Claudia Matthes

Die Taufe auf den Tod Christi


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welches ein „Tauchen“ anklingen lässt, erinnert bis heute daran.

      2 Die sog. Taufformel(n)

      Die neutestamentliche Forschung hat in den unterschiedlichen Schriften des NTs und deren Kontexten eine sog. „Taufformel“ ausgemacht, deren Herkunft sowie Deutung allerdings bisher nicht eindeutig aufgewiesen werden konnte. Einer der Hauptgründe dafür dürfte neben den sehr unterschiedlichen Kontexten ihres Vorkommens v.a. der Variantenreichtum der vermeintlichen Formel sein. Erkärungsversuche dazu nehmen zumeist eine Entwicklung an: von einer einfachen, kürzeren Version hin zu einer abstrakteren, längeren.

      Die folgende Untersuchung wird jedoch aufweisen, dass es sich bei βαπτίζω εἰς Χριστόν (im Folgenden: εἰς-Taufformel) und βαπτίζω εἰς τὸ ὄνομα Χριστοῦ (im Folgenden: ὄνομα-Taufformel) um zwei grundlegend verschiedene Taufformeln handelt.1

      2.1 βαπτίζειν εἰς Χριστὸν

      2.1.1 Textstellen

      Die Formulierung βαπτίζω εἰς XY findet sich an vier Stellen in den Paulusbriefen, wovon drei eindeutig auf die christliche Taufe referieren: ὅσοι ἐβαπτίσθημεν εἰς Χριστὸν Ἰησοῦν (Röm 6,3b), ὅσοι γὰρ εἰς Χριστὸν ἐβαπτίσθητε (Gal 3,27a), γὰρ ἐν ἑνὶ πνεύματι ἡμεῖς πάντες εἰς ἓν σῶμα ἐβαπτίσθημεν (1Kor 12,13). Fraglich ist, inwieweit die Formulierung πάντες εἰς τὸν Μωϋσῆν ἐβαπτίσθησαν ἐν τῇ νεφέλῃ καὶ ἐν τῇ θαλάσσῃ (1Kor 10,2), welche der Kontext selbst als τύπος ausweist (1Kor 10,6), lediglich phänomenologisch oder auch sprachlich mit der εἰς-Taufformel in Zusammenhang zu sehen ist.1 Die einzige Stelle außerhalb des Corpus Paulinum stellt sogleich einen Sonderfall dar, insofern die Frage εἰς τί οὖν ἐβαπτίσθητε; (Apg 19,3) wie auch die Antwort nicht auf eine Person, sondern eine nähere Qualifizierung bzw. Benennung der Taufe zielen: εἰς τὸ Ἰωάννου βάπτισμα. (Apg 19,3). Zudem wird das sich anschließende Taufgeschehen mit der – für Apg typischen – ὄνομα-Taufformel beschrieben (Apg 19,5).

      Demnach finden sich alle klar auf die christliche Taufe zielenden εἰς-Taufformeltexte in den paulinischen Briefen und haben Christus bzw. eine äquiva­lente Bezeichnung als personales Objekt. Die εἰς-Taufformel ist damit die von Paulus offensichtlich präferierte Formel zur christlichen Taufe, denn obwohl 1Kor 1,13.15 (εἰς τὸ ὄνομα Παύλου bzw. εἰς τὸ ἐμὸν ὄνομα) dafür spricht, dass Paulus die ὄνομα-Taufformel kennt, verwendet er sie in keiner einzigen Textstelle in ihrer eigentlichen Form, also mit Christus als Objekt.

      2.1.2 Deutungen

      Die Forschungsliteratur bietet eine große Vielfalt an Deutungsversuchen zur εἰς-Taufformel – zumeist als Interpretation des Geschehens oder auch der Wirkung der christlichen Taufe. Hier kann lediglich ein Überblick über die Posi­tionen und die jeweils zugrundeliegenden Argumentationen gegeben werden:

      1) Die εἰς-Taufformel bietet noch keine „bestimmte Deutung der christlichen Taufe“,1 da sie etwa in 1Kor 10,2 auch auf Mose angewendet werden kann.

      2) Über die εἰς-Taufformel wird das Verhältnis des Täuflings zu Christus ausgesagt. Je nach Kommentator und Text ist etwa die Rede allgemein von der Herstellung einer Beziehung (1Kor 12,13),2 von „der außerordentlichen Enge“ dieser Beziehung und „wesenhaften Gemeinschaft zwischen dem Getauften und Christus“ (Gal 3,27)3 oder auch von einer „Schicksalsgemeinschaft mit Christus“ (Röm 6,3)4.

      3) Die εἰς-Taufformel ist lokal-bildhaft zu deuten. Entweder wird für sämtliche Textstellen ein lokales Verständnis angenommen5 oder aber mit Blick auf 1Kor 10,2, welches kaum lokal verstanden werden kann,6 nur für einzelne.7 Z.B. wird 1Kor 12,13 als Hineintaufen bzw. -tauchen in den Leib gedeutet8 oder Gal 3,27 als mystisches Eintauchen in Christus.9 Ob dies von Mysterienreligionen beeinflusst ist, bleibt umstritten.10

      4) Die εἰς-Taufformel verweist auf Christus bzw. sein Leiden, Sterben und Auferstehen als dem Urgrund der Taufe. Delling versucht diese Deutung nicht allein für Röm 6,3 (Taufe auf seinen Tod hin) und Gal 3,27 (Gewand als das die Existenz Bestimmende), sondern auch für 1Kor 10,2 (Mose als die Sigle des rettenden Handeln Gottes) zu plausibilisieren.11

      Insgesamt lässt sich feststellen, dass die wenigsten Exegeten eine Interpretation für sämtliche Textstellen bieten, sondern entweder verschiedene Aspekte innerhalb der einen Formel ausmachen, welche jeweils aus dem Kontext zu erheben sind,12 oder gar von verschiedenen Formeln bzw. Traditionen ausgehen.13 Alternativ wäre zu fragen, ob nicht Paulus weniger auf unterschiedliche Traditionen bzw. Aspekte zurückgreift als diese vielmehr aus einer noch relativ bedeutungsoffenen formelhaften Wendung heraus kontextuell entwickelt und auf diese Weise erst prägt.

      2.1.3 Funktionen

      Je nach Deutung der εἰς-Taufformel wird ihr in der Literatur eine entsprechende Funktion bzw. ein Sitz im Leben zugeordnet:

      1) Die εἰς-Taufformel dient (lediglich) der Unterscheidung von anderen Taufen.1 Nach Haacker spricht etwa Apg 19,3 für eine entsprechende Abgrenzung von der Johannestaufe.2

      2) Die εἰς-Taufformel wird im Kontext der Taufe gesprochen.3 Vorstellbar wäre die Funktion eines Taufrufes,4 eines Heilszuspruches5 oder auch einer Aussage durch die Frischgetauften.6 Hellholm meint, den unterschiedlichen von ihm identifizierten Traditionen sogar unterschiedliche Stellen und Funktionen in der Taufliturgie zuschreiben zu können.7

      2.1.4 Einzelaspekte

      Die Vielfalt der Deutungen und Funktionszuweisungen scheint einerseits durch die Kürze der Formel und die unterschiedlichen Verwendungskontexte begünstigt zu sein. Andererseits spricht die Art und Weise, wie Paulus die Formel in den Tauftexten anführt, dafür, dass sie von Paulus selbst als erläuterungsbedürftig angesehen wird. Folgende fünf Aspekte lassen sich aber dennoch für sämtliche paulinischen εἰς-Taufformeltexte feststellen:

      1) Die εἰς-Taufformel wird mit unterschiedlichen Personen formuliert. Hellholm leitet daraus ab, dass diejenigen in der 1. Person formulierten innerhalb der Taufliturgie von den Neugetauften, die in der 2. Person konstruierten vom Täufer bzw. seinen Assistenten gesprochen werden.1 Dies stellt m.E. eine Überinterpretation dar und hat zudem die von Hellholm rekonstruierten insgesamt fünf unterschiedlichen Tauftraditionen zur Voraussetzung. Ausgehend davon, dass es sich um eine formelhafte Wendung βαπτίζω εἰς handelt, ist eher festzustellen, dass sie in der Zeit des Paulus noch für situative Umformulierungen offen ist, wie es nicht allein der Wechsel zwischen 1. und 2. Person verdeutlicht,2 sondern auch die Sonderform ἡμεῖς πάντες εἰς ἓν σῶμα ἐβαπτίσθημεν (1Kor 12,13) erkennen lässt, welches von den meisten Exegeten aus der Diskussion herausgehalten wird, weil es nicht der vermeintlich festen Formel βαπτίζω εἰς Χριστόν folgt.

      2) Die εἰς-Taufformel wird stets im Plural formuliert.3 Bisher kaum Beachtung in der Literatur findet die Tatsache, dass keine einzige der paulinischen Taufformelstellen den Singular verwendet, was zu erwarten wäre, will man der Formel einen festen Sitz im Leben innerhalb der Taufliturgie zuweisen – ob nun vom Täufer oder vom Täufling gesprochen. Demnach hat die plurale Formel eine andere Funktion oder wird entsprechend von Paulus umformuliert. Beides ist vorstellbar, blickt man auf die den Formelstellen folgenden paulinischen Aussagen, welche der Taufe nicht allein persönliche, vertikale Wirkungen zuschreiben, wie sie die allermeisten Exegeten in der Formel ausgedrückt sehen, sondern auch verschiedene soziale,