Peter Bülow

Recht der Kreditsicherheiten


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Legitimation des Gläubigers (Ausübung des Anspruchs aus dem Grundpfandrecht) und Befreiung des Schuldners (Liberation) – § 1156 BGB

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      aa) Weil der Grundeigentümer die Übertragung des Grundpfandrechts von Rechts wegen nicht beeinflussen kann und darüber noch nicht einmal Kenntnis zu erlangen braucht, kann Unsicherheit über die Person des Gläubigers bestehen. Ist es derjenige, für den das Grundpfandrecht bestellt wurde oder ist es ein dem Eigentümer Unbekannter, an den es ohne Wissen des Eigentümers übertragen wurde? Diese Unsicherheit wird zur Gefahr der Doppelleistung für den Eigentümer (s. auch vorst. Rn. 322): Leistet er an seinen dinglichen Kontrahenten, geht die Leistung ins Leere, wenn dieser gar nicht mehr Gläubiger ist; leistet er an einen vermeintlichen neuen Gläubiger, der es in Wahrheit nicht ist, erreicht die Leistung ebenfalls den falschen Adressaten. Muss der Eigentümer die Leistung vom Falschen kondizieren und an den Richtigen nochmals leisten? Was muss der Eigentümer beachten, damit seine Leistung an den wahren Gläubiger geht oder zumindest doch so behandelt wird, mit anderen Worten: Wann wird der Eigentümer von seiner Schuld befreit, tritt Liberation ein, selbst wenn er seine Leistung an den Falschen erbringt? Die Kehrseite der Frage nach der Befreiungswirkung ist die Frage nach der Durchsetzung des Verwertungsanspruchs durch den Gläubiger, also die Frage, was der Gläubiger unternehmen muss, um den Eigentümer zur Leistung, der Duldung der Verwertung, zwingen zu können und ihn zur Zahlung zu bewegen, um die Verwertung (nachf. Rn. 452) abzuwenden. Das ist die Frage nach der Legitimation des Gläubigers. Muss der Eigentümer leisten, so wird er auch befreit: Legitimation und Liberation decken sich.

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      Bei der Forderungsabtretung ist die Frage der befreienden Leistung durch §§ 406 bis 408 geregelt (unten Rn. 1534 ff. und nachf. Rn. 354): Leistet der Schuldner an den Zedenten, weil er ihn redlicherweise für den richtigen Gläubiger hält, wird er gemäß § 407 befreit. Entsprechendes gilt bei mehrfacher Abtretung gem. § 408. Bei den Grundpfandrechten ist es das Grundbuch, ersatzweise der Brief, der eine konstruktiv andere Berücksichtigung der Redlichkeit erfordert. Wegen der Akzessorietät zwischen Forderung und Grundpfandrecht überlagern sich bei der Hypothek die Schuldnerschutzbestimmungen der §§ 404 ff. mit den Wertungen des Immobiliarsachenrechts. Über Regelungen hinaus, die gleichermaßen für Grundschuld und Hypothek gelten, sind bei Letzterer noch weitergehende Vorschriften zu beachten (nachf. Rn. 353).

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      bb) Bei Buchgrundpfandrechten kann der Gläubiger die Duldung der Verwertung durchsetzen, wenn er durch das Grundbuch legitimiert ist. Bestreitet der Eigentümer die Gläubigerstellung, spricht die Vermutung aus § 891 für den Gläubiger (vgl. vorst. Rn. 306). Der Eigentümer trägt die Beweislast dafür, dass der die Verwertung Beanspruchende in Wahrheit nicht der Gläubiger ist, also den Beweis des Gegenteils (§ 292 ZPO) führen. Kann er das nicht, muss er zahlen oder die Verwertung dulden und befreit sich dadurch zugleich nach Maßgabe von § 893. Bei der Hypothek bezieht sich die Vermutungswirkung aus § 891 auch auf den Bestand und die Zuordnung der Forderung: § 1138.

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