Heinz Bachmann

Hochschullehre variantenreich gestalten


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(übernommen von der Louisiana State University, Center for Academic Studies)

      In der zweiten Hälfte des Buches kommen vor allem Autoren von technischen Fachrichtungen zu Wort. Das Projektstudio im Architekturstudium an der Universität Liechtenstein oder das problembasierte Grundlagenpraktikum für angehende Chemiker an der Fachhochschule Wädenswil in der Schweiz sind ganz auf Handlungsorientierung und employability ausgerichtet. Banzer, Scherrer und Staub zeigen in ihrem Beitrag anhand des Architekturstudiums auf, wie eine kompetenzorientierte Studiengangentwicklung aussehen kann. Dabei gehen sie unter anderem der Frage nach, inwieweit neben der Fachdisziplin auch didaktische Gesichtspunkte bei der Studiengangsgestaltung eine Rolle zu spielen haben.

      Die Autorinnen und Autoren der verschiedenen Hochschulen und Fachrichtungen demonstrieren überzeugend, dass die Kompetenzorientierung nichts mit der Fachrichtung oder der Institution zu tun haben muss. Dass das Schulen überfachlicher Kompetenzen – oft auch soft skills genannt – durchaus auch ein Thema in den sogenannten harten Wissenschaften ist, zeigt der Beitrag von Margot Tanner. Als verantwortliche Leiterin des Projektes No-TechS (non technical skills) an der School of Engineering der Zürcher Fachhochschule ist sie verantwortlich für die Planung und Umsetzung entsprechender Lehr-und Lernformate in den Ingenieurwissenschaften (Beitrag von Tanner in diesem Buch).

      Sowohl bei ihrem Beispiel wie auch beim Beispiel von Banzer et. al wird klar, dass ein systemischer Ansatz, bei dem die ganze Institution in die «Kompetenzorientierung» einbezogen wird, erfolgversprechender ist als nur eine punktuelle Veränderung auf Modulebene von einzelnen Dozierenden. Diese Erkenntnis deckt sich mit vergleichbaren Erfahrungen aus dem angelsächsischen Raum (Cullen et al. 2012).

      We believe that relying on individual classroom efforts to change the learning environment on a programmatic, college, or institutional scale is not strategic and does nothing to link and integrate those individual experiences. We believe that for graduates to develop the skills we have referred to in this chapter, curricular coherence, repeated experiences, and reflection on learning across courses are necessary (S. 13).

      Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass mit den vorgestellten Methoden

      ➤höhere Ebenen des Denkens (nach Bloom) aktiviert werden;

      ➤die Verarbeitungstiefe des vermittelten Wissens und Könnens zunimmt; die Transferwirksamkeit (Stichwort employability) der in den Lehrveranstaltungen vermittelten Inhalte verbessert wird;

      ➤die Kluft zwischen Wissen und Handeln verkleinert wird (Stichwort ­träges Wissen);

      ➤die Transdisziplinarität und das Arbeiten in Teams gefördert werden.

      Literaturverzeichnis

      Bachmann, H. (2011) (Hrsg.). Kompetenzorientierte Hochschullehre. Bern: hep.

      Bologna (2009). Abschlusskommuniqué der Ministerkonferenz. Quelle: Internet (Zugriff 12.02.2012) http://www.ond.vlaanderen.be/hogeronderwijs/bologna/conference/documents/Leuven_Louvain-la-Neuve_Communiqué_April_2009.pdf

      Cullen, R. & Harris, M. & Hill, R. R. (2012). The Learner-centered Curriculum. San Francisco: The Jossey-Bass.

      ECTS Users’ guide (2009). Quelle: Internet (Zugriff 12.02.2012) http://www.oead.at/fileadmin/lll/dateien/lebenslanges_lernen_pdf_word_xls/erasmus/bologna/ects_users_guide2009_de.pdf

      Huba, M. & Freed, J. (2000). Learner-Centered Assessment on College Campuses. London: Ally and Bacon.

      Mandel, H. & Reinmann, G. (2006). Unterrichten und Lernumgebungen gestalten. In: Krapp, A., Weidenmann, B. (Hrsg.). Pädagogische Psychologie. Weinheim: Beltz, S. 613–658

      Thomann et al. (2011). Zwischen Beraten und Dozieren. Bern: hep.

      Petra Hild Kooperatives Lernen im Hochschulbereich

      1Einleitung

      Beim Kooperativen Lernen wird die Interaktion als ein wesentliches konstituierendes Merkmal von Lernprozessen in den Vordergrund gerückt. Dahinter steht die Grundüberzeugung, dass Lernen durch Auseinandersetzung, durch Austausch und Aushandeln sowie im Dialog geschieht. Dies ist kein neuer Gedanke, aber einer, der immer wieder neu gefasst werden muss. Die zunehmende Gewichtung des Kooperativen Lernens innerhalb der letzten Jahre hat stark mit einem veränderten Lehr-Lern-Verständnis zu tun. Es geht neben den zu erlernenden Inhalten heute darum, wie gelernt wird oder wie Lernen organisiert ist (Einführung zu diesem Band siehe hier). Gleichzeitig werden vonseiten der Wirtschaft und diverser Berufs- und Arbeitsfelder hohe Anforderungen hinsichtlich Team-, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit an Studienabgänger und -abgängerinnen gestellt. Mit kooperativ angelegten Lernprozessen schaffen Dozentinnen und Dozenten in der Hochschullehre Anlässe für dialogische Gespräche, Diskussionen und Entscheidungen. Kooperatives Lernen fokussiert die lernende Studentin, den lernenden Studenten und bezieht sich auf alle acht Merkmale studierendenzentrierter Lehre. Ein Lehr-Lern-Arrangement, das Selbstkonstruktion und Selbststeuerung betont, hat zur Folge, dass Lehrende die Verantwortung für Lernprozesse und -produkte an die Gruppe und die einzelnen Studierenden abgeben, sich nicht direkt einmischen und eine beobachtende, beratende und zur Reflexion anregende Rolle einnehmen. Es entstehen Räume zur Beobachtung, die in der herkömmlichen Lehre meist fehlen. Ganz allgemein werden mit Kooperativem Lernen verschiedene Strategien bezeichnet, deren Gemeinsamkeit die Gruppenarbeit ist. Kooperatives Lernen betont die Verschiedenheit der Studierenden, versteht diese als Ressource und will den Erwerb von Kenntnissen, Kompetenzen und Einstellungen durch Lernen in einer Gruppe oder einer Expertengemeinschaft ermöglichen. Zahlreiche Forschungen bestätigen die Wirksamkeit von Prozessen Kooperativen Lernens (Green & Green 2007; Huber 2006/1993; Johnson, Johnson & Holubec 2005; Konrad & Traub 2001).

      Im nächsten Kapitel ist dargelegt, was hier unter Kooperativem Lernen genau verstanden wird und welche Unterscheidung zwischen kooperativem und kollaborativem Lernen sowie der herkömmlichen Gruppenarbeit (Abschnitt 2.1) getroffen werden kann. Daran anschließend erfolgt eine kurze Übersicht über die theoretische Rahmung Kooperativen Lernens (2.2). Das nächste Kapitel bietet eine Übersicht über die Grundlagen und Besonderheiten Kooperativen Lernens anhand der wichtigsten Merkmale (Kapitel 3). Nach der Beschreibung dreier Instruktionsarten (Kapitel 4) werden im Hauptteil dieses Aufsatzes (Kapitel 5 und 6) konkrete Hinweise für die Praxis gegeben sowie Vorgehensweisen und Strategien dargestellt. Zusammenfassende Gedanken runden den Artikel ab.

      2Wofür steht der Begriff «Kooperatives Lernen»?

      Kooperation dient als Schmierstoff für jene Maschinerie, mit deren Hilfe wir es schaffen, dass Dinge getan werden, und indem wir uns mit anderen Menschen zusammentun, können wir individuelle Mängel ausgleichen.

      Richard Sennett (2012, S. 9)

      Unter dem Titel Zusammenarbeiten zeigt Sennett (2012) in seinem neusten Buch auf, dass die für eine komplexe Gesellschaft unerlässlichen Kooperationsfähigkeiten an Bedeutung verlieren. In den letzten Jahren werden in Weiterbildungsveranstaltungen sowie im Hochschulbereich immer häufiger Online-Foren für den internen Austausch angeboten. Mehrere Personen, die örtlich voneinander getrennt sind, kommunizieren über das Internet mitei­nander und lösen ein spezifisches Problem, indem gemeinsame Wissensressourcen genutzt werden. In diesen Online-Lerngemeinschaften stehen für die Beteiligten meist der Erwerb und der Austausch von Wissen im Vordergrund. Auch wenn diese virtuellen Gruppen durch E-Moderation und durch spezielle reflexionsfördernde Software unterstützt werden, bieten sie keinen Ersatz für eine Gruppe vor Ort, in der gemeinsames Denken, Aushandeln und Entscheiden sowie die Weiterentwicklung