Karolin Freund

Der Theatermonolog in den Schauspielen von Hans Sachs und die Literarisierung des Fastnachtspiels


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Edel, vnedel, Layen vnd Pfaffen. Nun bin ich heßlich, vngeschaffen, Zum buln mein niemand mehr begert, 10 Bin ich auch verachtet vnd vnwert Vnd thu mich doch deß Betels schemen, Daß ich solt das Almusen nemen, Mag auch nit spinnen an eim Rocken, Mag auch bey keinem Krancken knocken, 15 Auch nit den Kindern zopffn vnd lausen. Sol ich mich den nehren mit mausen, So hab ich sorg der meinen Ohrn; Mir ist die Statt vor versagt worn Von wegen meiner boͤsen stuͤck; 20 Ich denck gleich hinter mich zu ruͤck.

      Vv. 21–32 vermittelt als zukunftsungewisse Prolepse die Absicht, Geld mittels Kupplerei zu verdienen:

Wil mich nun gleich mit Kuppeln nehrn,
Dieselben kunst darff ich nicht lehrn,
Bin gschwind durch mein arglistig renck,
Darmit verdien ich danck vnd schenck,
25 Dieweyl gantz abwegs steht mein Hauß,
Ist recht gut darzu vberauß,
Daß ich drinn zsamm kuppel ein paar,
Daß sein sonst niemand wird gewar.
Was steh ich, ich wil nein in Thumb,
30 Nach eim Thumbherren sehen vmb,
Mein handel kecklich fahen an,
Dieweyl ich sonst nichts hab zu than.

      Leitet Sachs hier den Monolog zu Beginn des Fastnachtspiels im Nebentext mit der Regieanweisung „redet mit jhr selb“ ein, kam die Exposition im vorreformatorischen Fastnachtspiel noch dem Precursor zu, wie sich unschwer der Vorlage (vv. 4–12) entnehmen lässt:

Got gruß den wirt in hohen eren
5 Und was im got ie tet bescheren
Und alles, das das sein antrifft!
Hie kumpt von Banberg auß dem stift
Unsers herrn bischofs sigler her.
Herr wirt, der leßt euch piten ser,
10 Das er bei euch hie sigeln het,
Der wird sich fugen wol herein,
Des wolt mein herr euch danken sein.

      In gleicher Weise wie der Precursor bzw. Einschreier von der Publikumsrealität – in diesem Fall das Wirtshaus als Aufführungsort – in das Spiel überleitet, leitet der Ausschreier am Ende des Spiels wieder in diese zurück.9 In der Vorlage übernimmt diese Funktion bereits eine spielinterne Figur, der Knecht, der auch explizit die Funktion des Ausschreiers im Nebentext ausfüllt: „Tumherrn Knecht ist Auszschreier“ (S. 282 v. 3). Er gibt das uneindeutige Ende dem Publikum zur Diskussion frei, indem er den Wirt auffordert mitzureden, in die Wirtshausatmosphäre übergeht und zum Tanz bittet (S. 281 v. 31 – S. 282 v. 9):

Hor, freunt, schlag nit die alten huren,
Laß dich kein kupplerin anfuren!
Herr wirt, redt auch zu den sachen!
Pauker, du solt ein tanz uns machen,
Damit ein end und pald darvon,
Wann wir noch weit haben zu gan.
Tumherrn Knecht ist Auszschreier:
Herr wirt, nu gebt uns euren segen,
5 Nit von essens noch trinkens wegen,
Als man zu gastung laden tut.
Neur das wir euch ein guten mut
Mochten machen, was unser sind hir in.
Got gesegen euch all! Wir faren von hin.

      Die Ansprachen des Wirts zu Beginn und Ende und die Aufforderung zum Tanz verdeutlichen die für das vorreformatorische Fastnachtspiel typischen Grenzüberschreitungen zwischen Schauspielern und Rezipienten.10 Grundlage hierfür ist die Verortung im Aufführungsrahmen, wenngleich die Fixierung in Lesehandschriften erfolgt.

      Die Einheit von Publikum, Bühne und Darstellern ist dem Fastnachtspiel des Spätmittelalters selbstverständlich. Die Aufführung vollzieht sich in engstem Kontakt zu den Zuschauern. Die Spieler sprechen die Zuschauer an, gehen (vermutlich) unter sie, werben um