete Herz und Ohren her,
So wird erfüllt all sein Begehr.
II. Riwalin und Blanscheflur.
Ein Herr, der in Parmenien saß,
Ein Kind an Jahren, wie ich las,
Der war, wie uns der Sage Mund
Giebt von seinem Leben kund,
Köngen gleich wohl an Geschlecht,
An Landen Fürsten wohl gerecht,
An Leibesschönheit ohne Gleich,
Getreu und kühn und mild und reich.
Wem er Freude sollte tragen,
Dem war er in seinen Tagen
Eine freudereiche Sonne.
Er war der Welt Wonne,
Der Schildesamtes Lehre,
Der Nahverwandten Ehre,
Seines Landes Zuversicht.
Ihm gebrach an aller Tugend nicht,
Die Herren haben sollen,
Hätt er nicht immer wollen
In seines Herzens Lusten schweben
Und nur nach Seinem Willen leben,
Was endlich auch sein Schade war;
Denn es ist und bleibt doch wahr,
Aufblühnde Jugend, reiches Gut,
Die zwei sind voller Übermuth.
Vertragen, was doch Mancher kann,
Der mehr besitzt als Er gewann,
Daran gedacht er selten:
Übel mit Übel gelten,
Kraft der Kraft entgegensetzen,
Daran hatt er sein Ergetzen.
Nun thut es nie die Länge gut,
So Einer Alles, was man thut,
Vergilt mit Kaiser Karls Gewicht.
Weiß Gott, es ist dem Manne Pflicht,
Andern Manches nachzusehn,
Soll ihm nicht Schaden oft geschehn.
Wer Schaden nicht vertragen kann,
Dem reiht sich Schad an Schaden an,
Es ist ein unheilvoller Brauch;
Fängt man doch so den Bären auch:
Der rächt den einzelnen Schaden,
Bis er mit Schaden wird beladen.
Das wars, warum es ihm misslang,
Denn er rächte sich so lang
Bis er dabei zu Schaden kam.
Daß er solchen Schaden nahm,
Geschah ihm keiner Bosheit wegen
Wie Andre sich zu schaden pflegen:
Der Schade kam ihm im Geleit
Seiner Unerfahrenheit,
Daß er in blühnder Jugend
Mit junger Herren Tugend
Verscherzte seines Glückes Huld;
Sein kindscher Leichtsinn trug die Schuld,
Der seine üppgen Ranken
Ihm trieb in den Gedanken.
Er war wie alle Kinder sind,
Denn für die Folgen sind sie blind.
Ihm stiegen Sorgen nie zu Sinn,
Er lebt' und lebte nur so hin:
Da seines Lebens Quelle sprang,
Sich wie der Morgenstern erschwang
Und lachend auf die Erde sah,
Da wähnt' er, was doch nicht geschah,
Daß er so immer sollte leben
Und in des Lebens Süße schweben.
Nein, seines Lebens Anbeginn
Schwand nach kurzem Leben hin;
Die junge Morgensonne
Seiner Weltwonne,
Da die zu leuchten kaum begann,
Da brach sein jäher Abend an,
Der erst ihm war verborgen,
Und löscht' ihm seinen Morgen.
Wie er benannt gewesen
Giebt uns das Buch zu lesen:
Die Sage sagt uns über ihn,
Mit Namen hieß er Riwalin,
Daneben noch Kanelengres.
Viele melden uns indess,
Daß er von Lohneis wär gewesen
Und zum König erlesen
Über Lohneis das Land.
Doch macht uns Thomas ja bekannt,
Der es in den Mären las,
Daß er zu Parmenie saß
Und zu Lehen trug sein Land
Von eines Britenfürsten Hand,
Dem er zu Dienst war unterthan:
Derselbe hieß li duc Morgan.
Da nun der edle Riwalin,
Seit Rittersstand ihm war verliehn,
Drei Jahr in Ehren zugebracht,
Und sich zu eigen längst gemacht
Alle Kunst der Ritterschaft,
Zu Kriegen volle Macht und Kraft –
Er hatte Leute, Land und Gut –
Ob ihn da Noth, ob Übermuth
Dazu vermochte, weiß ich nicht;
Doch griff er, wie die Sage spricht,
Morgan, seinen Lehnsherrn, an
Als einen schuldigen Mann.
Er kam geritten in sein Land
Mit so kraftvoller Hand,
Daß bald viel Burgen waren
Gefällt von seinen Scharen.
Die