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Den österlichen Mehrwert im Blick


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sozial-gesellschaftlichen und politischen Folgen ausgerichtet sein können. Was die Völker an Bodenschätzen in der Welt vorfinden und was ihnen an Potentialen selber zueigen ist, wird nicht mehr für Abschreckungen vergeudet oder für Eroberungen und Vernichtungen eingesetzt werden („Schwerter“, „Lanzen“), sondern wird der Ernährung dienen und das tägliche Arbeiten erleichtern dürfen („Pflugscharen“, „Winzermesser“). Doch damit nicht genug. Mit den abhandengekommenen Waffen wird auch selbstredend das Lernen und Einüben ihrer Anwendungen verschwinden: „Und sie werden ferner nicht mehr den Krieg erlernen (Jes 2,4).“ Der Prophet Jesaja rechnet somit mit einem Pazifismus, der in Zukunft möglich werden kann.

      Die Grundlagen für diese kühne und hoffnungsvolle Aussicht im Jesajabuch sind zu beachten. Keine rein innerweltlichen Bestrebungen werden die neue und allseits friedliche Lage herbeiführen können. Menschliche Bemühungen allein werden das in Aussicht Gestellte nicht herbeizwingen können. Zuerst werden mittels der Tora und durch JHWH selbst Recht geschaffen und Schlichtungen herbeigeführt werden müssen, bevor die Konversionen der Rüstungsgüter erfolgen und die alten Gewohnheiten, das Kriegshandwerk zu lernen, enden. Beide, JHWH und auch seine Tora, werden Initiatoren jenes manifesten Friedens sein, in dem sich erst die Waffen und das Kriegshandwerk erübrigen werden. Die Völkerwelt wird keinen Frieden „machen“, sondern einen solchen geschenkt bekommen. Die Völker werden friedlich agieren, nachdem sie „von oben“ her und ohne Gewalteinwirkung befriedet worden sind.

      Der Abschnitt endet auf eine beachtenswerte Weise und gelangt im Vers 2,5 an sein Ziel. Jesaja hat in diesem Schlussvers immer noch das Wort. Doch Jesaja ändert in diesem Vers seine Sprechrichtung. Dabei wechselt er von einer Zeitdimension in eine andere. Bei Letzterem, dem Zeitwechsel, sei begonnen. Der literarische Jesaja blickte bisher im Abschnitt in die Zukunft und besprach das, was eintreten kann. Nun wendet sich Jesaja der Gegenwart zu, in der er agiert und in welcher er redet. Jesaja spricht dabei erstmals im Abschnitt seine Adressaten, seine Hörer, an – und damit letztlich auch die Leser des Buches. Dabei stellt sich Jesaja sofort auf die Seite seiner Adressaten und reiht sich ihnen ein, wenn er ein Wir, ein „uns“ aufblitzen lässt. Jesaja geht es letztlich um die eigene Gegenwart und die seiner Adressaten.

      Der Prophet zieht aus dem zukünftigen Verhalten der Völker die Konsequenzen für sein Hier und Heute. Dabei greift er in seiner Wortwahl, mit der er sich seinen Adressaten zuwendet, bezeichnenderweise auch die Sprechweise unter den Völkern auf: „Haus Jakob, kommt doch! Wir wollen gehen im Licht JHWHs! (Jes 2,5).“ Hat Jesaja soeben noch die künftige Aufmunterung unter den Völkern zur Wallfahrt auf den Berg JHWHs zitiert – „Kommt doch (2,3)!“ –, so macht er daraus einen Appell an sich selbst und an seine Klientel: „Kommt doch! (2,5).“ Hat Jesaja kurz zuvor die Bereitschaft der herbeikommenden Völker wiedergegeben, den Pfaden JHWHs zu folgen: „Wir wollen gehen (2,3)“, so appliziert er jetzt Vergleichbares auf seine Gemeinschaft und auf das, was sie tun solle: „Wir wollen gehen (2,5).“

      Aufschlussreich ist in Jes 2,5 zudem, dass Jesaja den Eigennamen „Jakob“ aufgreift. Die Völker nennen ihr Ziel, den Tempel auf dem Zion, „Haus des Gottes Jakobs“ (2,3). Wie erwähnt, deuten die Völker damit an, wer auch für sie die Gottheit im Heiligtum aufgrund der bekannt gewordenen Geschichte ist. Jesaja spricht nun seine Adressaten als lebendiges „Haus Jakob“ (2,5) an. Die von den Völkern gesuchte Gottheit ist jene, welche mit den Adressaten vor Ort eine gemeinsame Vergangenheit teilt. JHWH hatte sich in der Welt bekundet und dies u.a. auch zugunsten derer getan, die unter dem Signalwort „Jakob“ firmieren. Die so Benannten leben aufgrund von Gottes Handeln auf dem Berg und in Jerusalem. Die künftige Hinwendung der Völker zum „Gott Jakobs“ betrifft – so Jesaja – seine jetzigen Adressaten als „Haus Jakobs“.

      Jesaja erzeugt so im letzten Vers einen Nachklang zum erwarteten Gespräch unter den Völkern. Jesaja lässt zwar verhalten, aber doch gut vernehmbar das lokale Ziel der Völker, ihre religiöse Ausrichtung und ihre ethisch-religiöse Lernbereitschaft nachhallen. Jesaja spielt aber nicht nur mit dem „Echo“ auf die Intentionen der Völker an. Vielmehr spornt er mit dem Appell seine Adressaten dazu an, dass die Vorhaben und Ziele der Völker hier und jetzt „nachhaltige“ Wirkungen in den eigenen Reihen hervorrufen. Die Adressaten werden von ihm dazu gedrängt, sich gegenwärtig „im Licht JHWHs“ aufzuhalten und zu bewegen.

      Bezieht sich Jesaja mit dem „Licht JHWHs“ auf seine eigene Rede kurz zuvor, als er von der „Tora“ und vom „Wort JHWHs“ gesprochen hat (2,3)? Von solch einem Bezug kann man wohl ausgehen. Jesajas Bezugnahme impliziert allerdings einen nicht näher entfalteten Gedankenschritt. Wenn die Tora und Gottes Wort den Völkern darlegen werden, was ihnen den Frieden ermöglicht, dann versteht Jesaja unter anderem dieses mögliche Resultat, den Frieden, theologisch-metaphorisch als „Licht JHWHs“. Somit ist von folgendem Gedankenschritt Jesajas auszugehen: JHWH wird für den künftigen globalen Zustand (sein Licht) zuvor das bereitstellen, was den Völkern ermöglicht (Tora und sein Wort), den Zustand zu erreichen, und was von den Völkern auch ergriffen wird (gehorsames Befolgen). Für Jesaja sind einerseits der Frieden und das Licht JHWHs und andererseits die Tora, das Wort JHWHs und deren Akzeptanz und aktive Umsetzung wie zwei Seiten einer Medaille zu sehen. Jesaja betrachtet dieselbe Medaille, nur ihre Kopfseite hat eine andere Prägung als die Zahlseite. Was bedeutet das nun für Jesajas Appell an seine Adressaten? Jesaja fordert seine Hörer auf, sich vom Toragehorsam der Völker und dem damit verbundenen Bewirken des Friedens so motivieren zu lassen, dass solche Wirkung oder eine ähnliche Wirkung zugleich der Status sind, in den sie sich versetzen mögen und in dem sie sich bewegen und aufhalten können: „Lasst uns gehen im Licht JHWHs!“ (2,5). Jesajas Adressaten sollen sich so verhalten und leben, wie es dem kommenden Weltfrieden entspricht.

      Kommt man vom ersten Kapitel des Prophetenbuches her, so wird deutlich, dass Jesaja bei seinen Adressaten in Jes 2,5 eine eigene, breitere Kenntnis der Tora und des JHWH-Wortes voraussetzt und ein tieferes Wissen darüber, was deren gehorsames Befolgen bewirken kann. Kenntnis und Wissen der Adressaten sind jedenfalls umfangreicher, als ihnen aus den Andeutungen Jesajas in 2,1–5 hervorgehen kann. Jesaja geht davon aus, dass die Adressaten seine Einlassungen in 2,1–5 auf bereits Gehörtes beziehen. So ist jetzt diesem Gehörten und damit Kapitel 1 nachzugehen, um dann dessen Inhalte genauer auf den Appell Jesajas in 2,5 beziehen zu können.

       Israel angesichts der Völker

      Die Völker werden künftig von JHWH durch die Tora und sein Wort belehrt werden. Ein vergleichbares Belehren von Jesajas Israel, des „Hauses Jakob“, hat bereits in Kapitel 1 stattgefunden.

      Kapitel 1 bettet dieses Belehren Israels in einen dramatischen Zusammenhang ein. Das Belehren Israels durch JHWH war überaus notwendig geworden. Denn Israel hatte sich auf Irrwegen befunden und war dabei in sein eigenes Verderben gerannt. Bevor ab Jes 1,10 die „Anführer“ und das „Volk“ Israel darüber unterrichtet werden, was JHWH wirklich gefällt, wird im Kapitel 1 hervorgekehrt, in welcher heillosen, verlustreichen Lage und belasteten Situation sich Israel vorfand.

      JHWH selbst musste über sein Volk klagen und es anklagen (Jes 1,2–3). „Himmel“ und „Erde“ wurden dabei als Zeugen angerufen, um das Ausmaß des Beklagenswerten anzudeuten. JHWH hatte sich zwar Israel auf eine Art und Weise zugewandt, wie Eltern es zu tun pflegen, wenn sie ihre Kinder mühe- und hingebungsvoll großziehen. Doch trotz seines Einsatzes musste JHWH feststellen, dass sein Volk ihm gegenüber abtrünnig geworden und nicht zur Einsicht gekommen war. Dem literarischen Propheten Jesaja kommt es dann zu, in einem Weheruf die Folgen zu schildern, die sich aus Israels schuldhaftem und sündigen Verhalten ergeben hatten (1,4–9). Ein schweres Gericht war über das Volk und Land ergangen und hatte diese tief gebeugt. Das Strafgericht hatte zu weitreichenden Vernichtungen unter Israel geführt. Nur ein kleiner Rest Israels, die „Tochter Zion“, war übrig geblieben. Jesaja macht deutlich, dass sich dieser Rest von „Israel“ allein einem göttlichen Verschonen verdankt. Schuld und Sündhaftigkeit hätten auch dazu führen können, dass Israel ein unwiderruflicher Untergang ereilt und es ausgelöscht wird – wie einst „Sodom“ und „Gomorra“ (vgl. Gen 19,25.28). Doch zu solcher Auslöschung kam es nicht. JHWH hat davon abgesehen und den Rest erhalten. Jesaja deutet mit einem „Wir“ an, dass seine Adressaten und er selbst nur aufgrund der göttlichen Verschonung existieren: „Hätte JHWH Zebaot nicht