Perry Rhodan

Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2)


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seinen Füßen schwankte.

      Der Dovoin schnaubte erneut. Die Tiere waren angeschirrt. Endlich ging es weiter.

      Es wurde auch Zeit. Der Weg nach Bossonu war lang.

      *

      Die Sonne ging unter, ohne dass sie Bossonu erreicht hatten. Der morastigen Straße durch die Hügellandschaft der Morgennebel waren weitere schwierig befahrbare Wege gefolgt.

      Shukkner hatte das Gefühl, dass Klurn bei jedem Anschirren und Vorspannen der Blyuden trödelte. Manchmal glaubte er, sein Sklave hätte nicht alle beisammen, als flüsterte ihm jemand Unsichtbares ins Ohr. In solchen Momenten wurden seine Bewegungen träger als ohnehin schon, die Handgriffe fahrig, die Blicke gingen ins Leere.

      Dabei war Klurn beileibe kein Greis oder senil. Daher konnte sein seltsames Gebaren nicht am Alter liegen. Eine frühere Krankheit mochte hingegen ihre Spuren hinterlassen haben. Vielleicht blieb er aus diesem Grund bei ihm, statt sich der gewonnenen Freiheit zu erfreuen und die Sklaverei hinter sich zu lassen.

      Bei Shukkner und seinem schweren Dampfgefährt war er in gewohnter Umgebung. Klurn wohnte in der winzigen Schlafkammer, wohin sie auch reisten, blieb bei den Blyuden, der Räucherkammer und dem Laderaum mit den Enthauptungsmaschinen.

      Andererseits machte der Sklave sich in jeder neuen Stadt, die sie erreichten, allein auf den Weg. Wusste der Gruzz, was er in diesen Zeiten trieb; es interessierte Shukkner nicht.

      Der Dovoin sah in den Himmel, der sich rot färbte, während Klurn, langsam wie eh und je, die Blyuden von dem Geschirr befreite. Die Straße vor ihnen war ordentlich befestigt. Das Schweröl glühte heiß, der Dampfkessel bollerte, die Kolben waren bereit, die Räder anzutreiben.

      Shukkner hoffte, dass die Zug- und Lastentiere nicht zu erschöpft waren, und die Fahrt dadurch gebremst wurde, dass sie Rücksicht auf ihr Tempo nehmen mussten. Doch üblicherweise hielten sie mit Leichtigkeit Schritt, sofern sie keine zusätzlichen Lasten trugen.

      »Klurn, wann bist du endlich fertig?«, rief Shukkner aus der Fahrerkabine. Er stopfte sich eine frische Portion Halmkraut in den Nährmund. Es vertrieb die Müdigkeit und schärfte seine Aufmerksamkeit. »Die Stadttore Bossonus schließen, sobald die Sterne am Himmel stehen!«

      »Tue mein Bestes, Herr«, kam die schläfrige Antwort.

      Wusste der Gruzz, warum Shukkner ihn nicht längst in die Schlammwüste von Guryaz getrieben hatte!

      Aber manchmal hatte Klurn gute Ideen, die ihn besänftigten. Auch in diesem Moment beruhigte Shukkner sich, indem er an die klingenden Münzen dachte, die der Sklave erst kurz vor ihren Aufbruch nach Bossonu durch den Handel mit einem Splitterjäger in seine Kasse gespült hatte. Er musste ihm einen Hinweis auf einen aussichtsreichen Himmelssplitter gegeben haben, den sie auf ihren Reisen entdeckt hatten.

      Die Blyuden trotteten auf ihren sechs Beinen zur Rückseite des Anhängers. Mit einem Scheppern schloss die Seitentür, durch die Klurn in seine Schlafkammer gestiegen war.

      Endlich ging es weiter!

      Shukkner gab Dampf, der Wagen rollte los und nahm Geschwindigkeit auf. Zu dieser Tageszeit waren nur wenige Gefährte auf der ansonsten staugeplagten Straße unterwegs.

      4.

      Pen Assid

      9. November 2046 NGZ

      Im vorderen Bereich der Zentrale schwebte Pen Assid neben Icho Tolot aus dem Antigravschacht zum GALERIE-Level. Sie stiegen aus und wandten sich nach links, um den Konferenzraum zu betreten.

      »Tolot!« Vom auskragenden Balkon, auf dem der dreisitzige Stationsverbund der Expeditionsleitung lag, kam ein Epsaler zu ihnen herüber. »Da seid ihr ja endlich! Shaupaard ist längst drinnen!«

      »Onker Dou. Es tut mir leid, dass wir uns um eine Minute und 23,64 Sekunden verspätet haben. Pen hatte noch etwas mit Jalland Betazou zu besprechen, bevor wir aufbrechen konnten.«

      »Dein Planhirn scheint ein vorzüglicher Zeitmesser zu sein.« Dou hob die für sein Volk typischen extrem breiten Schultern.

      Tolot verzog die schmalen Lippen zu einem Lächeln. Zufrieden beobachtete Pen, wie Dou zusammenzuckte. Das Gebiss des Haluters flößte selbst hartgesottenen Typen Respekt ein. Auch dem stellvertretenden Leiter der Inneren Sicherheit, den Pen nicht sonderlich leiden konnte. In neun von zehn Begegnungen schien er auf Streit aus zu sein.

      Gegenüber dem kommissarischen Expeditionsleiter hielt er sich jedoch zurück. Niemand legte sich freiwillig mit einem Wesen an, das dreieinhalb Meter hoch war und seine Körperstruktur zu einer Festigkeit von Terkonitstahl verhärten konnte.

      Tolot und Pen betraten den Konferenzraum und setzten sich in die freien Sessel. Für Tolot war ein Spezialsitz an den ovalen Tisch gestellt worden. Auf den übrigen Sitzen warteten Klavs Herm Luetyens, Dous Vorgesetzter, die Cairaner Wavalo Galparudse und Bru Shaupaard sowie für den Bordrat Col Tschubai.

      »Ich hoffe, dass ihr nun endlich euer Versprechen einlösen werdet!«, sagte Bru Shaupaard anstelle einer Begrüßung.

      Pen ärgerte sich über ihn, obwohl sie sich vorgenommen hatte, ruhig zu bleiben. Es war erst einen Tag her, dass Perry Rhodan in die Zerozone aufgebrochen war, um einer Spur von Terra und Luna zu folgen. Doch der Cairaner tat so, als hielten sie ihn seit Wochen hin.

      Cascard Holonder, der am Kopfende des Tisches saß, überging die Provokation. »Da wir nun vollzählig sind, können wir beginnen«, sagte der Ertruser. »ANANSI?«

      Wie aus dem Nichts erschien das Holobild einer jungen Frau mit blassblauer, durchscheinend wirkender Haut. Mit großen neugierigen Augen, deren Blick trotzdem reif und erfahren wirkte, sah der Avatar der Semitronik in die Runde.

      »Wie geht es euch?«, fragte ANANSI. Natürlich konnte sie das Wohlbefinden der Besatzung dank der internen Sensorik der RAS TSCHUBAI jederzeit ermitteln.

      Die Teilnehmer der Besprechung antworteten knapp auf die Floskel. Col Tschubai, ein schlaksiger Mann mit tiefschwarzer Haut und hellblauen Augen, räusperte sich. Er war ein entfernter Nachfahre des Namensgebers des Raumschiffs.

      »Du hast es bereits angesprochen, Bru Shaupaard, es geht um unsere Pflicht des Handels, nachdem ihr eure erfüllt habt.«

      Shaupaard und Wavalo Galparudse hatten als Index-Bewahrer Zugang zu jenem Verzeichnis, in dem alle Relikte von Superintelligenzen aufgelistet waren, die die Vecuia im Auftrag der VECU entsorgt hatte. Dank dieser Fähigkeit hatten sie Rhodan den Weg in die Zerozone gewiesen.

      »Wir haben darüber beratschlagt und einen Beschluss gefasst. Euer Opfer ist nicht vergessen und darf nicht umsonst gewesen sein«, sagte Holonder etwas hölzern.

      Nur fünf Index-Bewahrer gemeinsam konnten auf den Index zuzugreifen. Drei von ihnen waren im Laufe ihrer Mission gestorben. Im Gegensatz zu Shaupaard hatte das bei Galparudse Spuren hinterlassen. Seine goldfarbene Haut mit den unregelmäßigen Flecken war matt und schien an Farbe verloren zu haben. Der weltmännische Cairaner war schweigsam geworden.

      »Wie wirst du mit dem Verlust fertig?«, hatte Pen ihn in einem Vieraugengespräch gefragt.

      Galparudse hatte die Finger der Innenhand bewegt, als ließe er sie über die Klaviatur eines Flügels gleiten. »Gar nicht. Sie waren wie Brüder, Artverwandte. Bru Shaupaard ist anders, daher bin ich ... einsam. Was mich am Leben hält, ist der Wunsch, die Aufgabe der Index-Bewahrer zu erfüllen. Doch ich befürchte, dass mich Bru nicht dafür braucht.«

      Pen suchte Blickkontakt zu Galparudse, der ihr in dieser Besprechung gegenübersaß. Der Cairaner wich ihr aus. Er betrachtete die Finger seiner Außenhand, als ließen sich dort Antworten auf alle Fragen des Universums finden.

      »Dass wir unsere Schuld bezahlen, ist selbstverständlich«, sagte Holonder. »Wir helfen euch, die VECU zu befreien.«

      Pen wusste, dass das nicht uneigennützig war, sondern im Sinne der Milchstraßen-Zivilisationen. Gelänge die Befreiung, gäbe es für die Galaxis Ancaisin