Dietrich Schulze-Marmeling

Davidstern und Lederball


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duldsamen Individualismus, der Maskenfreiheit.«7

      Von München nach Berlin und in die »Neue Welt«

      Landauer, die Erste

      Das Mitwirken von jüdischen Bürgern fand mit der Emigration der Pioniere Pollack und Manning kein Ende. 1913 wählte der FC Bayern Kurt Landauer (28.7.1884-21.12.1961) zu seinem Präsidenten. Kurt Landauer, der in den folgenden 20 Jahren die Geschichte des FC Bayern wie kein anderer prägen sollte, wurde in Planegg als Sohn der jüdischen Kaufmannsleute Otto und Hulda Landauer geboren. Kommerzienrat Otto Landauer verfügte über Eigentum in Münchens Kaufingerstraße, wo es eine Reihe jüdischer Kaufleute und Hauseigentümer gab. Als Schüler besuchte Landauer sechs Klassen des Humanistischen Gymnasiums in München und nahm anschließend – im Juni 1901 – eine Banklehre in Lausanne auf. Im gleichen Jahr war Landauer den Bayern beigetreten, denen er zunächst als aktiver Fußballer, später als Mitarbeiter der Klub-Administration wirkte. Nach Beendigung seiner Lehrzeit als Bankangestellter in Florenz kehrte Landauer im Frühjahr 1905 nach München zurück und trat ins elterliche Geschäft in der Kaufingerstraße ein.

      Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs setzte der ersten Amtszeit des Präsidenten Landauer ein frühes Ende. Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg übernahm Landauer erneut die Führung des Klubs. Seine zweite Amtszeit währte vom Frühjahr 1919 bis März 1933, mit einer einjährigen Unterbrechung. 1922 verzichtete Landauer vorübergehend auf das Amt, nachdem die Landauer-Brüder das Eigentum in der Kaufingerstraße geerbt hatten, das sie in den folgenden Monaten stark beschäftigen sollte.

      Unter dem ideenreichen und energischen Landauer erwarb der FC Bayern in den 1920ern und frühen 1930ern hohes Ansehen im In- und Ausland. Hierzu trugen auch die zahlreichen internationalen Begegnungen bei, die der FC Bayern in diesen Jahren bestritt und in denen sich der weltoffene, moderne und ambitionierte Charakter des Klubs manifestierte. Gastspiele ausländischer Mannschaften dienten sowohl der Völkerverständigung wie der qualitativen Verbesserung des Bayern-Fußballs. Denn vom Ausland konnte der deutsche Fußball damals noch eine Menge lernen. Kaum ein anderer deutscher Verein dürfte in den Weimarer Jahren so viele internationale Gäste empfangen haben wie der FC Bayern.

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      Kurt Landauer

      Als Vermittler internationaler Begegnungen diente wiederholt der bereits erwähnte ehemalige MTV-Fußballer Walther Bensemann, der wie kein anderer im deutschen Fußball über internationale Kontakte verfügte. Der FC Bayern verfügte über sämtliche Ingredienzen eines »Bensemann-Klubs«: Der FC Bayern war zutiefst bürgerlich, hatte viele gebildete Leute in seinen Reihen, besaß eine offene Flanke gegenüber der Boheme-Kultur, war politisch liberal, hieß auch jüdische Bürger herzlich willkommen und liebte die internationale Begegnung.

      Der FC Bayern empfing in diesen Jahren zahlreiche klangvolle Namen. Die internationalen Spiele mobilisierten ein großes öffentliches Interesse und gerieten zu Fußballfesten. Mit MTK Budapest, Blauw-Wit Amsterdam, DFC Prag und Racing Club Paris gastierten auch Klubs in München, bei denen Juden relativ stark vertreten waren und die wie der FC Bayern als »Juden-Clubs« firmierten.