C. M. Spoerri

Unlike: Von Goldfischen und anderen Weihnachtskeksen


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Ohren und ließ meine Nackenhaare aufstellen.

      Hannes drückte sich mit einer Flasche Wasser an mir vorbei und faselte etwas von »gutem Wasser« und »das ist Evan«.

      Aber meine Augen waren fest auf die junge Frau gerichtet, die mich ihrerseits ansah, als befände sie sich in Schockstarre.

      Sie war eigentlich ganz niedlich, die Kleine. Nicht zu groß, nicht zu klein, nicht zu dick, nicht zu dünn. Ihre braunen Haare waren schulterlang und glänzten leicht im fahlen Licht, das in Hannes' Apartment herrschte. Sie hatte grüne Augen – nichts Besonderes, aber es passte irgendwie zu ihr. Ihre Stupsnase war mit Sommersprossen übersät und ihre Haut hatte einen blassen Teint. Sie gehörte wahrscheinlich zu der Sorte Menschen, die kaum zehn Minuten in der Sonne bleiben konnten, ohne sich eine Verbrennung zehnten Grades zu holen (oder ersten Grades? Egal). Ihre Kleidung war schlicht, wirkte aber dennoch teuer. Dunkle Jeans und eine weiße Bluse, dazu schwarze Chucks.

      Ja, sie könnte wirklich in mein Beuteschema passen …

      Verdammt! Falscher Gedanke!

      Ich war nur aus einem einzigen Grund hier: um dieses Theater zu beenden, bevor es begonnen hatte.

      Hannes war vorhin in meiner Wohnung fast auf den Knien vor mir herumgerutscht und hatte mich angefleht, freundlich zu sein zu Sara, die nebenan wartete. Nett, lieb, aufmerksam … Adjektive, die ich mit einem Chihuahua-Schoßhündchen verband, aber sicher nicht mit mir!

      Ich hatte diese Tussi nicht angelacht, sondern er! Sollte er doch selbst sehen, wie er sie jetzt eine Woche lang bei Laune hielt.

      Ich verlagerte mein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und unterdrückte das Knurren, das mir auf der Zunge lag.

      »Entschuldige«, hauchte Sara, als sich ihre Schockstarre langsam auflöste. Sie machte ein paar Schritte auf mich zu. »Das war … das war ein dummer Spruch …«

      Ihr Akzent war nicht unsexy, das musste ich ihr lassen. Und die Stimme passte zu ihr – warm, weich und melodisch. Wahrscheinlich hörte sie sich toll an, wenn sie in Fahrt kam. Und ich dachte nicht ans Autofahren …

      Ohne ihr zu antworten, hob ich eine Augenbraue. Gleichzeitig ließ ich meinen Blick über ihren Körper schweifen. So langsam und lauernd, wie es bestimmt KEIN Homosexueller machen würde. Das sollte ihr als Antwort hoffentlich genügen.

      Mit Genugtuung stellte ich fest, dass sie unter meiner Musterung noch unruhiger wurde und ihre Arme sogar auf Brusthöhe zuckten, um sie davor zu verschränken. Sie gab ihrem Drang jedoch nicht nach, aber ihr Blick glich jetzt dem eines Hasen, der sich einem Wolf gegenübersah.

      Ja, DAS gefiel mir deutlich besser als irgendwelche Sätze darüber, dass ich schwul sein könnte.

      Ich und schwul … lachhaft!

      »Es tut mir leid, das war ein unglücklicher Start.« Sara legte ihr Handy auf dem Fernsehtisch ab und trat einen weiteren Schritt auf mich zu. Ihre Befangenheit verbarg sie mit beinahe bewundernswerter Schnelligkeit hinter einem strahlenden Lächeln.

      Wer zur Hölle hatte denn so weiße Zähne?! Und solche Grübchen?!

      Sie streckte mir die Hand entgegen und ehe ich mich dagegen wehren konnte, hatten sich meine Finger um ihre gelegt. Ihre Haut fühlte sich kühl und weich an. Beinahe zart …

      Stopp, dummes Gehirn! Stopp, du dummes Ding, das sich unter meiner Gürtellinie zu regen und zusammen mit meinem Gehirn zu rätseln begann, ob ihre Haut wohl überall so zart war.

      »Hör zu«, sagte ich und ließ ihre Hand schnell wieder los. »Das hier …«

      »… ist das erste Mal, dass er ein solches Date hat«, unterbrach mich Hannes, der seinen Kopf aus der Küche streckte.

      Ich warf ihm einen flammenden Blick zu, den er jedoch mit einem frech-unschuldigen Grinsen parierte.

      ›Warte du erstmal, bis wir unter vier Augen sind!‹, schickte ich ihm in Gedanken entgegen.

      Er schien jedoch immun gegen meine Gedankenrede zu sein, denn der lebensmüde Kerl schlenderte mit einem entspannten Schmunzeln und zwei Wassergläsern zu uns und drückte davon eins mir und das andere Sara in die Hand.

      »Setzt euch doch und lernt euch besser kennen«, meinte er mit einem weiteren arglosen Blick zu mir. »Evan hat in den letzten Wochen so viel von dir geschwärmt, dass ich fast das Gefühl habe, dich besser zu kennen als er.«

      Ehe ich auf diese dreiste Bemerkung ein wütendes Brummen von mir geben konnte, fuhr er eilig fort: »Ich denke, ein paar Minuten für euch allein tun euch ganz gut. Ich koche währenddessen was Leckeres. Ich bin in der Küche, falls ihr mich braucht.«

      »Ich habe nicht …«, begann ich.

      »Ach, er ist einfach manchmal etwas zu schüchtern«, meinte Hannes mit einem unerhört frechen Zwinkern zu Sara, die dieses auch noch mit einem verständnisvollen Lächeln erwiderte.

      Ich war fassungslos. Was bitte schön geschah hier?!

      »Ich werde nicht …«, begann ich erneut, wurde aber dieses Mal von Sara unterbrochen.

      »Evan, komm, setzen wir uns doch erstmal«, sagte sie in mütterlich-fürsorglichem Tonfall und zog mich am Ärmel meines dunkelgrauen Kapuzenpullovers zur Couch.

      Sie nannte mich Evan! Daran war nur Hannes Schuld, da er mich ständig so ansprach. Na warte, mein Repertoire an Mordplänen wurde gerade um ein paar kreative Einfälle erweitert!

      »Hör zu, Sara«, sagte ich, als sie mich mit erwartungsvollen, großen Augen vom Sofa aus ansah, auf das sie sich bereits gesetzt hatte. »Das hier ist ein Missverständnis.«

      Sie schluckte merklich und ihre grünen Augen weiteten sich noch mehr.

      Himmelherrgott! Wenn sie mich so ansah, konnte ich ihr nicht erklären, dass ich nur hier war, um ihr zu sagen, dass sie sich ihren Urlaub sonst wohin stecken konnte. Sie wirkte wie jemand, der nahe am Wasser gebaut war. Ich war zwar ein Arsch, aber ich hatte noch nie Frauen weinen sehen können. Schon gar nicht, wenn ich der Grund dafür war … Shit!

      Okay, ich musste mir erst die Worte so zurechtlegen, dass sie nicht in Tränen ausbrach, wenn ihre Luftblase platze … Frauen!

      Ich seufzte ausgiebig und ließ mich neben ihr auf dem Sofa nieder. Erster Punkt: Sie würde auf keinen Fall in meiner Wohnung die Nacht verbringen! »Du wirst bei Hannes übernachten.«

      Sara hatte ganz offensichtlich die Luft angehalten. Jetzt breitete sich wieder dieses Grübchen-Lächeln auf ihren Lippen aus und sie trank einen großen Schluck Wasser, ehe sie sich mir zuwandte. »Das ist kein Problem.«

      Mist, diese Grübchen sind verheerend. Und dieser englische Akzent … er gehört verboten!

      Ich trank ebenfalls einen großen Schluck und wünschte mir, es handle sich dabei um Wodka, Whiskey oder Tequila. Alles davon hätte ich jetzt definitiv nötig.

      »Wie läuft die Suche nach einem Ausbildungsplatz?«, fragte sie, ehe ich in meinem Gehirn die richtigen Worte für eine Abfuhr zusammensuchen konnte.

      Ich warf ihr stirnrunzelnd einen Blick zu, dann drehte ich mich zur Küche um, wo mein hilfsbereiter Nachbar Hannes in ebendiesem Moment wieder in der Tür auftauchte.

      »Gestern hatte er ein Schauspiel-Casting für eine Nebenrolle«, sagte er rasch und wenn ich mich nicht beherrscht hätte, wäre mein Kiefer nach unten geklappt. So aber traf ihn nur mein ungläubiger Blick.

      Was zum Teufel hat dieser Kerl ihr erzählt?!

      Aber schon sah mich Sara derart bewundernden und erwartungsvoll an, dass ich förmlich spüren konnte, wie ich immer stärker in diese Scheiße geritten wurde.

      So ein Mist! Wenn sie nur nicht solche Augen hätte! Und solche Brüste … und Beine … verdammt! Sie sah aus wie ein Supermodel und das Ding unter meiner Gürtellinie hatte gerade die Kontrolle über meinen gesamten Körper (und vor allem meine Gedanken) übernommen. Shit!

      Ich