Markus Öhler

Geschichte des frühen Christentums


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der herodianischen Dynastie als Klientelfürsten sowie römische Verwaltungsbeauftragte beherrschten, verwendet.

      (Herodes der Große)

      An erster Stelle unter den Herrschern Palästinas ist Herodes zu nennen (37–4 v. Chr.), Begründer seiner Dynastie und König von Judäa, Samaria, Galiläa und Batanäa, der daher auch als Herodes der Große bezeichnet wird. Als Idumäer war er eigentlich kein Judäer, achtete aber die Bestimmungen der Tora. Er war als Klientelkönig ein enger Verbündeter des Augustus bzw. Tiberius und trieb die Hellenisierung Palästinas voran. Herodes baute Samaria wieder auf und gründete Caesarea Maritima als Hafenstadt. Er ließ die Paläste von Massada und Herodeion errichten und den Jerusalemer Tempel zu einer großartigen Anlage nach hellenistischem Vorbild umbauen. Hohepriester und Synhedrion, die innerjüdische Leitung, verloren unter ihm ihre traditionelle Macht. Widerstand, auch aus der eigenen Familie, wurde brutal gebrochen, was sich auch in der Erzählung vom Knabenmord in Bethlehem niederschlug (Mt 2,1–19). Herodes teilte sein Reich testamentarisch unter seine Söhne Archelaos, Herodes Antipas und Philippus auf.

      (Archelaos / Präfekten)

      Archelaos (4 v. Chr.–6 n. Chr.; vgl. Mt 2,22) wurde wegen Unfähigkeit, über die sich die Elite Judäas beschwerte, durch römische Beamte ersetzt. Diese trugen den Titel praefectus/Präfekt, waren ritterlicher Herkunft und untergeordnete Beamte des Legaten von Syrien für das Gebiet von Judäa, Samaria und Idumäa. Sie waren daher auch nicht im eigentlichen Sinn Statthalter. Zu dieser Riege gehörte u. a. Pontius Pilatus (26–36 n. Chr.), unter dem Jesus hingerichtet wurde.

      (Herodes Antipas / Philippus)

      Das Gebiet von Galiläa und Peräa regierte von 4 v. Chr.–39 n. Chr. Herodes Antipas als Tetrarch. Er war der Landesherr von Johannes dem Täufer und Jesus (Mk 6,14–29; Lk 3,1; 13,31f.; 23,7–12). Philippus erhielt Gebiete im Nordosten Palästinas und regierte von 4 v. Chr.– 33 n. Chr.

      (Herodes Agrippa I.)

      Von 37–44 n. Chr. gelang es Herodes Agrippa I., einem Freund des Kaisers Claudius, noch einmal, das Großreich seines Großvaters, Herodes dem Großen, wiederherzustellen, allerdings kam er erst im Jahr 41 n. Chr. tatsächlich nach Jerusalem. Unter seiner Regentschaft wurde der Jünger Jakobus, Sohn des Zebedäus, hingerichtet (Apg 12,1f.).

      Herrscher aus dem Haus des Herodes

37–4 v. Chr. Herodes der Große
4 v. Chr.–6 n. Chr. Archelaos
4 v. Chr.–39 n. Chr. Herodes Antipas
4 v. Chr.–33 n. Chr. Philippus
37/41–44 n. Chr. Herodes Agrippa I.
48/49–92/93 n. Chr. Herodes Agrippa II.

      (Prokuratoren)

      Nach dem Tod Agrippas I. übernahmen ab 44 n. Chr. die Römer wieder direkt die Leitung. Die vom Kaiser mit der Verwaltung Beauftragten hatten nun den Rang von Prokuratoren, was ihnen mehr eigenen Handlungsspielraum gab als den früheren Präfekten. Zu nennen sind hier u. a. Cuspius Fadus (44–46 n. Chr.), unter dem es zum Aufstand des Theudas kam (vgl. Apg 5,36), und der romanisierte Judäer Tiberius Iulius Alexander (46–48 n. Chr.). Antonius Felix (52–59 n. Chr.) und Porcius Festus (59–62 n. Chr.) hielten Paulus in Gefangenschaft. Herodes Agrippa II., Sohn von Agrippa I., erhielt ab 48/49 n. Chr. Gebiete im Norden Palästinas, u. a. Galiläa, und herrschte bis 92/93 n. Chr. Nach Apg 25,13–26,32 begegnete Agrippa II. in Caesarea Maritima gemeinsam mit seiner Schwester Berenike dem gefangenen Paulus. Die Rolle der Hohepriester und des Synhedrions war unter diesen Bedingungen die des Vermittlers zwischen römischer Herrschaft und dem Volk vor Ort. Sie bemühten sich um Frieden und die Weiterführung des Kultes, verloren aber zunehmend die Anerkennung ihrer religiösen Legitimation.

      (Nach 70 n. Chr.)

      Nach dem Ende des ersten Aufstandes der Judäer im Jahr 70 n. Chr. übernahm zunächst der Kommandant der in Jerusalem stationierten Legio X Fretensis auch das Amt des Prokurators. Die nun von Syrien unabhängige senatorische Provinz Judäa, in der um 110 n. Chr. eine zweite römische Legion stationiert wurde, bestand bis zum Ende des zweiten Aufstandes (132–135 n. Chr.). Nach dessen Niederschlagung wurde Judäa in Syria-Palästina umbenannt.

      Römische Beauftragte in Palästina 6–66 n. Chr.

      Präfekten

6–9 Coponius
9–12 Marcus Ambibulus
12–15 Annius Rufus
15–26 Valerius Gratus
26–36 Pontius Pilatus
36–37 Marcellus
37–41 Marullus

      (37/41–44 Agrippa I.)

      Prokuratoren

44–46 Cuspius Fadus
46–48 Tiberius Iulius Alexander
48–52 Ventidius Cumanus
52–59 Antonius Felix
59–62 Porcius Festus
62–64 Albinus
64–66 Gessius Florus

      2.2.1 Der mediterrane Raum

      (Verbreitungsgebiete des Christentums)

      Vom Großraum Palästina mit seinen zahlreichen Landschaften ausgehend kam der Christusglaube bis 135 n. Chr. in weite Bereiche des römischen Imperiums. Belegt ist dies vor allem für Syrien, Kleinasien, Griechenland und das südliche Italien, doch ist auch eine frühe Verbreitung nach Ägypten und Nordafrika, nach Norditalien, auf den Balkan und vielleicht auch nach Spanien sehr wahrscheinlich. In dieser Welt entstand das frühe Christentum. Es ist daher von größter Bedeutung, die verschiedenen Kontexte, aus denen die ersten Christusgläubigen stammten und in denen sie selbstverständlich lebten, genauer zu betrachten.

      2.2.1.1 Der einheitliche Kulturraum

      (Hellenisierung)

      Von größter Bedeutung für die Entstehung und Ausbreitung der Christusbotschaft war der durch die Hellenisierung seit Alexander dem Großen (356–323 v. Chr.) entstandene einheitliche Kulturraum. Griechische Kultur war vor allem in der östlichen Hälfte des Imperiums das bestimmende Moment, das sich in allen Lebensbereichen durchsetzte. Städte wurden nach griechischem Vorbild gebaut und gesellschaftlich strukturiert. Gymnasien, Bäder, Theater und Tempel wurden an allen Orten zu Kennzeichen griechischer Lebenskultur. Die Verehrung der olympischen Götter war überall verbreitet, und die jeweiligen autochthonen Kulte wurden mithilfe einer interpretatio Graeca integriert. Auch griechische Philosophie verbreitete sich weit über Griechenland hinaus, sodass sie in der Kaiserzeit ihre Zentren in Alexandria oder Rom hatte. Da sich auch die römische Welt in weiten Bereichen der Hellenisierung anschloss, kann man für den Mittelmeerraum von einer beinahe vollständigen Akkulturation ausgehen, die zu einem einheitlichen Kulturraum führte.

      (Koine-Griechisch)

      Für