Karolin Freund

Der Theatermonolog in den Schauspielen von Hans Sachs und die Literarisierung des Fastnachtspiels


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Den wil geleich ansprechen ich, Der wird mich je ins Maul nit schlagen, Wil jm von einr schoͤn Frawen sagen, 55 Die ich jm zu kupplen verheiß, Wiewol ich noch selbst keine weiß. Villeicht bring ich durch solche renck Von dem Thumbherrn ein gute Schenk, Daß ich ein weyl mich hab zu speissen. 60 Ich wil jm gehen den possen reissen.

      Die hier vorliegende und für das Fastnachtspiel seltene18 Form des Zutrittsmonologs wird besonders durch die Teichoskopie geprägt, die eine bereits aufgetretene Figur identifiziert. Sie verdeutlicht, dass die Kupplerin den Domherrn anspricht, ohne bereits eine Frau für ihn zu haben. Die Rezipienten erhalten damit einen Informationsvorsprung, den es in der Vorlage nicht gibt und den Sachs bewusst für die Situation und für die weitere Handlungssukzession einsetzt. In der Vorlage erschließt sich die für die Kupplerin prekäre Situation nur aus der Art und Weise, wie sie das Interesse der Frau für den Domherrn zu wecken versucht.

      Der Monolog erscheint zur Wissensvermittlung besonders geeignet, weil es sich um figurenspezifisches Wissen handelt, das sich durch Darstellung von Gedanken enthüllen lässt. Die Monologfunktion liegt hier in der Explikation der Handlungslogik, die sich durch den Entschluss vermittelt. Obwohl der agierenden Figur für ein erfolgreiches Handeln noch nicht die Mittel zur Verfügung stehen, hier eine dem Herrn gegenüber willige Frau, bewirkt der Monolog eine Situationsveränderung. Den Umstand, dass das Handeln trotz fehlender Voraussetzungen erfolgreich sein muss, fängt Sachs durch erneutes Aufzeigen der Handlungsmotive auf, hier also die Notwendigkeit, den Lebensunterhalt verdienen zu müssen. Charakteristisch für den Zutrittsmonolog mit Entschlusscharakter ist, dass er zum einen in einer für Sachs typischen Weise mittels dargestellter Reflexion die Handlungsintention der Figur noch einmal untermauert.19 Zum anderen deutet er eine mögliche Konfliktentwicklung an, indem die Folgen der in Gang gesetzten Handlung durch die agierende Figur nicht mehr vollständig kontrolliert werden können. Durch das eingegangene Risiko baut sich eine potenziell dramatische Spannung auf. Hier liegt ein gewichtiger Unterschied zwischen Bearbeitung und Vorlage, bleibt letztere doch in schlichter Ereignishaftigkeit verankert, deren Eindimensionalität Sachs mittels Monologen aufzulösen versteht.

      Im Anschluss an den Dialog beendet Sachs die zweite Szene mit einem Abgangsmonolog (vv. 121–128) des Domherrn:

Das ist ein vnuerhofftes gluͤck,
Das mir selb waltzet auff den ruͤck.
Wer mag nur die zart Fraw gesein,
Die so bruͤnstig begeret mein?
125 Ich hoff doch, ich woͤlls sehen bald
Die außerwehlt vnd wol gestalt,
Der ich doch gar nit kan vergessen.
Ich wil zu Hauß zu den Fruͤessen.

      Im Wesentlichen liegt die Funktion in der Affirmation von Situation, Motiv und Handlung. Weil die retardierende Konstruktion keine neuen Informationen für die Handlung liefert, lässt sich die Hauptfunktion in der Anordnung im szenischen Gefüge sehen. Der Einsatz des Abgangsmonologes am Ende der Szene plausibilisiert den darauffolgenden Auftritt der Kupplerin, die vor dem Monolog die Bühne verlassen hat, um in der nächsten Szene fernab des Domherrn ihre heimlichen Absichten präsentieren zu können.

      Im anschließenden Auftritt-Abgangs-Monolog der Kupplerin (vv. 129–136) zeigt diese ihre Freude über die gelungene Täuschung des Domherrn:

Die ersten schantz die thett ich treffen,
130 Thett den Narren naͤrren vnd aͤffen:
Ich thett ein Bulschafft jm antragen
Vnd weiß je von keiner zu sagen,
Hab gar kein bfelch von einer Frawen,
Wil gehn am Marckt, nach einer schawen,
135 Ob ich den Reyen moͤcht machen gantz,
Villeicht geredt mir noch ein schantz.

      Neben der wiederholten Feststellung, bisher keine Frau für den Domherrn gefunden zu haben, verkündet die Kupplerin ihren ersten Erfolg, da sie von ihm bereits Geld erhalten hat. Sie fasst nun den Entschluss, weiter ihr Glück zu versuchen und eine Frau zu finden. In gleicher Weise wie im Zutrittsmonolog hat Sachs eine kurze analeptische Reflexion eingearbeitet und die folgende Handlungslogik proleptisch expliziert.

      Als eigene Szene gestaltet, dient der Monolog der Vorbereitung auf die folgende Szene, indem der Entschluss sich mit einer sprachlich vermittelten Lokalisierung des nächsten Schauplatzes verbindet. Handlungsbezogen übernimmt der Monolog die Überleitung zum Ortswechsel auf den Markt.

      In der Vorlage findet sich keine Reflexion der Kupplerin, stattdessen folgt dem Dialog zwischen Domherrn und Kupplerin ein bei Sachs nicht zu findender Dialog zwischen dem Domherrn und einem Boten. Darin wird der Domherr abberufen, um einen Brief zu siegeln. Er versucht zwar, Zeit zu gewinnen, indem er den Boten nicht gleich wieder losschicken will: „Ir mußt ie harren eine kleine zeit.“ (S. 278 v. 26); doch der Bote lässt sich nicht vertrösten, da der Bischof sein Auftraggeber ist. Widerwillig fügt sich der Domherr der Anordnung mit den Worten „So sigel ich des teufels namen.“ (S. 279 v. 1).

      Auch wenn Sachs das Gespräch mit dem Boten nicht übernimmt, bringt er in der fünften Szene in einem Dialog zwischen Kupplerin und Domherrn die wesentlichen Informationen dieses Abschnitts der Vorlage unter. Dem vorangestellt ist die vierte Szene, in der eine Frau mit ihrer Magd zum Marktgeschehen hinzutritt, und ein erneuter Monolog der Kupplerin (vv. 153–163). Sie liefert eine Beschreibung der Frau und den Entschluss, sie für den Domherrn ansprechen zu wollen:

Dort geht ein Fraw, die duͤncket mich
Sey geschmuͤckt auff den Finckenstrich
155 Mit grosser Pleiden, scharpffem Gbendt,
Hat etlich Corelln an der Hendt,
Mantl vnd Schaubn jr alls rebisch staht,
Weiß Stiffel, Pantoͤffelein glat;
Mit