eine Hebamme untersucht wurden. Schon 14 Tage nach der Entbindung wurden die Mütter mit ihren Säuglingen zusammen wieder in die alten Zellen gesperrt. Ohne Rücksicht auf eine bereits erfolgte Entwöhnung des Säuglings (die Säuglinge erhielten durch das Gefängnis keinerlei Nahrung und waren ausschließlich auf die Muttermilch angewiesen) wurden dann die Mütter, wenn der Transport fällig war, nach Sibirien geschickt, während man die Kinder in einem Sowjetheim unterbrachte.
Nach den übereinstimmenden Aussagen von drei von dem Unterzeichneten vernommenen Überlebenden des Blutbades vom 24. und 25.6.1941 sind etwa 550 Häftlinge, darunter etwa 100 Frauen, umgebracht worden. Bei Aufnahme der Ermittlungen durch den Unterzeichneten waren nur noch 4 Überlebende, die zur Zeit in verschiedenen Dubnoer Lazaretten liegen, anzutreffen, während 4 weitere Überlebende bereits aus den Krankenhäusern entlassen waren. Zur Schilderung der Ereignisse vorn 24. und 25. 6. sei ein Bericht über die Vernehmung des überlebenden Total Tschirwa, Pastor der ukrainisch-evangelischen Kirche in Kustyn, 4.12.05 in Kustyn bei Rowno geboren, und ein Bericht über die Vernehmung der überlebenden Walentyna Lepieszkiewicz, Ehefrau, keine Kinder, 17.8.17 in Rostow am Don geboren, in Rowno wohnhaft gewesen, angefügt. Außer den beiden Genannten wurde noch der überlebende Bauer Piotr Morosiuk, 18.5.10 in Radziwillow geboren, vernommen. Seine Aussage deckt sich völlig mit der des Pastors Tschirwa. Die 4. noch im Dubnoer Lazarett befindliche überlebende 23-jährige Ehefrau Peworonia Pindwiuk, in Jaroslawicze geboren, ist auch heute noch vernehmungsunfähig, da sie durch die Erlebnisse im Dubnoer Gefängnis wahnsinnig geworden ist und völlig teilnahmslos in ihrem Krankenbett liegt. Der P. mußte der rechte Arm amputiert werden. Diese 23-jährige Frau, die nach Angabe von Bekannten eine junge, hübsche Frau gewesen sein soll, hat jetzt das Aussehen einer 50-jährigen, irren Greisin. Angaben des Pastors Tschirwa: Tsch. ist Vater von 3 Kindern, Ukrainer und seit langem Angehöriger der OUN. Wegen seiner Zugehörigkeit zur OUN wurde er durch die Denunziation eines seiner Kollegen und eines NKWD-Spitzels im September 1940 festgenommen und zunächst dem Gefängnis in Rowno zugeführt. Seine Vernehmungen in Rowno wurden unter Zuhilfenahme von Spezialhandfesseln durchgeführt, die an der Innenseite mit Eisenstacheln versehen waren und bei der geringsten Bewegung der Hände in die Gelenke stachen; außerdem wurde er mit einem Gummiknüppel verprügelt. Die Verhandlung gegen ihn fand am 27. 3. 41 in Rowno statt, wo er zu 8 Jahren Zwangsarbeit (Deportation nach Sibirien), zu 5 Jahren Rechtsverlust und zur Konfiskation seines Vermögens verurteilt wurde. Im Juni 1941 sollte sein Transport nach Sibirien erfolgen. Aus diesem Grunde wurde er nach Dub-no überführt. Am 21.6.1941 stand er verladefertig auf dem Bahnhof; plötzlich wurden alle Häftlinge wieder ins Gefängnis zurückgebracht. Er kam in eine Zelle des obersten Stockwerks und lag mit 30 politischen Häftlingen zusammen, die sämtlich Ukrainer waren, gegen die zum Teil aber noch nicht verhandelt worden war, und die man alle wegen konterrevolutionärer Bestrebungen festgenommen hatte. Am 24. 6. abends befahl man den Häftlingen, sofort nach dem Abendessen schlafen zu gehen, sich aber nicht wie sonst an die beiden Seitenwände ihrer Zelle zu legen, sondern an die Fensterseite, der Tür gegenüber. Schon eine halbe Stunde später wurde durch die Luke in der Zellentür, durch die sonst das Essen gereicht wurde, der Lauf einer Maschinenpistole geschoben und mehrere Feuerstöße wurden abgegeben. Sogleich warfen sich die Häftlinge an die Türwand auf den Boden, so daß für den MP-Schützen kein Ziel mehr vorhanden war. Daraufhin wurde die Zellentür geöffnet, und es erschien ein Sowjetjude mit der Maschinenpistole sowie 2 Sowjetjüdinnen mit Nagan-Revolvern (die Jüdin Bronstein und die Jüdin Goifler), die ein wildes Feuer auf die am Boden Liegenden eröffneten. Tsch. hatte das Glück, nach einer Schußverletzung am rechten Fuß sofort in eine Ecke zu fallen, wo mehrere Erschossene auf ihn fielen. Ebenso wie er kamen 4 Verwundete unter Erschossene zu liegen, so daß aus seiner Zelle 4 Häftlinge mit dem Leben davon kamen. Als die Russen in der Meinung, daß alles tot sei, wahllos noch einige Schüsse in den Leichenhaufen abgegeben hatten, verließen diese die Zelle und schlossen die Tür wieder hinter sich ab. Die 4 krochen nun unter den Leichen hervor, verbanden mit abgerissenen Hemdenstreifen notdürftig ihre Wunden und warteten die ganze Nacht. Am frühen Morgen des 25. 6. begann im Gefängnis jedoch erneut das Schießen, worauf sich die 4 wieder unter die Leichen verkrochen. Jetzt erschienen nur die beiden Frauen mit den Revolvern und gaben mehrere Schüsse in den leblosen Haufen hinein ab. Danach zogen sich die jüdischen Weiber zurück und verschlossen die Zellentür. Nunmehr rafften die 4 ihre letzten Kräfte zusammen, rissen die Heizkörper der Zentralheizung von der Wand und rannten mit diesen gegen die Tür, bis diese nachgab und aufsprang. In dieser Weise rammten sie noch mehrere Zellentüren, um gegebenenfalls noch Überlebende aus anderen Zellen retten zu können. Sie stürmten dann ins Freie, überkletterten die Gefängnismauer und rannten nach allen Himmelsrichtungen auseinander. Tsch. blieb nach etwa 100 m in einem Kornfeld völlig entkräftet liegen. Hier wurde er am 26. 6. von deutschen Soldaten, die ihn sofort einem Lazarett zuführten, aufgefunden. Der Überlebende Morosiuk sagte hierzu noch aus, daß er mit 9 Häftlingen in einer anderen Zelle lag. M. war seit dem 15. 6. 41 im Gefängnis, ohne daß er vernommen worden ist und ohne daß man ihm bisher den Grund zu seiner Festnahme bekanntgegeben hat. In seiner Zelle haben nur die beiden Judenweiber geschossen; er ist von seinen Mitgefangenen der einzige Überlebende und konnte sich nur dadurch retten, daß er sich nach 2 Beinschüssen tot stellte, ebenfalls unter bereits Erschossenen lag und sich, als die Weiber fort waren, mit Leichenblut und Leichenwasser über und über beschmierte. So hat er 2 Nächte und 2 Tage unter den Leichen und unter mehrfachen Kontrollen durch die Judenweiber liegen müssen, bis er von deutschen Soldaten am 26. 6. aus der Zelle gerettet wurde. Angaben der Ehefrau Walentyna Lepieszkiewicz: Die L. ist gebürtige Ukrainerin und mit einem polnischen Geschäftsführer einer Buchhandlung in Rowno verheiratet. Am 23.8.1940 wurde sie mit ihren Mannvom NKWD festgenommen, weil man in ihrerWohnung Waffen gefunden hatte, die sie nach ihren durchaus glaubwürdigen Angaben bei einem Krieg der Deutschen gegen die Russen, den sie als einzige Rettungsmöglichkeit vor der sowjetischen Hölle ersehnten, gegen die Sowjets verwenden wollten. 3 Monate nach der Festnahme fand in Rowno die Verhandlung gegen ihren Ehemann statt, der zu 8 Jahren Zwangsarbeit (Sibirien) verurteilt wurde und auch Anfang 1941 deportiert worden ist. Die L. hat jede Hoffnung aufgegeben, ihren Ehemann jemals lebend wiederzusehen. Sie nimmt an, daß er längst umgekommen oder von den Russen erschlagen worden ist. Gegen sie selbst hat man noch nicht verhandelt, sie ist auch noch nicht vernommen worden. Sie ist heute auch ganz froh darüber, daß sie nicht vernommen worden ist, da sie von ihren Mithäftlingen weiß, daß die Frauen fast ausnahmslos bei den Vernehmungen von den Kommissaren oder Vernehmungsrichtern vergewaltigt werden. Sie führte dazu aus, daß die Frauen derartig verängstigt sind, teils durch Drohungen, teils durch Folterungen, daß sie niemals wagten, den Gelüsten der Vernehmenden irgendwelchen Widerstand entgegenzusetzen. Die L. lag zusammen mit 8 Frauen in einer Zelle. Am Abend des 24. 6. hörten sie ein sich näherndes Schießen und Schreien. Ihre Ahnung, daß sie alle umgebracht werden sollten, wurde zur Gewißheit, als sich die Zellentür öffnete und mehrere NKWD-Männer teils mit Maschinenpistolen, teils mit Karabinern bewaffnet eintraten und sofort das Feuer auf die sich verängstigt in einer Zellenecke zusammendrängenden Frauen eröffneten. Die L. erhielt als erste Frau einen Oberschenkel-und einen Beinschuß und fiel sofort um. Auf sie stürzten die anderen. Als die Schießerei aufhörte, wurde von den Beamten die Zellentür wieder verschlossen. Sie kroch nun hervor und rief nach anderen noch Lebenden. Es kamen 2 weitere Frauen, eine nur leichtverletzte Frau von 19 Jahren und die Frau Pindwiuk, die irrsinnig geworden ist, hervor. Die verwundeten Frauen warteten nun die ganze Nacht. Am nächsten Morgen näherten sich wieder Schüsse. Es traten 2 jüdische NKWD-Beamte mit Karabinern ein, die in aller Seelenruhe ihre Bajonette aufpflanzten. Zunächst stach ein Beamter der Leichtverletzten direkt ins Herz. Die Frau war sofort tot. Beim Herausziehen des Bajonetts verlor der Jude das Bajonett, und während der andere Jude auf die Frau P. einstach, diese aber nur am Arm und Bein verletzte, da sie am Boden lag, ertönte bereits der Lärm der mit den Heizkörpern gegen die Zellentür rennenden männlichen Häftlinge. Dadurch zur Eile angetrieben, erhielt die L. nur zwei verhältnismäßig leichte Stiche mit dem Bajonett in den Hals und die beiden Beamten flohen. Die Zellentüre blieb offen. Infolge der seelischen Aufregung und der körperlichen Schwäche war es aber den beiden noch lebenden Frauen nicht möglich, die Zelle zu verlassen; zudem zeigten sich bei der P. die ersten Anzeichen des beginnenden Wahnsinns. So verbrachten beide Frauen noch den ganzen 25. 6. und den halben 26. 6. neben den übrigen Leichen in der Zelle, völlig entkräftet und geschwächt durch den Blutverlust, bis sie am 26.