Blumenranke zu sehen, von der der Ritter wegreitet. Reiterminiaturen dieser Art sind in C etwa auch dem Œuvre Heinrichs von RuggeHeinrich von Rugge oder Walthers von MezzeWalther von Mezze vorangestellt (→ Abb. 3.1. und 3.2.).
Autorbild zu den Liedern MinnesangHeinrichs von Rugge in der Großen Heidelberger Liederhandschrift (C).
Autorbild zu den Liedern WalthersMinnesang von Mezze in der Großen Heidelberger Liederhandschrift (C).
ÜberlieferungUnstrittig ist, dass die Überlieferung der drei großen Liederhandschriften auf unterschiedliche Quellen zurückgeht. Für die Strophen C 1–34 wird es eine gemeinsame Quelle *CB gegeben haben, die Strophen 35–60 sind nur durch C überliefert, die Kienast als ein planvoll angelegtes, zyklisches Hartmann-Büchlein („Hartmann-Liederbuch C²“, Kienast 1963) verstanden hat, wohingegen Kühnel (1989: bes. 35–39) plausibel machen konnte, dass hier kleinere Sammlungen, ja Einzellieder zusammengestellt worden sind. Ein Indiz dafür, dass die Redaktoren von C ihr Material selbst für unvollständig hielten, stellt die Lücke dar, die sie bei der Aufzeichnung des vierstrophigen Liedes XIV (MF 216,1) für genau eine weitere Strophe gelassen haben.
ÜberlieferungGerade die Divergenz in der handschriftlichen Zuweisung der Strophen von Lied XII und XVIII hat zu zahlreichen Diskussionen geführt, wem die Lieder bzw. Strophen ‚gehören‘ (vgl. zu dieser Problematik → Kap. 2., zur Lyrik bes. 2.2.4.).Echtheitsdiskussion Während Minnesangman in der älteren Forschung das ganze Lied XII WaltherWalther von der Vogelweide zugesprochen hat (zur älteren Literatur s. jeweils den Kommentar bei Reusner 1985), geht die jüngere davon aus, dass wir stärker an die handschriftlichen Zuweisungen gebunden sind: Strophe 1–3 von XII gehören Hartmann, vielleicht hat Walther das Lied mit Ergänzung von Strophe 4 und 5 im Repertoire gehabt, von wo aus vier Strophen in die Liederhandschrift E gekommen sind, die nur Walther und Reinmar kennt (Kühnel 1989, Henkel 1998, Kornrumpf 22008). Für das fast durchweg Hartmann abgesprochene Lied XVIII gilt zuerst einmal, dass es schon – und in derselben Strophenreihenfolge – der Quelle *BC angehört haben muss. Wie es später in die Handschriften E (Reinmar) und m (Walther) gekommen ist, ist für uns undurchsichtig (Kühnel 1989:30–32). Einen validen Grund, es Hartmann abzusprechen, gibt es nicht. Noch weniger gilt dieses für Lieder, die nur in C und nur unter Hartmanns Namen überliefert sind, obwohl es auch hier entsprechende Versuche gegeben hat. Noch Cormeau spricht davon, dass das Frauenlied IX (MF 212,37) „wohl zurecht“ auf Grund eines sonst in Hartmanns Werk nicht begegnenden Reims ihm abzusprechen sei (Cormeau 1981:504). Die Überlieferung spricht jedoch eine andere Sprache. Überlieferung
3.1.2. Formale Aspekte
Die meisten der Lieder Hartmanns sind dreistrophig. Es gibt zwei, eventuell drei oder gar vier fünfstrophige Lieder (I, XVIII; XII, XIV?) und ein sechsstrophiges (V). Auffällig sind drei zweistrophige Lieder (IV, X, XI) und eine im Kontext der Zeit archaisch wirkende Einzelstrophe. Alle Lieder Hartmanns, auch die Kreuzlieder, sind in der Form der Kanzone mit zweigeteiltem Auf- (Stollen) und Abgesang gedichtet; alle haben zweiversige Stollen, nur Lied II hat dreiversige. Lied XIII ist als einziges daktylisch und scheint romanischen Vorbildern zu folgen, so dass wir uns in diesem Fall auch eine Vorstellung von einer dazugehörigen Melodie machen können. „Der Ton findet sich in rund 40 provenzalischen und altfranzösischen Liedern, eine unmittelbare Vorlage ist jedoch nicht entdeckt worden“ (Reusner 1985:137).
3.1.3. Zeitliche Einordnung
Eine Antwort auf die Frage, in welcher Lebensphase Hartmann seine Minnelieder (und Kreuzlieder) gedichtet hat, dürfte kaum zu finden sein, hängt sie doch von zwei miteinander verbundenen Vorannahmen ab: Ist das Lied XVII (MF 218,5), das zum KreuzzugKreuzzug / -sthema aufruft, MinnesangHartmanns letztes Wort in weltlichen Minneangelegenheiten oder konnte er danach zur Klage über abgewiesenen Minnedienst oder zum Freudenlied zurückkehren? Und: wann rief er zum Kreuzzug auf? Die erste Frage wird gern, auch vor der Nachwirkung der Zyklustheorie, in der Weise beantwortet, dass Lied XVII der lyrische Schlusspunkt in Hartmanns Werk sei. Aber können wir uns dessen gewiss sein? Eine Antwort auf die zweite Frage, die vielleicht in der Hartmann-Forschung am häufigsten behandelte (Reusner 1985:151–153 mit älterer Literatur, Mertens 1978c, Nellmann 1987, Urbanek 1992, Ortmann 1996), hängt davon ab, wie man den Vers und lebte mîn her Salatîn und al sîn her / dien braehten mich von Vranken niemer einen vuoz (MF 218,19.) versteht. Folgt man Mertens mit seiner den gelegentlich ironischen Ton Hartmanns aufgreifenden Übersetzung („und wenn auch Monsieur Saladin noch lebte und sein ganzes Heer – die brächten mich keinen Schritt aus Frankistan fort“, Mertens 1978c:327), dann kann nur, da SaladinSalahaddin Yusufs ibn Ayyub (Saladin) 1193 starb, der Kreuzzug Kaiser Heinrichs von 1197Heinrich VI. (Kaiser) gemeint sein etwa im Sinne von: ‚Nicht Saladin, sondern nur die Liebe Gottes kann mich bewegen, auf den Kreuzzug zu gehen.‘ Da Hartmann in Lied V den Tod seines Herren erwähnt (MF 210,23f.), schlug Hermann Paul vor, auch hier vom Tod des Herren auszugehen und ‚erfand‘ damit das ‚Komma-Problem‘: und lebte mîn herre, Salatîn … (‚Wenn mein Herr noch lebte, dann würden selbst Saladin und sein Heer mich nicht …‘). Damit war die Möglichkeit geschaffen, von dem früheren Kreuzzug BarbarossasFriedrich I. Barbarossa von 1189 auszugehen. Abgesehen davon, dass der Gedanke nicht recht in die Logik des Liedes passt (Salmon 1971:821, Johnson 1999:142) und man sich fragt, wie ein Hörer ein für das Verständnis unerlässliches Komma hören kann, gilt hier auch der gekürzte Konjunktiv lebt(e) als Problem. In der Folge wurden mehrere weitere Konjekturen vorgeschlagen, von denen keine allgemeine Zustimmung fand (zusammengestellt bei Reusner 1985:157f.)
Auch die immer wieder beobachteten Parallelen zu anderen Werken Hartmanns helfen bei der Frage nach der zeitlichen Einordnung nicht recht weiter. Chronologie Mehrfach wurde Minnesangeinerseits auf wörtliche Übereinstimmungen zum wohl letzten Werk Hartmanns, dem ‚Iwein‘, hingewiesen. So zitiert Lied I, Str. 5,9 (MF 206,9) offenbar wörtlich den ‚Iwein‘-Vers 3224, wie man überhaupt dieses Lied als eine lyrische Paraphrase des ganzen Romans verstanden wissen wollte (Seiffert 1968, Salmon 1971). Weitere offenkundige Parallelen zum ‚Iwein‘ wurden für andere Lieder beigebracht. Anderseits berührt sich Lied IX (MF 212,37) mehrfach offenkundig mit der – ohne dass sich dies sichern ließe – als Frühwerk geltenden ‚Klage‘ (vgl. Reusner 1985:128, Cormeau/Störmer 32007:98), wobei die Parallelen bis ins Formale hinein gehen: Die Reimpaare des Abgesanges hat man als Vagantenzeile interpretiert und mit der Form des Schlussgedichtes der ‚Klage‘ in Verbindung gebracht (Kraus 1939:466, Kasten 1995:730f. mit weiterer Literatur, vgl. auch → Kap. 4.). – Lied III (MF 207,11) muss nach Lied II (MF 206,19) entstanden sein, weil es dieses zitiert.
3.1.4. Gattungen / Thematische Schwerpunkte
Von den 18 in den Handschriften Hartmann zugewiesenen Liedern thematisieren 15 das Thema ‚Minne‘ aus unterschiedlicher Perspektive. Sechs davon kann man als Werbelieder zusammenstellen, die den Misserfolg des Sprechers bei der geliebten Dame beklagen (I, II, III, IV, VII, XVIII), fünf haben einen deutlich hoffnungsvolleren Ton (VIII, X, XI, XII, XIII), drei Lieder sind aus der (Rollen-)Perspektive einer Frau gesprochen (Frauenlieder: IX, XIV, XVI), eines, das ‚Unmutslied‘, greift mit der Absage an die Geliebte den später vielfach behandelten ‚wîp-frouwe‘–Gegensatz auf (XV), drei Lieder werden den Kreuzliedern zugerechnet, in denen das Verhältnis von Geschlechter- und Gottesliebe diskutiert wird (V, VI, XVII).
Die Klage über den versûmten (‚vergeudeten‘) Dienst an der Dame wird in Lied I (MF 205,1) zunächst jahreszeitlich eingekleidet: auch der Gesang trägt des winters wâpen (1,3 = MF 205,3). Str. 2 bringt dann zwei Motive ins Spiel, die auch sonst begegnen: das der Selbstanklage wegen mangelnder staete (MF 205, 16)