Die Instruktion der Kommandos in den einzelnen Kreisen erfolgt erst am Vorabend der Aktion. Die Bereitstellung von Fahrzeugen für die Auszuweisenden wird in Zusammenarbeit mit den örtlichen Parteistellen durchgeführt. Bei der Anweisung der örtlichen Parteistellen ist darauf hinzuweisen, daß die Auszusiedelnden als Feinde des Sowjetvolkes anzusehen sind und daher bewaffnete überfälle ihrerseits nicht ausgeschlossen erscheinen.
3. Aushändigung der Dokumente: Nach der allgemeinen Instruktion der Kommandos sind die Listen mit den Namen der Auszusiedelnden den Kommandos auszuhändigen. Die Personalakten der Auszusiedelnden sind vorher einzusehen, damit keine Verzögerungen entstehen. Der Kommandoleiter muß sich mit den Familienverhältnissen bekannt machen. Dabei wird die Zahl der Familienmitglieder festgestellt.
4. Durchführung der Aussiedlung: Auf den Dörfern und in den Gemeinden ist mit dem Vorsitzenden, dem Sekretär und den Mitgliedern der Dorfräte Verbindung aufzunehmen. Dabei ist der genaue Aufenthaltsort der auszusiedelnden Familien festzustellen. Das Vermögen der Auszusiedelnden ist mit einem örtlichen Vertreter der Partei festzustellen und zu beschlagnahmen. Die Aktion setzt im Morgengrauen ein. Beim Eindringen in das Haus sind alle anwesenden Personen in einem Zimmer zusammenzufassen, wobei besondere Vorsichtsmaßnahmen gegen mögliche Ausschreitungen zu treffen sind. Darauf sind die Anwesenden darauf hinzuweisen, daß sie ihre Waffen abliefern müssen. Ohne Rücksicht auf Erfolg oder Nichterfolg dieser Aufforderung ist das Haus auf Waffen zu durchsuchen. Ebenso ist über antisowjetische Literatur und über eventuelle Valutafunde ein Durchsuchungsakt aufzustellen. Über geflüchtete und kranke Personen sind besondere Akten anzulegen. Nach der Durchsuchung ist den Auszusiedelnden zu eröffnen, daß sie nach anderen Gebieten der Sowjetunion verschickt werden. Die Auszusiedelnden können bis 100 kg Gepäck mitnehmen. Alle Personen, die sich während oder kurz nach der Durchsuchung in das Haus der Auszusiedelnden begeben, sind sofort zu verhaften, wobei besonders festzustellen ist, ob es sich nicht um Flüchtlinge aus den Kreisen der früheren Polizei und ähnliche Leute handelt. Uninteressante Personen sind nach der Aktion wieder freizulassen. Jede Familie muß in spätestens 2 Stunden ausgesiedelt werden und ist sofort in jedem Falle bei Tage zur Sammelstelle an die Station in Marsch zu setzen.
5. Die Trennung der Familien vom Familienoberhaupt: Trotzdem ein großer Teil der Auszusiedelnden verhaftet und in besondere Lager verschickt wird und die Familien dagegen in abgelegenen Gebieten der Sowjetunion in besonderen Siedlungen zusammengefaßt werden, ist ihnen die Trennung nicht bekannt zu geben. Die Akten für das Familienoberhaupt und für die Familien werden getrennt geführt. Bis zur Station ist die Familie gemeinsam zu bringen, erst dort wird der Mann abgesondert. Während der Durchsuchung und beim Packen der Sachen ist darauf hinzuweisen, daß die Sachen der Männer wegen der durchzuführenden Desinfektion getrennt gepackt werden müssen.
zu 6.: Uninteressant. zu 7.: Die Zugordnung. Die Stationen und Haltepunkte müssen durch NKWD-Truppen abgesperrt werden. Die Türen der Waggons werden abgeschlossen.
Der Stellvertreter des Volkskommissariates für die Staatssicherheit der UdSSR/NKGB5/ Kommissar III. Ranges. gez.: Serow6
Anlage II: Bericht über das sowjetrussische Staatsgefängnis Dubno und über das Blutbad vom 24. und 25.6.19417:
Das Staatsgefängnis Dubno liegt am südöstlichen Stadteingang. Es steht auf dem Gelände einer ehemaligen Mühle. Als diese niederbrannte, benutzten die Polen die Reste der Grundmauern und legten den Grundstein zum drittgrößten Gefängnis Polens, das nach modernsten Gesichtspunkten errichtet werden sollte. Ende des Jahres 1936 begann der polnische Staat mit dem Bau. Noch bevor aber das Gefängnis fertig war und seiner Bestimmung übergeben werden konnte, fiel dieser Teil Polens an Sowjetrußland. Die Sowjets bauten das Gefängnis fertig, stellten an den vier Ecken der Umfassungsmauer je einen hölzernen Wachturm mit MP-Posten auf und benutzten das Gefängnis seit Dezember 1939 als Sammellager für diejenigen zu mehrjähriger Zwangsarbeit Verurteilten, die nach Sibirien deportiert werden sollten. In das Gefängnis wurden mit Ausnahme einiger weniger Ordnungsstrafenhäftlinge, die nur eine mehrmonatige Gefängnis-Ordnungsstrafe z. B. wegen Zuspätkommens zur Arbeit, nicht pünktlicher Steuerzahlung usw. zu verbüßen hatten, nur politische Häftlinge aufgenommen, während man kriminelle Häftlinge, die zur Deportation kommen sollten, im Gefängnis von Kremenez sammelte. Zu beiden Seiten des Gefängnisses hatten die Polen zwei Kapellen für die Häftlinge gebaut, die von den Russen in Klublokale für ihre sowjetischen Angestellten umgewandelt wurden. Die Umfassungsmauer des Gefängnisses ist durchweg etwa 4 1/2 m hoch; sämtliche Fenster, die verhältnismäßig groß sind, sind stark vergittert und haben Scheiben aus verschmiertem Glas, so daß es einem Häftling unmöglich ist, aus einem dieser Fenster hinauszusehen. Das Gefängnis besitzt ein Kellergeschoß, Erdgeschoß, ein 1. und ein 2. Obergeschoß; außerdem hat es – ein Novum für Dubno – eine eigene Wasserleitung. Der Fußboden ist durchweg parkettiert. Anfang 1941 wurde in Dubno bekannt, daß sich im Kellergeschoß einige Wasserzellen befinden, die vornehmlich zur Geständniserpressung verwandt wurden. In diesen Wasserzellen befindet sich ein Hocker. Normalerweise war der Wasserstand so, daß ein auf dem Hocker stehender Häftling noch bis zu den Fußknöcheln im Wasser stehen mußte. Darüber hinaus konnte je nach der Zweckbestimmung das Wasser in beliebiger Höhe gestaut werden. Nach durchaus glaubwürdigen Aussagen der letzten überlebenden Gefängnisinsassen betrug der Aufenthalt eines zu Vernehmenden in einer solchen Wasserzelle 5 bis 7 Tage. Entweder war der Häftling nach dieser Zeit zu jeder Aussage bereit oder aber er ertrank oder verfiel in schweres körperliches und geistiges Siechtum. Auch Frauen gegenüber wurde diese Wasserzellenmethode angewandt. Das Gefängnis stand unter der Aufsicht des NKWD. Direktor war der NKWD-Major Genosse Winokur; seine Privatsekretärin und bevollmächtigte Vertreterin war die Jüdin Bronstein. Auch Winokur ist Jude. Stellvertretender Gefängnisdirektor war der Genosse Viktor Czerewko, der örtliche Führer des NKWD von Dubno. Außerdem saß noch in der Gefängnisdirektion der Genosse Iwan Czelmokow, der nicht NKWD-Beamter, sondern politischer Führer in der kommunistischen Partei war. Als Bürovorsteherin der Gefängnisverwaltung fungierte die Genossin Rachil Goifler. Die hier genannten Personen hatten die volle Gewalt über das Gefängnis. Außer einigen Dunkel-Einzelzellen, die gerade so groß sind, daß ein mittelgroßer Häftling knapp darin liegen kann, besitzt das Gefängnis meist große Massenzellen, in denen zwischen 3 und 40 Häftlinge untergebracht wurden. Normalerweise waren in dem Gefängnis durchschnittlich etwa 1500 Gefangene, von denen bis zu 250 Frauen und etwa 50 Kinder im Alter zwischen 12 und 15 (Knaben und Mädchen) waren. Lediglich kurz vor der Einnahme Dubnos durch die deutschen Truppen waren nur etwa gegen 600 Gefangene vorhanden, da kurz zuvor drei große Transporte nach Sibirien abgegangen sind, ohne daß Nachschub-Häftlinge eingeliefert wurden. In gewissen Andrangszeiten sollen aber in diesem Gefängnis bis über 3000 Häftlinge eingepfercht gelegen haben. Der Transportweg nach Sibirien ging von hier über Kiew. Ob in Kiew nochmals ein längerer oder kürzerer Aufenthalt war, ließ sich hier nicht feststellen. Die Transporte gingen mit Regelmäßigkeit wöchentlich einmal am Montag-Dienstag ab. Im Laufe der letzten zwei Monate vor der Einnahme Dubnos waren nur 10 Juden in dem Gefängnis. Die Verpflegung und die sanitäre Betreuung der Häftlinge war trotz der vorhandenen Wasserleitung höchst unzureichend. Zum Frühstück gab es ausnahmslos täglich 1/2 Liter etwas gesüßten, schwarzen Malzkaffee und dazu für die bereits Abgeurteilten 700 Gramm Brot und für die noch nicht Abgeurteilten 600 Gramm Brot als Tagesration. Mittags gab es mit höchst seltenen Abweichungen eine dünne Hirsesuppe; die gleiche Suppe gab es zum Abendbrot. Wenn es einmal keine Hirsesuppe gab, wurden den Gefangenen stinkender Fisch oder sonstige ungenießbare Küchenabfälle gereicht. Den Häftlingen blieb daher nichts weiter übrig, als von der Morgenration zu leben. Eine einheitliche Gefangenenkleidung gab es nicht. Nur die bereits zu einem Sibirien-Transport Zusammengestellten erhielten als Kennzeichen eine Armbinde mit einer Nummer. In jeder Zelle befand sich ein Kübel, in den die Notdurft verrichtet werden mußte; außerdem wurden die Häftlinge jeden Tag einmal auf die Aborte geführt. Pritschen oder Strohsäcke gab es nicht. Die Gefangenen mußten auf dem blanken Fußboden in ihre Decken gewickelt schlafen. In der Frauenabteilung waren die sanitären Betreuungen noch dürftiger, zumal den Frauen während der Menstruation nichts, keine Watte, kein Lappen oder Papier gegeben wurde. Auch schwangere Frauen wurden genau wie die übrigen Gefangenen inhaftiert. Sie bekamen das gleiche Essen, mußten ebenfalls auf dem Fußboden schlafen und wurden auch nur täglich einmal 7 bis 10 Minuten zum