bin nicht würdig, daß ein Engel zu mir geschickt würde.’ Sofort verschwand der Teufel.“ (V, 15, 68)(Apo 1074)
„Die Altväter sagten: Wenn dir auch in Wahrheit ein Engel erschiene, nimm ihn nicht leicht auf; sondern verdemütige dich und sage: Ich bin nicht würdig, einen Engel zu schauen, weil ich in Sünden lebe.“ (V, 15, 69)(Apo 1075)
Sogar die Gestalt Jesu Christi kann der Teufel annehmen:
„Man erzählte von einem anderen, daß er in seinem Kellion saß und Versuchungen ertrug, da sah er die Dämonen offensichtlich, aber er verachtete sie. Als aber der Teufel sich von dem Greise besiegt sah, kam er selbst, zeigte sich ihm und sprach: ‘Ich bin Christus! Warum hast du deine Augen verschlossen?’ Der Greis antwortete: ‘Ich will hier Christus nicht schauen, sondern in jenem Leben erst.’ Als der Teufel dies hörte, verschwand er.“ (V, 15, 70)(Apo 1076)
Die Dämonen kommen im Gewand von Alltäglichkeiten und Kleinigkeiten216 oder in der Versuchung zum auch scheinbar frommen Übermaß217. Sogar die Aufforderung zum Beten kann von den Dämonen verursacht sein:
„Ein Bruder saß ruhig in seinem Kellion, da wollten ihn die Dämonen in Gestalt von Engeln verführen, indem sie ihn zum Gebet aufweckten und ihm leuchteten. Jener aber begab sich zu einem Altvater und sagte zu ihm: Vater, Engel kamen zu mir und leuchteten mir zum Gebet. Der Greis sagte zu ihm: Höre nicht auf sie, denn es sind Dämonen. Wenn sie wieder kommen, dich zum Gebet aufzuwecken, dann sprich: Ich stehe auf, wann ich will, auf euch aber höre ich nicht. Nachdem er die Weisung des Alten empfangen hatte, kehrte er in sein Kellion zurück. In der folgenden Nacht aber kamen nach ihrer Gewohnheit die Dämonen und weckten ihn auf. jener aber antwortete ihnen, wie ihn der Greis geheißen hatte, und sagte: Ich stehe auf, wann ich will, und auf euch höre ich nicht! Darauf sagten diese: Gewiß hat dich jener alte Bösewicht angeleitet, dieser Falsche, zu dem ein Bruder kam, um von ihm Geld zu entleihen, er aber, obwohl er es hatte, leugnete ihm gegenüber und sagte, er habe nichts, und gab ihm auch nichts. Am Morgen stand der Bruder auf, begab sich zu dem Greis und meldete ihm dies. Dieser antwortete: Wirklich, ich hatte Geld, und es ist auch wahr, daß jener Bruder kam, um zu entleihen, aber ich wußte, daß ich seine Seele verdorben hätte, wenn ich ihm geliehen hätte. Ich dachte also, es sei besser, ein Gebot zu umgehen, als zehn zu übertreten. Wir wären alle in Verwirrung geraten, wenn ich ihm das Geld gegeben hätte. Du aber höre nicht auf die Dämonen, wenn sie dich verführen wollen. Von diesen Worten des Greises gestärkt, ging er wieder in sein Kellion.“ (V, 10, 93)(Apo 1109)
Die Väter raten, eher mißtrauisch gegenüber Einflüsterungen, Gesichten und Wünschen zu sein, auch und vielleicht gerade, wenn sie im frommen Gewand erscheinen. Im Sinne der Unterscheidung ist immer wieder nach der Herkunft der Antriebe, nach dem dahinterliegenden tieferen Antrieb zu fragen. Dies kann den Mönch verwirren, gerade wenn er noch am Anfang des Weges steht. Umso wichtiger, so betonen die Geschichten, ist eine Führung durch den erfahreneren Altvater, um den Trugbildern auf die Spur zu kommen. Dies mag einerseits zu Unsicherheiten des Mönches führen, andererseits sind diese aber ein Zeichen dafür, daß der Mönch den Kampf mit den Dämonen aufgenommen hat und sich nicht länger ihren Einflüsterungen fügt.218
Es bleibt weiterhin bedeutsam, was oben zum theologischen Verständnis des Dämonenkampfes und zum Weltbild der Mönche gesagt wurde, doch schält sich aufgrund der genauen Lektüre heraus, daß das Schlachtfeld des Dämonenkampfes die Psyche des Menschen ist. „Das Dämonische stand nicht nur für alles, was feindlich gegen den Menschen war; die Dämonen faßten alles zusammen, was im Menschen selbst anomal und unvollkommen war.“219 Ein Beleg und gleichzeitig eine Quelle für diese anthropologische Sicht ist Origenes, der die Seele als Schauplatz des spirituellen Kampfes beschreibt. In diesem Kampf ist die Seele frei. Gott legt in den Menschen die Fähigkeit und Kraft zu einem tugendhaften Leben, zwingt ihm aber niemals eine Entscheidung dafür auf.220
B. Miller formuliert in seiner Anmerkung zu Apo 12: „So gesehen bedeutet in unserer Literatur [Apophthegmata] Kampf gegen die Dämonen nichts anderes als Kampf gegen das Ich und seine verkehrten Neigungen...“221. Daß dies nicht eine einfache Psychologisierung ist, sondern theologische Dimensionen hat, macht W. Nyssen in seiner Einleitung zur deutschen Ausgabe der Apophthegmata deutlich. Die Wüstenväter lehrten: „Nachfolge ist Freiwerden von allen Vorspiegelungen des eigenen Ich, aber das kann nur durch den Vollzug, durch tägliche Einübung begriffen werden. Nachfolge wird durch Vollzug zum Ausloten einer neuen Tiefe des Menschseins, die vor allem im kernhaften Spruchwort des Mönches, dem Ausdruck seiner innersten Erfahrung, zu erahnen ist. ... Nachfolge ist stellvertretender Dienst an der Bereitung der Welt zu einem neuen Himmel und einer neuen Erde, ja sogar das gestalthafte Herbeirufen der Wende; Nachfolge schenkt ein neues Erfahren der Erde, ihrer kreaturhaften Seligkeit, ..., ihrer Steigerung durch jene Form der Offenheit, die aus dem wachen Bewußtsein um alle verborgene Dämonie des verblendeten Menschen gewonnen wird.“222
Ähnlich P. Brown: „Das Dämonische zu begreifen und von sich zu weisen, war ein Akt des Selbstexorzismus, analog zu der durch den Exorzismus der Taufe erreichten ‘Einfältigkeit’. Er schloß Grenzen im Ich, die irritierend weit offen standen. Daher haben, trotz all der vielen Schilderungen über Konfrontationen von Asketen mit dem Dämonischen, nur wenige spirituelle Traditionen mit so wütendem Nachdruck auf Selbst-Bewußtheit insistiert. Selbst-Bewußtheit und Dämonen-Bewußtheit ergänzen einander.“223
I.1.F.b. Der Umgang mit dem Sünder - Barmherzigkeit und Vergebung.
Die Altväter gehen davon aus, daß jeder im Hl. Geist und durch Gottes Barmherzigkeit den geistlichen Weg gehen kann und wenden sich deshalb besonders dem in Sünde gefallenen Mönch zu. Ein Hintergrund dieser Auffassung ist die doppelte Anthropologie des Origenes. Dieser geht einerseits von einer Dreiteilung des Menschen in Geist, Seele und Leib aus, die wichtig ist für seine asketische und moralische Lehre und entwickelt andererseits die Theologie von der Einbildung Gottes im Menschen, die Basis seiner mystischen Theologie ist.224 Für Origenes ist der Geist eine Gabe Gottes an den Menschen, durch den er im Menschen handelt. Wenn die Seele dem Geist gehorcht, wird er zu ihrem Führer und geleitet sie zur Übung der Tugenden und zu einem moralischen Leben, ebenso zur Kontemplation und zum Gebet. Hört die Seele nicht auf den Geist, wird sie sündig. Der Geist verläßt aber den Sünder nicht, sondern fällt in einen Zustand der Regungslosigkeit, der Lethargie, er bleibt in ihm gegenwärtig als eine Möglichkeit zur Umkehr. Nur den nach dem Gericht Gottes endgültig Verdammten verläßt der Geist.225
Origenes’ Lehre von der Einbildung Gottes im Menschen basiert auf dem platonischen Prinzip, daß nur das Ähnliche sein Ähnliches erkennt.
Nach Kol 1, 15 ist Christus das Bild des unsichtbaren Gottes. Deshalb spricht Origenes vom Menschen als dem zweiten Bild oder vom Bild des Bildes. Den Plural in Gen 1,26 „Laßt uns Menschen machen...“ deutet Origenes als Gespräch des Vaters mit dem Sohn, der die Menschen nach seinem Bild, nämlich nach dem Sohn, schaffen will. Dieses „Bild-des-Bildes-Sein“ ist die Grundlage unseres Seins als Menschen.
Was die Beziehung des Menschen zu Gott betrifft, so ergreift Gott ständig die Initiative, indem er sich offenbart, aber es ist notwendig, daß der Mensch bereit ist, diese Offenbarung aufzunehmen. Die Erkenntnis Gottes ist eine Begegnung zwischen zwei Freiheiten.
Die Sünde bedeckt das „Bild-des-Bildes-Sein“ des Menschen mit diversen anderen Bildern: Bildern des Teufels, irdischen Bildern etc.. Diese Bilder haben aber nicht den Verlust der Einbildung Gottes zur Folge, denn das Bild Gottes in der Seele ist unauslöschlich.226
„Der Maler dieses Bildes ist der Sohn Gottes. Ein Maler von solcher Qualität und solcher Kraft garantiert, daß sein Bild zwar durch Nachlässigkeit dunkel werden kann, aber niemals zerstört durch die Bosheit. Das Bild Gottes bleibt immer in dir, auch wenn du Bilder des Irdischen (des Teufels) darüberlegst. ... Wenn du in dir alle jene Farben zerstört hast, die mit der Tinte der Bosheit gemalt waren, wird wiederum das Bild in dir aufleuchten, das Gott geschaffen hat.“227
„Deshalb wird keiner, der mehr dem Teufel als Gott gleicht, die Möglichkeit