Claudia Matthes

Die Taufe auf den Tod Christi


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ein rein instrumentales Verständnis behauptet, steht dies nicht nur gegen die Kontextualisierung des Traditionsgutes aus Q, sondern auch singulär gegen den sonstigen profanen Gebrauch.

      Doch unabhängig davon, ob man es lokal oder instrumental verstehen will, sind beide Verwendungsweisen sowohl für ὕδατι als auch für ἐν ὕδατι möglich. Man könnte nun die Version, welche Mk und Lk bezeugen, bezüglich des Präpositionsgebrauchs für ursprünglicher halten: ὕδατι, aber ἐν πνεύματι ἁγίῳ (καὶ πυρί). Mt und Joh wären dann z.B. als Versuch einer Parallelisierung zu lesen: ἐν ὕδατι und ἐν πνεύματι ἁγίῳ (καὶ πυρί). Die zu Mk 1,8 gut bezeugte Variante ἐν ὕδατι könnte dann als bewusste Abänderung im Rahmen dieses Prozesses eingeordnet werden.14 Da eine wesentliche Verbesserung des Griechischen weder in die eine noch in die andere Richtung festzustellen ist, bleiben m.E. für die zunehmende Vereinheitlichung (für beide Taufen) mit der Tendenz zu ἐν lediglich zwei mögliche Erklärungen: Es entwickelt sich nach und nach eine Vorstellung von Taufe im Allgemeinen bzw. den benannten Taufen im Spe­ziellen, die zu einem Verständnis βαπτίζω ἐν tendiert, oder aber ein weiterer Faktor, etwa eine geprägte Sprachtradition, überformt die ursprünglichen (divergierenden) Formulierungen.15

      Verbleibt die Frage nach dem Zweck der Johannestaufe: μετανοίας εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν (Mk 1,4; Lk 3,3) bzw. εἰς μετάνοιαν (Mt 3,11).16 Auch an dieser Stelle ist der Sprachgebrauch unterschiedlich. Gerade εἰς mit Akkusativ kann in übertragenem Sinne Bestimmung und Ziel einer Handlung ausdrücken. Für das Ritual kann auf diese Weise etwa nicht allein der Zweck, sondern auch die Wirkung beschrieben werden.

      Darüber hinaus tragen die Texte zur Taufe Jesu durch Johannes nur wenig zur Klärung des βαπτίζω-Begriffes bei, abgesehen von folgenden beiden Punkten: Der Vermerk βαπτισθεὶς δὲ ὁ Ἰησοῦς εὐθὺς ἀνέβη ἀπὸ τοῦ ὕδατος (Mt 3,16) bestätigt, dass die Johannestaufe zunächst als ein komplettes Untertauchen im Wasser vorgestellt wird, aus dem der Täufling dann wieder auftauchen muss. Der zweite Aspekt betrifft den Geist, der hier bereits mit der Taufe Jesu durch Johannes in Verbindung gebracht wird.17 Es stellt sich nun die Frage, ob sich die Texte zur christlichen Taufe durch eine größere Klarheit in ihrem βαπτίζω-Gebrauch auszeichnen.

      1.2.2.2 Die christliche Taufe

      Zur Erwähnung wie Beschreibung der christlichen Taufe bedienen sich die neutestamentlichen Autoren – wie schon bei der Johannestaufe – ausschließlich βαπτίζω bzw. βάπτισμα. Da die Mehrheit der Stellen im Passiv formuliert ist, findet man den zu Taufenden bzw. bereits Getauften gewöhnlich als Subjekt von βαπτίζω und den Täufer bestimmt durch die Präposition ὑπό. Die übrigen Aussagen zur christlichen Taufe lassen sich in drei wesentliche Kategorien einteilen: 1) der Zweck der Taufe, 2) die Wirkung der Taufe, 3) sonstige Erläuterungen.

      1) Als Zweck der Taufe findet sich die – formal wie inhaltlich der Johannestaufe gleiche – Angabe εἰς ἄφεσιν τῶν ἁμαρτιῶν ὑμῶν (Apg 2,38) bzw. die Bestimmung ὑπὸ τῶν νεκρῶν (1Kor 15,29).

      2) Es fällt auf, dass die Vielfalt der Äußerungen zur intendierten Wirkung der Taufe mit einer großen Diversität der Formulierungen v.a. der Präpositionen einhergeht:1 eine Einheit der Getauften (πάντες εἰς ἓν σῶμα [1Kor 12,13], πάντες γὰρ ὑμεῖς εἷς ἐστε ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ [Gal 3,28]), eine Relativierung oder Negierung der Unterschiede zwischen den Getauften (εἴτε Ἰουδαῖοι εἴτε Ἕλληνες εἴτε δοῦλοι εἴτε ἐλεύθεροι [1Kor 12,13], οὐκ ἔνι Ἰουδαῖος οὐδὲ Ἕλλην, οὐκ ἔνι δοῦλος οὐδὲ ἐλεύθερος, οὐκ ἔνι ἄρσεν καὶ θῆλυ [Gal 3,28]), die Gabe des Heiligen Geistes (λήμψεσθε τὴν δωρεὰν τοῦ ἁγίου πνεύματος [Apg 2,38])2, ein Abwaschen der Sünden (ἀπόλουσαι τὰς ἁμαρτίας σου [Apg 22,16]), allerdings nicht von Schmutz (οὐ σαρκὸς ἀπόθεσις ῥύπου [1Petr 3,21]), oder ganz allgemein die Rettung (βαπτισθεὶς σωθήσεται [Mk 16,16], σῴζει βάπτισμα [1Petr 3,21]3).

      3) Die sonstigen Erläuterungen und Interpretationsansätze, welche neutestamentliche Stellen zur Taufe bieten, lassen sich inhaltlich gruppieren: Zu besonderen Umständen oder Rahmenbedingungen ist relativ wenig bekannt.4 Deutlich wird, dass wirklich alle getauft werden können.5 Jeder Täufling kommt – im Zusammenhang mit der Taufe – in eine Relation zum Heiligen Geist.6 Durch die Taufe wird ein besonderes Verhältnis zwischen Täufling und Christus hergestellt.7 Dieses wird an einigen Stellen mit der Formel εἰς τὸ ὄνομα Χριστοῦ (im Folgenden: ὄνομα-Taufformel) zum Ausdruck gebracht.8

      Des Weiteren fällt ins Auge, dass βαπτίζω wie τὸ βάπτισμα sich in unterschiedlichen Mikrokontexten sowie grammatikalischen Konstruktionen wiederfinden. Es ist zu fragen, ob dies auf unterschiedliche wörtliche und metaphorische Bedeutungsebenen sowie mehrere Bedeutungsspektren speziell von βαπτίζω verweist. Dies stünde allerdings gegen die beinahe unwidersprochende These, dass beide als Termini technici9 verwendet werden. Aber auch angesichts des divergierenden Präpositionsgebrauchs und der vielfältigen Wirkungsbestimmung ist diese These am Ergebnis einer eingehenden Exegese der v.a. semantischen Eingebundenheit der βαπτίζω- / τὸ βάπτισμα-Stellen in den jeweiligen Kontext zu prüfen. Vorstellbar wäre für die Entstehungszeit mindestens der frühen neutestamentlichen Schriften etwa auch eine Etablierung der christlichen Taufe insoweit, dass βαπτίζω und τὸ βάπτισμα zwar als Termini technici für das Ritual Verwendung finden, sie aber als Begriffe noch nicht so geprägt und entwickelt sind, dass sie als eindeutig und v.a. losgelöst von den (verschiedenen) sprachlichen Verwendungsweisen und Bedeutungsspektren der Wortwurzel und ihres umgangssprachlich-zeitgenössischen Gebrauchs gelten können. Diskutiert man dies etwa für Paulus, so wäre weiterhin zu differenzieren zwischen der Korrespondenz mit von ihm gegründeten Gemeinden, für welche ein gemeinsames Verständnis zu vermuten ist, da sie ihre Vorstellungen von christlicher Taufe im Wesentlichen wohl aus seiner eigenen Verkündigung bezogen haben, und der Korrespondenz mit Gemeinden, welche er nicht selbst ggründet hat, wie z.B. derjenigen in Rom.

      1.3 Übersetzungstraditionen

      Wohl Bezug nehmend auf die Vulgata, welche βαπτίζω entlehnt und als baptizare für die johanneische wie die christliche Taufe wiedergibt, verwenden die romanischen Sprachen für den Akt des Taufens sowie das Ritual selbst jeweils auf βαπτίζω zurückgehende Lehnwörter: franz. – baptiser / baptême; span. – bautizar / el bautismo; port. – batizar / batismo; ital. – battezzare / il battesimo. Aber auch andere Sprachen, wie nicht zuletzt das Englische (baptize / baptism), verzichten auf eine eigene Bezeichnung und entlehnen den griechischen Begriff.

      Nicht so das Deutsche: Dass man heute „taufen/Taufe“ als Terminus technicus für das christliche Ritual verwendet, geht letztlich auf Wulfila zurück, welcher βαπτίζω mit dem gotischen daupjan wiedergibt. „Durch got. Arianer oder griech. Kaufleute dringt das got. Verb donauaufwärts (5. Jh.) ins Bair[ische, CM], von wo aus es sich im Kontinentalgerm[anischen, CM] weiter verbreitet.“1 Doch das germanische Verb toufen (mhd. toufen, töufen; asächs. dopian; mnd. döpen; nl. dopen;2 heutiges Sächsisch ditschen) behält lange neben dem christlichen „Taufen“ noch eine zweite Bedeutung bei, nämlich das profane „(Unter-)tauchen“, welches in der ursprünglichen Bedeutung „tief machen“3 wurzelt. Im Deutschen hat sich damit ein eigenständiger Begriff entwickelt und erhalten, welcher die