Claudia Matthes

Die Taufe auf den Tod Christi


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Verwendung finden und sich zugleich als klassische Motive erweisen, wie sie auch bei anderen, jüdischen wie nichtjüdischen Ritualdeutungen begegnen: „Leben-Tod(-Leben)“; „Freiheit/Befreiung“; „Leib/Einheit“; „Erbe/Sohn“; „Name“.

      Kapitel VI „Die christliche Taufe als Ritual. Eine Zusammenfassung“ bündelt die Ergebnisse aus den unterschiedlichen Untersuchungsschritten in einer umfassenden Beschreibung und Interpretation der christlichen Taufe an Hand der sieben Ritualaspekte.

      3.3 Begriffliche Differenzierungen

      Die Forschungsliteratur zum Thema Ritual konnte sich bisher nicht auf einen einheitlichen Sprachgebrauch bezüglich bestimmter Fachtermini einigen. Dieses Problem potenziert sich zusätzlich durch die Übertragung englischer Begrifflichkeiten ins Deutsche. Unabhängig von den teilweise vehement geführten Auseinandersetzungen darüber gelten für die Untersuchung folgende begriffliche Differenzierungen:

      1) rituell – ritologisch: „Rituell“ bezeichnet Eigenschaften, welche eine Handlung als Ritual kennzeichnen bzw. prägen. „Ritologisch“ hebt auf die ritualtheoretische und demnach methodische Ebene einer Fragestellung ab.

      2) Ritual – Ritus: Die gelegentlich anzutreffende Differenzierung zwischen „Ritus“ als kleinster Sinneinheit bzw. Handlungsbestandteil und „Ritual“ als dem Gesamtgeschehen1 bleibt letztlich schwierig, da bspw. dieselbe rituelle Handlung sowohl als eigenständiges „Ritual“ existieren und gleichzeitig als Teil eines größeren rituellen Zusammenhanges und somit „Ritus“ vorkommen kann.2 Zudem trägt eine derartige Unterscheidung nichts zur Beschreibung und Interpretation der in der Arbeit untersuchten Rituale bei. Daher wird im Folgenden durchgehend von Ritual gesprochen und damit jede Art ritueller Handlung bezeichnet.3

      3) Taufe – Tauchbad: Auch wenn Ferguson, welcher eine der ausführlichsten unter den aktuellen Untersuchungen zur Taufe vorgelegt hat,4 es nicht für erforderlich zu erachten scheint und sowohl die christliche Taufe als auch das Proselytentauchbad unter den Oberbegriff „baptism“ fasst, so unterscheidet die folgende Studie durchaus zwischen einer von einem Täufer vollzogenen „Taufe“ und einem selbstständigen „Tauchbad“ ohne Hilfe oder Zutun einer anderen Person.

      3.4 Fragestellungen der Arbeit

      Folgende Fragen seien der Studie vorangestellt:

      1) Die christliche Taufe als Ritual in der Zeit und Wahrnehmung des Paulus: Wie lässt sich die Taufe als Ritual charakterisieren? Welche Aspekte zeichnen sie in besonderer Weise aus und machen sie als Ritual unverwechselbar? In welcher Funktion wird die Taufe von der christlichen Gemeinde vollzogen? Welche Bedeutungsaspekte werden von Paulus durch seine vielfältige, bildreiche Sprache betont, welche hingegen abgelehnt? Nimmt die Bedeutung der Taufe dabei Bezug auf den Ritualablauf oder sind beide unabhängig voneinander zu verstehen? In welchen Bereichen seines dogmatischen wie ethischen Denkens verortet Paulus die christliche Taufe?

      2) Die Entstehung der christlichen Taufe in ihrem rituellen Kontext: Welche Rituale können als „Vorläufer“ der christlichen Taufe gelten? In welcher Weise übernimmt die christliche Taufe Ritualaspekte von diesen? Wie grenzt sie sich auch von ihnen ab? Zu welchen anderen Ritualen steht die Taufe in welcher Art von Relationen?

      Kapitel II: Begrifflichkeiten

      1 βάπτω und βαπτίζω

      1.1 βάπτω

      Βάπτω wird in den biblischen Schriften ausschließlich im wörtlichen Sinn gebraucht und meint da: Eintauchen, Untertauchen oder Färben. In der LXX steht es meist als Übersetzung für טבל und bezeichnet das Eintauchen verschiedener Kleidungsstücke, eines Ysopbündels, eines Fingers, eines Fußes oder auch Brotes und zwar in Wasser (Num 19,18; 2Kön 8,15), Blut (Gen 37,31; Ex 12,22; Lev 4,6.17), Öl (Lev 14,16; Dtn 33,24), Honig (1Sam 14,27) bzw. eine Grube (Hiob 9,31).1 Neutestamentlich begegnet das Verb βάπτω gesichert lediglich an zwei Stellen: Der reiche Mann bittet, der arme Lazarus möge doch zu ihm gesandt werden, ἵνα βάψῃ τὸ ἄκρον τοῦ δακτύλου αὐτοῦ ὕδατος (Lk 16,24); beim Abschiedsmahl in Joh taucht Jesus einen Bissen ein und gibt ihn Judas, der ihn verraten wird (Joh 13,26).2

      Im klassischen und hellenistischen Griechisch finden sich ganz ähnliche Kontexte, wenn dort auch die andere Bedeutung „Färben“ häufiger anzutreffen ist.3 Zudem begegnen hier verschiedene metaphorische Gebrauchsweisen: Härten von Metall, Färben im weiteren Sinne oder auch Besprengen bzw. Färben durch Besprengen. Ferguson schließt auf der Grundlage vieler von ihm analysierter antiker Texte daher, dass βάπτω „no idea of submerge or immersion“4 erkennen ließe. Dem ist insofern zu widersprechen, als etymologisch βαπτώ mit „awno. kvefja ‚niederdrücken, untertauchen, ersticken‘ (wozu aschwed. kvaf n. ‚Tiefe‘ u.a.) gleichgesetzt“5 wird. Entsprechend erklärt sich die etwas ungewöhnliche Nebenform βύπτειν „unschwer als eine Neubildung nach δύπτειν (s. δύω) oder […] nach dem gewöhnlichen und bedeutungsverwandten κύπτειν.“6

      Insofern βάπτω letztlich „fast ausschließlich übertragen = ‚färben‘ benutzt“7 wird, tritt „[d]ie erweiterte Verbform βαπτίζω = ‚(ein)tauchen, taufen‘ (Hp. Pl., hell. u. spät) […] an die Stelle von βάπτω“.8 So verwendet etwa auch Josephus βάπτω ausschließlich im Sinne von „Färben“ und βαπτίζω für das „Ein-/Untertauchen“ von Personen und Gegenständen. Doch worin unterscheiden sich βάπτω und βαπτίζω?

      1.2 βαπτίζω

      1.2.1 Verwendungsweisen allgemein

      Laut Oepke ist βαπτίζω das Intensivum, welches „Versenken“ (Akt.) bzw. „Versinken, Umkommen“ (Pass.) bedeuten kann und im übertragenen Sinne als „an den Rand des Verderbens bringen“ gebraucht wird. Ferguson dagegen zieht teilweise noch andere Beispiele aus dem antiken wie hellenistischen Griechisch heran und kommt zu dem Schluss: „Where there was a difference, baptizō involved a more thorough and lasting submersion than baptō. In some cases βαπτίζω refers to a condition of being under or surrounded (covered) by something (usually a liquid) regardless of the action than brought about the state or condition […].“1

      Im Normalfall ist es Wasser, in dem jemand ertrinkt bzw. ertränkt wird,2 in welchem ein Schiff versinkt, weil es überladen wurde,3 oder das z.B. Agamemnon für seinen Freitod wählt.4 Für diesen wörtlichen Gebrauch von βαπτίζω fasst Ferguson zusammen: „Since being under water was associated with drowning or sinking, many of the uses of βαπτίζω are in a context of (potential) destruction, but destruction does not inhere in the word itself, as is shown by the metaphorical uses.“5 Von der Assoziation „überflutet, überschwemmt werden“ herkommend, wird βαπτίζω auf metaphorischer Ebene verwendet im Sinne von: Überwältigt werden von Trunkenheit, Begierden, aber auch Krankheiten oder Schulden. „In these figurative uses the point of comparison is not the manner of application of the element that overwhelms but the completeness of the effect or result. The use of baptizō does emphasize a total submersion […].“6 Ob nun in einem wörtlichen oder auch metaphorischen Sinne verwendet, bliebe die Grundbedeutung jedoch die gleiche: „being covered or overwhelmed“.7

      Fragt man nach der Verwendung von βαπτίζω im Kontext von Waschungen, so lassen sich nur sehr vereinzelt Beispiele finden8 – diese zumeist in sakralen Zusammenhängen. Als Mittel für eine gesunde Lebensweise, gegen Furcht oder in anderen magischen Zusammenhängen wird βαπτίζω gelegentlich synonym zu (ἀπο)λούω oder als „Eintauchen“ verwendet. Indem man auf der wörtlichen Ebene bleibt, wohnen solchen Ritualen zwar die Motive des Waschens, Reinigens bzw. auch der Lebenssteigerung bis hin zur Unsterblichkeit inne, sie haben „jedoch nicht sakraltechnischen Sinn“9 angenommen.

      Die LXX verwendet an lediglich vier Stellen βαπτίζω: