Tessa Hofreiter

Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman


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dort ankamen. In der Küche brannte schon Licht, und auf dem Tisch standen Kerzen, wegen der Gemütlichkeit, die besonders Traudel so sehr liebte.

      »Setzt euch zu uns«, forderte sie die beiden auf und versorgte sie auch gleich mit Kartoffelsalat, Leberkäse und süßen Senf.

      Nolan, der unter dem Tisch lag, schaute nur kurz auf, war aber offensichtlich zu müde für sein übliches Begrüßungsritual und zog es vor, weiter zu schlafen.

      »Oben auf der Ruine? Das ist echt abgefahren«, sagte Emilia, nachdem Ines und Marc von ihrer Idee erzählt hatten.

      »Ihr wart vorhin dort oben? Während des Gewitters?«, fragte Sebastian.

      »Ich habe einen Schlüssel für den Ballsaal. Wir konnten dort auf das Ende des Unwetters warten«, antwortete Ines.

      »Es war ein beeindruckendes Schauspiel.«

      »Ja, das glaube ich dir gern, Marc.« Sebastian lächelte in sich hinein, als der Freund Ines mit einem zärtlichen Blick anschaute.

      »Aber gleich am nächsten Wochenende? Wie sollen denn die Leute so schnell davon erfahren?«, fragte Traudel.

      »Ich schalte eine Anzeige in der Zeitung und lasse Flyer drucken. Wenn ich sie gleich am Montag in Auftrag gebe, kann ich sie Mittwoch haben«, sagte Ines.

      »Ich könnte sie dann am Donnerstag in der Schule verteilen«, schlug Emilia vor. »Opa nimmt sie mit in den Golfclub und Traudel legt sie in den Geschäften aus.«

      »Aber es ist schon recht kurzfristig«, gab auch Sebastian zu bedenken.

      »Wir haben doch schon bewiesen, dass wir in der Lage sind, etwas auf die Schnelle zu organisieren. Denk doch nur mal daran, als wir einen Spender gesucht haben, um Matthias’ Freundin zu helfen, ihre Leukämie zu besiegen.«

      Emilia pustete eine Strähne ihres kastanienfarbenen Haares aus der Stirn und sah ihren Vater mit großen Augen an.

      »Das war allerdings ein Meisterstück«, sagte Sebastian, als er daran dachte, wie viele Menschen sie mobilisiert hatten.

      »Matthias wird übrigens demnächst mit ihr auf Weltreise gehen«, erzählte Emilia.

      »Das heißt, die Bergmoosbacher Mädchenfußballmannschaft verliert ihren Trainer?«, fragte Marc.

      »Er hat uns versichert, dass er bereits jemanden gefunden hat, der seine Nachfolge antritt. Wer das sein wird, keine Ahnung«, sagte Emilia und zuckte die Achseln.

      »Als Mannschaftsarzt der Mädchen weißt du doch sicher mehr«, wandte sich Ines an Sebastian. Die Mädchenmannschaft war inzwischen das Aushängeschild des Bergmoosbacher Fußballvereins und wurde in jedem Werbeprospekt für die Reisebranche erwähnt.

      »Ehrlich gesagt, ich weiß auch nur, dass Matthias demnächst heiraten wird und er und seine Frau als Sportlehrer auf einem Kreuzfahrtschiff anheuern werden.«

      »Kind, doch nicht beim Essen«, seufzte Traudel, als Emilias Telefon läutete und sie es aus der Hosentasche zog.

      »Es ist aber wichtig. Hallo, Markus«, meldete sie sich. »Super, wann kannst du hier sein? Ja, bis gleich. Markus ist in einer halben Stunde hier, wir wollen zusammen fernsehen«, verkündete Emilia, nachdem sie das Gespräch beendet hatte.

      »Welchen Film?«, erkundigte sich Traudel.

      »Wir gucken doch keinen Film, wir sehen uns eine Gesangsshow an. Kann ich gehen? Ich muss noch schnell mein Zimmer aufräumen.«

      »Ab mit dir«, sagte Sebastian.

      »Danke, Papa.« Im Vorbeigehen küsste Emilia ihren Vater auf die Wange und eilte gefolgt von Nolan, der sofort unter dem Tisch hervorschoss, aus der Küche.

      »Ich könnte ab und zu hinaufgehen und Getränke oder etwas zu essen anbieten«, sagte Traudel.

      »Nein, bitte nicht, sie würde es als Spionageangriff deuten«, entgegnete Sebastian.

      »Aber wir können sie doch nicht den ganzen Abend allein lassen. Ich meine, die beiden sind schon eine ganze Weile zusammen, da muss man doch Befürchtungen haben.«

      »Wir müssen ihnen vertrauen, Traudel.«

      »Ich weiß nicht, zu meiner Zeit war das anders.«

      »Ich habe Carla auch oft abends besucht, und dann haben wir auch in ihrem Zimmer ferngesehen«, erzählte Benedikt von seinen ersten Treffen mit Sebastians Mutter.

      »Falls du dich erinnerst, wurde ich als die brave Cousine immer von ihren Eltern dazu gesetzt, und ihr habt mich dann vor die Tür geschickt, wenn ihr allein sein wolltet. Dort musste ich dann Wache halten. Das war nicht witzig«, erzählte Traudel und rollte genervt die Augen.

      »Aber das ist lange her und kein Grund mehr, noch sauer zu sein«, sagte Benedikt. Er umfasste Traudels Hand, zog sie an seine Lippen und küsste sie.

      »Ich bin nicht mehr sauer«, entgegnete sie und betrachtete Benedikt mit einem liebevollen Lächeln. »Wie wäre es nach dem Abendessen mit ein paar Runden Schafkopf?«, fragte sie.

      »Ich habe keine Ahnung, wie das geht«, sagte Marc.

      »Das bringen wir dir schon bei«, erklärte Traudel. »Wir könnten Anna anrufen, sie spielt sicher gern mit.«

      »Anna ist zu einer Freundin nach Lübeck gefahren«, erzählte Sebastian.

      »Sie ist in letzter Zeit oft unterwegs«, stellte Benedikt nachdenklich fest.

      »Sie hat eben einen großen Freundeskreis.« Sebastian wich dem Blick seines Vaters aus. Er wusste selbst, dass er sich mehr um Anna bemühen sollte, er fühlte sich doch zu ihr hingezogen, mehr als zu jeder anderen Frau, die er kannte. Aber er war einfach noch nicht bereit für eine neue Beziehung, und ihm war bewusst, dass Anna vielleicht irgendwann nicht mehr auf ihn warten wollte.

      Eine Viertelstunde später war der Tisch abgeräumt, und Benedikt mischte die Karten. Als es an der Haustür läutete, ging Sebastian in die Diele, um zu öffnen. Er hatte Markus durch das Küchenfenster gesehen und wollte vermeiden, dass Traudel ihm noch ein paar Anstandsregeln mit auf den Weg gab.

      »Guten Abend, Doktor Seefeld.«

      »Hallo, Markus, komm rein«, begrüßte Sebastian den großen blonden Jungen, der ihn ganz offen anschaute. »Emilia ist in ihrem Zimmer.«

      »Danke, guten Abend, Traudel«, begrüßte Markus die gute Seele der Seefelds, die auf dem Weg in die Vorratskammer war, um ein paar Knabbereien für ihre Gäste zu holen. »Ich wollte nur sagen, du bist uns jederzeit willkommen, wenn du auch mal gucken willst, was es so Neues auf dem Musikmarkt gibt.«

      »Das ist lieb von dir, mein Junge, aber wir spielen jetzt Karten. Ich könnte euch später ein bissel was zum Knabbern heraufbringen.«

      »Das wäre total nett, danke, Traudel«, antwortete Markus, schlüpfte aus seinen Schuhen und lief die Treppe hinauf.

      »Ein guter Junge«, murmelte Traudel zufrieden.

      »Er verdient unser Vertrauen, nicht wahr?«

      »Freilich, nichts anderes habe ich gesagt«, antwortete sie lächelnd.

      Marc war mit vielen Kartenspielen vertraut, und so dauerte es nicht lange, bis er die Regeln des Schafkopfes verstanden hatte und schnell Gefallen an dem Spiel fand. Als er irgendwann Ines in den Arm nahm und sie auf den Mund küsste, nachdem sie ein Spiel gewonnen hatte, wussten auch Benedikt und Traudel, was Sebastian gleich bemerkt hatte.

      »Habe ich nicht gesagt, es passt«, raunte Traudel Benedikt zu und erinnerte ihn an das, was sie schon vor ein paar Tagen festgestellt hatte, als Ines und Marc sich das erste Mal begegneten.

      »Vielleicht solltest du ein Eheanbahnungsinstitut eröffnen«, antwortete Benedikt leise.

      »Ja, das sollte ich tun, und ich wüsste auch schon, an wem ich mich zuerst versuchen würde«, flüsterte sie, während sie Sebastian mit ihrem Blick streifte.

      »Geheimisse?«,