am Computer sitzen, kochen oder ruhen. Darüber hinaus gibt es bewegungsbezogene Methoden, die gar kein Sitzen erfordern. Schmerzgewohnte Klienten atmen bei dieser Botschaft auf, denn die meisten von ihnen haben sich vor ihrem geistigen Auge schon unruhig auf dem Meditationskissen herumrutschen und auf die Uhr schielen gesehen.
Um dieses Vorgehen zu verinnerlichen, möchte ich Ihnen hier eine Unterscheidung erklären: Wenn ich in diesem Buch von Meditation schreibe, ist das vom Begriff her eigentlich nicht ganz korrekt. Es gibt Meditationstechniken, die Sie praktizieren, üben und ausführen können. Wie bereits erwähnt, ist die bekannteste davon das meditative Beobachten der inneren Vorgänge, was im stillen Sitzen passieren kann. Das ist das eine. Und dann gibt es noch den inneren „Zustand von Meditation”, der durch das Praktizieren von Meditationsübungen eingeladen wird. Dieser Zustand bezieht sich auf eine Erfahrung des inneren Stillseins, das mit einem Nicht-Involviertsein in innere Prozesse verbunden ist. Gedanken mögen weiter ihre Runden drehen, Emotionen können auch weiterhin vorhanden sein, doch Sie als Meditierende sind nicht in deren Inhalte involviert. Und das ist wichtig: Genau dieses Geschehen, das „Erfahren von Meditation”, ist dafür verantwortlich, dass sich die vielen positiven Effekte auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden entrollen. Es ist nicht das Praktizieren der Meditationsübung als solche, das zählt, sondern das Erfahren des meditativen Nicht-Involviertseins, das für Veränderungen in unserem Organismus sorgt.
Zurück zum Sitzen: Wenn Sie sich meditierend hinsetzen möchten und es Ihnen anstrengungslos gelingt, Ihr Nervensystem auf diese Weise zu beruhigen, steht dem nichts entgegen. Nur seien Sie hier unglaublich wach! Es gibt viele Fallstricke, in denen Sie sich dabei verfangen können. Sie wären nicht der erste Meditierer, dem das passiert.
Und noch ein anderer Faktor kommt hier ins Spiel: Gerade weil das meditative Sitzen in vielen Köpfen so stark manifestiert ist, es aber vielen Menschen große körperliche Herausforderungen bereitet, gelassen im Lotossitz zu ruhen, kommt der Ehrgeiz ins Spiel. Mit dem Ehrgeiz poliert sich unser Ego und mit dem Ego verschafft sich der Leistungsgedanke auf dem Meditationskissen seinen Platz. Deshalb ist auch die Vorstellung verbreitet, dass diejenigen die erfahrensten Meditierer sind, die am längsten regungslos in einer Position verharren können oder in Retreats zu den Durchhaltern zählen. Wer den Körper mit seiner Quengelei am diszipliniertesten übergehen und geißeln kann, findet Beachtung. Wer sich härtesten Aufgaben unterzieht, wird als Meditationsexperte oder Meister verehrt.
Lassen Sie mich hier sehr deutlich sagen: Beim Meditieren hat der Leistungsgedanke keinen Platz. Es gibt keine Nominierung zum Meditations-Oscar, weder zum „Wie-lange-kann-ich-in-der-Lotosposition-sitzen-Award” noch zu „Wetten, dass …?“. Der „Zustand von Meditation” ist es, der für Veränderung in der Impulsverarbeitung sorgt, und dieser muss Ihnen genauso wenig sitzend geschehen, wie er an zeitliche Maßgaben oder an körperliche Parameter gebunden ist. Wodurch er erreicht wird, welche Technik ihn einladen oder hervorrufen kann, ist eigentlich gar nicht die Priorität. Für Sie ist wichtig herauszufinden, wie er Ihnen geschieht. Es reicht vollkommen aus, wenn Sie bei sich ankommen und sich in sich hinein entspannen, sodass überflüssige innere Angespanntheit von Ihnen abbröckeln kann.
Leeren Sie nun Ihr Glas weiter und verinnerlichen Sie den Grundsatz Nummer zehn:
Während das klassische Sitzen nur eine von vielen Meditationstechniken ist, spielt die entscheidende Rolle, dass sich der „Zustand von Meditation“ in Sie einschleichen kann. Dieser ist es, der die Vorgänge der Schmerzverarbeitung moduliert.
11. Hang zum Materialismus
Und weiter geht‘s. Sobald Sie sich der Bewusstheits- und Meditationspraxis nähern, empfehle ich Ihnen, dass Sie sich von einem möglichen Hang zum Materialismus lösen, der ausschließlich anerkennt, was Sie sehen, hören, anfassen, messen, nachweisen oder in Zahlenreihen kleiden können. Sehen? Anfassen? Hören? Da hat Meditation schlechte Karten. Ihre Wirkung ist genauso wenig materiell, wie es Schmerz ist. Wenn Sie ihn, den Schmerz, packen und aus dem Fenster werfen könnten – wie schön!
Auch wenn die Hirnmessungen der Meditationsforscher durch bildgebende Untersuchungsmethoden mit präzisen Aufzeichnungen auf dem Screen beeindrucken und dadurch die Wirkung von Meditationspraxis auf das menschliche Gehirn beweisen, wird unsere Innenwelt niemals vollständig nachvollziehbar sein. Selbst die bahnbrechendsten Ergebnisse werden nicht durch reinste lineare Logik erzielt. Es ist immer ein Faktor des Verborgenen, des Unzugänglichen und Unbenannten enthalten. Wäre das nicht so, würden sich Forscher gar nicht dazu animiert fühlen, weiterzusuchen und noch tiefer in die Furchen des Gehirns hineinzusehen.
Eines darf ich Ihnen bereits vorab sagen: Sobald Sie Ihren Blick nach innen richten und Gefallen daran finden, werden Sie die Anerkennung des „Immateriellen“, des nicht Festzumachenden irgendwann viel natürlicher finden als das materiell ausgerichtete Vorgehen. Das ist so, weil uns die inneren Ungewissheiten den Weg zum Reifen weisen. Sie halten uns in Bewegung und schubsen unsere Selbstentwicklung an. Wenn Sie mich fragen, ist dieser Prozess das einzige, was uns Menschen wirklich befriedigt und unserem Leben einen innewohnenden Sinn geben kann.
Aber genau das, das Unerklärbare auf uns zukommen zu lassen und letztlich als Lebensfaktor anzuerkennen, kann eine schwere Hürde für Menschen mit Langzeitschmerz sein: Warum sollten sie sich auf etwas einlassen, für das es nicht einmal ansatzweise eine materielle Garantieerklärung gibt?
Nehmen Sie das Meditationsglas zur Hand und gießen Sie weiter. Der meditative Grundsatz Nummer elf lautet:
Verabschieden Sie sich vom puren Materialismus. Vertrauen Sie Ihrem Eigenempfinden und Ihrem Instinkt! Indem Sie Ihre Innenwelt entdecken, wird Ihr Leben noch lebenswerter und reichhaltiger.
12. Der Glaube an …
Das Thema des Immaterialismus bringt uns unweigerlich zum nächsten Fakt. Wenn es also keine materiellen oder gesicherten Anhaltspunkte für diesen „Zustand Meditation“ in unserem Inneren gibt, woran halten wir uns dann fest? Woran orientieren wir uns? Müssen wir daran glauben, damit die „Erfahrung Meditation” von uns Besitz ergreifen kann?
Ich habe einige Menschen getroffen, die mich als Erstes danach fragten, ob sie an eine bestimmte Meditationswirkung glauben müssten, damit sie ihnen passiert. Nein. Das müssen Sie nicht. Meditation hat mit dem Glauben an einen bestimmten Effekt nichts zu tun. Im Gegenzug mag das allerdings geschehen: Wenn Sie von vornherein wissen, dass Ihnen die Meditationspraxis nicht weiterhelfen wird und Sie sich folglich mit Misstrauen und Skepsis ans Praktizieren machen, dann können Sie tatsächlich erwarten, dass Ihnen die Erfahrung von Meditation vorenthalten bleibt. Doch anders herum funktioniert es nicht. Sie müssen nicht an Meditation glauben, damit sie wirkt.
Das bringt mich noch zu einem weiteren Punkt, bei dem das „Glauben an …” eine Rolle spielt. „Ist es empfehlenswert, sich mit dem hinduistischen Glauben zu befassen, wenn ich Yogameditationen richtig praktizieren will?“, fragte mich Robert, ein junger Klient. „Muss ich an Buddhas Sichtweisen glauben, dass es hilft?“, wollte Tim wissen, als ich ihm eine Technik mit einem buddhistischen Hintergrund vorschlug. Beide Fragen habe ich verneint. Auch wenn zahlreiche Meditationstechniken aus Systemen mit einem religiösen Hintergrund stammen, heißt das nicht automatisch, dass dieser als Voraussetzung für die Praxis gilt. Sie werden dabei weder zu einer gläubigen oder religiösen Person, noch müssen Sie sich mit den Glaubensinhalten befassen.
Tatsächlich habe ich gelesen, dass Menschen tiefere Meditationserlebnisse haben sollen, wenn sie an etwas Bestimmtes glauben, das mit der Technik in Verbindung steht. Aber diese Untersuchungen stammen zumeist von Meditationsunternehmen, die „Glauben“ produzieren wollen. Ich selbst kann das nicht unterstützen. Während jeder Mensch seinen Blick nach innen richten kann, stehen Glaubenssätze und Überzeugungen einer echten Meditationserfahrung eher im Weg, als dass sie unterstützend wirken. Das wurzelt in der Tatsache, dass der Glaube an etwas einem Menschen von vornherein ein inneres Empfindungsgerüst, ein abgestecktes Wahrnehmungsfenster vorgibt. Dadurch können bestimmte innere Impulse den Filter der Wahrnehmung gar nicht erst passieren, sodass ein Teil möglicher Erfahrungen, unerwartete Erkenntnisse oder neue sensible Qualitäten ausgeschlossen werden. Außerdem bleibt beim „aktiven Glauben an …“ der sogenannte „Mind“ aktiv, der ja