Gisa Bauer

Grundwissen Konfessionskunde


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geschützt wurde, indem es direkt dem Papst unterstellt wurde.

      Das Kloster Cluny, das im 11. und 12. Jahrhundert im Mittelpunkt eines ganzen Klosterverbundes stand, entfaltete eine überragende Wirkung. Von ihm ging in der Zeit vom 10. bis 13. Jahrhundert eine der umfassendsten Reformen, die Cluniazensische Reform, aus, die auf den KlerusKlerus, auf das Kirchenvolk und schließlich auch auf das PapsttumPapsttum ausstrahlte.

      Es begann sich das Bewusstsein durchzusetzen, dass auch das PapsttumPapsttum reformiert werden müsse. Der Kampf gegen den Verkauf von geistlichen ÄmternAmt, die Simonie, war dabei ein wichtiges Ziel.

      Regelung der PapstwahlIn Rom hatte der Adel im frühen 11. Jahrhundert die Machtverhältnisse zu seinen Gunsten entschieden und hatte großen Einfluss auf den römischen Bischofssitz. Um den Streitigkeiten bei den Papstwahlen Herr zu werden, beschloss eine Lateransynode 1059 das Papstwahldekret „In nomine Domini“, das die bis heute gültige Regelung enthält, dass der römische BischofBischof nur von den Kardinälen gewählt werden darf. Dem übrigen KlerusKlerus und dem Volk wurde lediglich das Zustimmungsrecht eingeräumt und dem Kaiser ein Bestätigungsrecht.

      Der InvestiturstreitUnter Papst Gregor VII. (Pontifikat: 1073–1085)$Gregor VII., Pontifikat 1073–1085, römisch-katholischer Papst flammte der Streit um die Investitur auf, d.h. um das Recht der ,Einkleidung‘ der Bischöfe mit den Insignien. Gregor VII., der als Mönch in Cluny gelebt hatte, lehnte jede Einmischung der weltlichen Gewalt in Kirchenbelange ab, wandte sich entschieden gegen die Nichtbeachtung des ZölibatsZölibat, bekämpfte die Simonie und betonte die normative Rolle Roms für die gesamte Christenheit. In Konflikt geriet Gregor VII. mit dem Salier Heinrich IV. (1050–1106; Kaiser 1084–1105)$Heinrich IV., 1050–1106, römisch-deutscher König, 1084–1105 römisch-deutscher Kaiser in der Frage, wer die letzte Entscheidungsgewalt bei der Einsetzung von Bischöfen habe: der Papst oder der Kaiser. Die Frage der Einsetzung von Bischöfen war deshalb so wichtig, weil die Bischöfe neben ihrem geistlichen AmtAmt auch die weltliche Macht im Reich innehatten. Wer Bischöfe einsetzte, hatte einen großen Einfluss über die Kirche hinaus. Die Lehre der zwei Gewalten, einer geistlichen und einer weltlichen, wie sie seit der Karolingerzeit bekannt war, wurde nun infrage gestellt.

      Die deutschen Bischöfe schwankten in dem Streit zwischen der Treue gegenüber dem Kaiser und der Gehorsamsverpflichtung gegenüber dem Papst. 1076 forderten sie mit Heinrich an der Spitze auf dem Hoftag zu Worms Gregor VII.$Gregor VII., Pontifikat 1073–1085, römisch-katholischer Papst auf, das Papstamt aufzugeben. Daraufhin verhängte Gregor den Bann über Heinrich.

      Da der Kaiser daraufhin von den Fürsten seines Reichs, auf deren Unterstützung er angewiesen war, mit einem Ultimatum unter Druck gesetzt wurde den Konflikt mit dem Papst beizulegen, entschloss sich Heinrich$Heinrich IV., 1050–1106, römisch-deutscher König, 1084–1105 römisch-deutscher Kaiser 1077 zum Bußgang nach Canossa, wohin sich Gregor zurückgezogen hatte. Der Papst löste daraufhin den Bann, um ihn nach verschiedenen Streitigkeiten um die kaiserliche Macht 1080 wieder in Kraft zu setzen. Allerdings hatte sich das Machtgefüge in der Zwischenzeit verändert, sodass Heinrich Gregor für abgesetzt erklären und einen neuen Papst zum Gegenpapst ausrufen konnte. Gregor konnte sich nicht durchsetzen und musste aus Rom fliehen.

      Gleichwohl hinterließ er mit der Schrift „Dictatus Papae“ von 1075 ein eindrückliches Dokument für das päpstliche Selbstbewusstsein der Zeit. Der Lehr- und Jurisdiktionsprimat des römischen BischofsBischof wurden darin bereits vorformuliert und die Vorrangstellung der römischen Kirche deutlich unterstrichen.

      Erst unter Papst Calixt II.$Calixt II., Pontifikat 1119–1124, römisch-katholischer Papst (Pontifikat: 1119–1124) erfolgte 1122 die Beilegung des Investiturstreits mit der Unterzeichnung des Wormser Konkordats. Darin wurde festgelegt, dass die Bischöfe durch das Domkapitel in Anwesenheit kaiserlicher Beauftragter gewählt werden. Der Kaiser verzichtete auf die grundsätzliche Investitur und war verpflichtet, die Wahl zu akzeptieren. Ihm blieb es überlassen, den Gewählten mit der Verwaltung kaiserlicher Hoheitsrechte zu beauftragen.

      Das IV. LaterankonzilKonzil / KonziliarismusIV. LaterankonzilDas IV. LaterankonzilKonzil / KonziliarismusIV. Laterankonzil von 1215 war das bedeutendste und folgenreichste KonzilKonzil / Konziliarismus des Mittelalters, da es wesentliche Glaubenselemente verbindlich verkündete. Beichte und Kommunion wurden vorgeschrieben, die TrinitätslehreTrinitätTrinitätslehre bestätigt und die Transsubstantiationslehre zum adäquaten Verständnismodell der EucharistieEucharistie erklärt. Die Lehre von der realen Wandlung von Brot und Wein dauerhaft in Blut und Leib Christi wurde manifestiert.

      Darüber hinaus erließ Papst Innozenz III.$Innozenz III., Pontifikat 1198 bis 1216, römisch-katholischer Papst (Pontifikat: 1198 bis 1216) eine Fülle weiterer Canones, die das Leben der Kirche in Bezug auf die Kleriker und Laien prägten.

      Thomas von Aquin$Thomas von Aquin, 1225–1274, Theologe, Dominikanermönch

      Der Dominikaner Thomas von Aquin$Thomas von Aquin, 1225–1274, Theologe, Dominikanermönch (1225–1274) war einer der bedeutendsten Lehrer der katholischen Kirche und einer der wichtigsten Theologen des Mittelalters. In Anknüpfung an den griechischen Philosophen Aristoteles$Aristoteles, 384 v. Chr.-322 v. Chr., Philosoph, Wissenschaftsbegründer beschäftigte er sich mit dem Verhältnis von Glaube und Vernunft bzw. Theologie und PhilosophiePhilosophie. In seinen beiden Hauptwerken „Summa theologiae“ und „Summa contra gentiles“ unterschied er beide Disziplinen und grenzte sie klar voneinander ab, verband sie aber in einem gemeinsamen System. Während die Theologie das Verhältnis zu Gott thematisiert, untersucht die Philosophie nach Thomas, wie sich Dinge zu sich und in sich verhalten. Die Theologie erklärt die Welt von Gott, also ihrer ersten Ursache her. Die Philosophie befasst sich mit Ursache und Wirkung der Dinge. Der Erkenntnisweg der Theologie führt vom Schöpfer zur Schöpfung, der der Philosophie von der Schöpfung zum Schöpfer.

      Die Frage nach dem Sein

      Die Frage nach dem Sein führte Thomas zu der Frage nach dem höchsten Sein, das für ihn Gott war. Die Vernunft bestätigt in der Vorstellung von Thomas von Aquin$Thomas von Aquin, 1225–1274, Theologe, Dominikanermönch die OffenbarungOffenbarung Gottes, die wiederum die Vernunft in ihrem Erkenntnisdrang unterstützt. Ausgehend von der Betrachtung der NaturNatur kam er zu dem Schluss, dass Gott das absolute Sein selbst darstellt, das höchste Wesen, die erste Ursache, der erste Beweger der Welt.

      Über die Systematisierung von Theologie und PhilosophiePhilosophie hinausgehend erarbeitete Thomas Überlegungen zur göttlichen GnadeGnade und ihrer Wirkung. Die Gnade Gottes führt die natürliche Erkenntnis über die menschlichen Möglichkeiten hinaus. Sie bewirkt, dass der Mensch eine Wirklichkeit über der natürlichen erkennt. Damit begründete Thomas den Unterschied zwischen NaturNatur und Gnade. Die Gnade rüstet den Menschen mit einem übernatürlichen Habitus aus, die Gnade „erhöht“ die geschöpfliche Natur des Menschen. Gott kommt dabei dem menschlichen Willen zur Erkenntnis unterstützend entgegen. In den SakramentenSakrament erlangt der Mensch ZugangZugang zur Gnade.

      Die babylonische Gefangenschaft der KircheBabylonische Gefangenschaft der Kirche (1309–1376)Der Jurist Benedetto Caetani veranlasste 1294 Papst Coelestin$Coelestin V., Pontifikat Juli-Dezember 1294, römisch-katholischer Papst V. (Pontifikat: Juli-Dezember 1294) zum Rücktritt und konnte dadurch dessen Nachfolge antreten. Als Papst Bonifatius VIII.$Bonifatius VIII., Pontifikat 1294–1303, römisch-katholischer Papst (Pontifikat: 1294–1303) beanspruchte er die volle Verfügungsgewalt über alle kirchlichen ÄmterAmt und geriet darüber in Konflikt mit dem französischen König Philipp IV., dem Schönen$Philipp I. von Hessen, (der Großmütige), 1504–1567, Landgraf von Hessen (1268–1314; König 1285–1314), der den französischen Klerikern verbot, Gelder aus Frankreich nach Rom abzuführen. 1302 erließ Bonifatius mit „Unam Sanctam“ die wohl berühmteste päpstliche Bulle, d.h. ,Urkunde‘, des Mittelalters. Der Text beginnt mit der Feststellung:

      Eine heilige katholische und ebenso apostolische Kirche zu glauben und festzuhalten, werden wir auf Drängen des Glaubens gezwungen, und diese glauben wir fest und bekennen wir