Claudia Matthes

Die Taufe auf den Tod Christi


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also im Sinne eines „Ein- bzw. Untertauchens“ (Akt. und Pass.), aber auch für ein „Versinken in etwas“ bzw. „Überwältigtwerden von etwas“.13 Doch unabhängig davon, ob das Verb wörtlich oder auf einer metaphorischen Ebene verwendet wird, lassen sich zwei Aspekte in sämtlichen Kontexten ausmachen: 1) Sowohl ein vollständiges Eintauchen als auch ein absolutes Überwältigtwerden transportieren ein holistisches Moment – der Mensch ist ganz und gar davon betroffen. Und 2) beschreiben die Texte oft lebensgefährdende oder gar lebensbeendende Szenarien (Versinken im Wasser, Ertränktwerden im Wasser, aber auch das Hineinstoßen eines Schwertes in einen Leib). Ferguson betont in diesem Zusammenhang, dass die Lebensgefährdung nicht durch βαπτίζω selbst benannt wird, sondern als die Wirkung des jeweiligen „Eintauchens“ bzw. „Überwältigwerdens“ dargestellt wird: „… such was the effect of the submerging and one could substitute the effect for the action, but that was a secondary application.“14

      Es ist nun zu fragen, ob die neutestamentlichen Texte auf die gleichen Bedeutungsebenen und -aspekte von βαπτίζω rekurrieren.

      1.2.2 Der neutestamentliche Gebrauch

      Die neutestamentlichen βαπτίζω-Stellen – und der Einfachheit halber sollen hier auch schon τό βάπτισμα, ὁ βαπτισμός und ὁ βαπτιστής mitverhandelt werden – lassen sich vier Kontexten zuordnen: 1) die Taufe des Johannes1 und 2) die christliche Taufe.2 3) Mk 7,2–4 und Lk 11,38 sprechen – wie aus dem Kontext deutlich hervorgeht – vom Reinigen, also Säubern von Geschirr bzw. den Händen und beziehen sich dabei auf jüdische Reinheitsvorschriften. Lediglich an diesen beiden Stellen wird βαπτίζω zweifelsfrei unabhängig von der Taufe verwendet.3 4) Es verbleiben einige wenige andere Textstellen, welche in irgendeiner (meist übertragenen) Weise auf die christliche Taufe Bezug zu nehmen scheinen oder mit dieser assoziiert werden: In diesem Sinne diskutiert wird etwa 1Kor 10,2, wo der Durchzug durch das Rote Meer mit einem Getauftwerden εἰς τὸν Μωϋσῆν […] ἐν τῇ νεφέλῃ καὶ ἐν τῇ θαλάσσῃ verbunden wird.4 Schließlich spricht Jesus in Mk 10,38f von einem ihm noch bevorstehenden τὸ βάπτισμα und scheint diesen über die Parallele mit dem Kelch mit seinem Tod zu assoziieren: δύνασθε […] τὸ βάπτισμα ὃ ἐγὼ βαπτίζομαι βαπτισθῆναι; (Mk 10,38).5 Sodann ist die von Johannes angekündigte Taufe (ἐν) πνεύματι ἁγίῳ (καὶ πυρί) (Mk 1,8parr) zu nennen. Da sie aber einen eindeutigen Christusbezug hat, soll sie im Rahmen der christlichen Taufe verhandelt werden.

      1.2.2.1 Die Taufe des Johannes1

      Das Handeln des Johannes ist für seine Zeitgenossen so charakteristisch, dass er den Beinamen ὁ βαπτιστής, der Täufer, erhält.2 Der Vorgang des Taufens wird ausschließlich mit dem Verb βαπτίζω beschrieben und von Johannes zudem als eine Taufe ὕδατι qualifiziert, was zusammen mit der Angabe, dass sie im Jordan vollzogen wird, zunächst für eine wörtliche Deutung von βαπτίζω spricht: Der Täufling wird durch Johannes im Wasser des Jordans untergetaucht. Da ein bloßes Eintauchen auch über βάπτω wiedergegeben werden könnte, scheint der einheitliche Gebrauch von βαπτίζω auf einer Betonung des dem Intensivum eignenden Moment eines vollständigen Untertauchens zu liegen. Ob hierbei ebenfalls das Gefahren- bzw. lebensbedrohende Element mitschwingt, welches den profanen Gebrauch von βαπτίζω prägt, ist allein auf der grammatikalisch-kontextuellen Ebene nicht zweifelsfrei zu entscheiden und daher an späterer Stelle zu klären.3

      Der auffällige synoptische wie textkritische Befund bezüglich des Johannes zugeschriebenen Vergleiches seiner Taufe mit der Taufe dessen, der nach ihm kommen wird, stellt diese erste Bedeutungszuweisung allerdings noch einmal zur Diskussion: Wenn βαπτίζω als Terminus technicus gewählt wird, um eine Taufe zu bezeichnen, was genau soll man sich dann darunter vorstellen bzw. mithören? Denn Johannes beschreibt nach den Synoptikern von sich aus – in Joh auf die Frage nach dem Grund seines Taufens hin – die Eigenart seiner Taufe mit Hilfe des Vergleiches mit einer anderen Taufe: ἐγὼ ἐβάπτισα ὑμᾶς ὕδατι, αὐτὸς δὲ βαπτίσει ὑμᾶς ἐν πνεύματι ἁγίῳ (Mk 1,8) bzw. ἐν πνεύματι ἁγίῳ καὶ πυρί (Mt 3,11; Lk 3,16).4 Anzahl wie Art der textkritischen Varianten sprechen für den Diskussions- und Interpretationsbedarf der Formulierung: Johannes tauft ὑμᾶς ὕδατι (Mk 1,8; Lk 3,16) bzw. (ὑμᾶς …) ἐν ὕδατι (Mt 3,11; Joh 1,26.31.33).5 Außerdem findet sich noch die textkritische Variante ἐν τῷ ὕδατι (Joh 1,31.33).6 Von dem, der nach ihm kommen wird, bezeugt Johannes, dass er taufen wird: ἐν πνεύματι ἁγίῳ (Mk 1,8; Joh 1,33) bzw. ἐν πνεύματι ἁγίῳ καὶ πυρί (Mt 3,11; Lk 3,16). Als gewichtige textkritische Variante ist πνεύματι ἁγίῳ (Mk 1,8) zu erwähnen, die so qualitativ und quantitativ gut bezeugt ist,7 dass sie bis zur 25. Auflage die von Nestle/Aland bevorzugte Variante darstellt.

      Zunächst ist festzuhalten, dass sämtliche hier aufgeführten Belege und Varianten grammatikalisch möglich und zumeist bedeutend und gleichwertig bezeugt sind. Zu fragen bleibt also, ob die Konstruktionen mit und ohne Präposition ἐν bzw. mit und ohne Artikel τῷ unterschiedliche Bedeutungsnuancen anzeigen und damit auch auf unterschiedliche Bedeutungsebenen von βαπτίζω abheben. An dieser Stelle ist noch zu erwähnen, dass neben diese Formulierungen zu Mittel bzw. Ort der Taufe die beiden Formulierungsmöglichkeiten zum Zweck treten, welche entweder auf die gleiche Präposition zurückgreifen oder ganz auf eine Präposition verzichten: μετανοίας εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν (Mk 1,4; Lk 3,3) bzw. ἐν ὕδατι εἰς μετάνοιαν (Mt 3,11).

      Der Dativ ὕδατι wird klassischerweise als Dativus instrumentalis bestimmt, welcher das Mittel zur Durchführung angibt: Getauft wird mit Hilfe bzw. unter Verwendung von Wasser.8 Dies würde eine Verwendung von βαπτίζω als klar bestimmten Terminus technicus voraussetzen, welcher dann identisch auf die andere Taufe angewendet wird, die nur mit einem anderen „Mittel“ vollzogen würde. Denn eine vergleichbare Konstruktion ist für das profane Griechisch nicht belegt. Vorstellbar wäre m.E. auch ein Dativus loci (Frage: „Wo bzw. worin wird der Täufling getaucht?“ Antwort: „In Wasser.“), der zudem auf beide wörtlichen Bedeutungsebenen von βαπτίζω referieren könnte (getaucht werden in bzw. überschwemmt werden von).9

      Bezieht sich die Variante ἐν ὕδατι auf βαπτίζω, kann ἐν instrumental verstanden werden, da Dative mit und ohne ἐν oft als sinngleiche Alternativen auftreten.10 Doch auch die klassische Bedeutung „in“ (auf die Frage „Wo?“) ist für die Koine belegt, gerade bei Autoren, welche ἐν und εἰς vermischen.11 Legt man das in den Evangelien beschriebene Szenario, also die Taufe „im Jordan“, zu Grunde und zieht sodann die beiden wörtlichen12 Bedeutungsvarianten heran („untergetaucht Werden in“ bzw. „überschwemmt Werden von“, wobei sich auf Grund der Handlung des Täufers hier klar für erstere zu entscheiden ist), scheint eine lokale Deutung näherliegend: Johannes taucht im Jordan, also in Wasser, seine Täuflinge komplett unter.

      Eine instrumentale Deutung gerät erst dort in den Blick, wo die andere Taufe als ἐν πνεύματι ἁγίῳ καὶ πυρί qualifiziert wird, üblicherweise übersetzt als: mit dem Heiligen Geist und mit Feuer. Diese instrumentale Deutung der anderen Taufe erweist sich jedoch keineswegs als notwendig, geschweige denn zwingend. Vielmehr ist sowohl eine lokale Deutung der Geist- und Feuertaufe als auch eine übertragene Bedeutungsebene von βαπτίζω zu erwägen. Die Taufe ἐν πνεύματι ἁγίῳ ist wie bereits erwähnt für alle vier Evangelien belegt – καὶ πυρί lediglich für Mt und Lk. Wie auch einiges weitere Material, etwa die Vorstellung vom Verbrennen von unfruchtbaren Bäumen bzw. von Spreu im unmittelbaren Kontext, scheinen diese Traditionen der Quelle Q zugeordnet werden zu können. Die Kontextualisierung legt nun die Deutung nahe, dass es sich eigentlich