be used by scholars from all over the world to denote the same concept whatever their origin or specifics of their empirical application is.“ (O’Driscoll 2011, 23) Für face würde daher epistemologisch das umgekehrte Inkludierungsverhältnis gelten wie für politeness: der bisherige Begriff ist eigentlich ein face 2, unter dessen Deckmantel die einzelnen face 1n erst gesucht und definiert werden müssen, um sie dann auch entsprechend subsumieren zu können.
Diese ontologische Diskussion lässt sich noch weiter führen, denn wiewohl in der Realisation unklar, ist der Begriff des face aus der Analyse sozialer Interaktionen nämlich nicht wegdenkbar. Dass er zum normativen Referenzpunkt wird, auf den die Goffmanschen lines gerichtet sind, liegt an der einfachen Tatsache, dass face in jeder Art von Kommunikation, in jeder Art von sozialer Interaktion immer mit-vorhanden ist:
Face kann daher nicht verneint werden, es gibt kein Un-face, wie es z.B. Un-Höflichkeit oder Nicht-Höflichkeit gibt. Jede Interaktion ist daher automatisch face-inhärent, face-constituted und face-constituting, wie es in manchen paradigmatischen Positionen zurecht heißt (cf. Arundale 2006, 2009, Haugh 2009, 2012a). Die Frage nach Sein oder Nicht-Sein ist daher methodisch obsolet.
Demzufolge kann das face auch nicht verloren werden, wie es die teilweise schon in vielen Sprachen populären Wendungen to lose face vs. to save face etwa glauben machen. Face ist personen-inhärent, es ist immer da. Was zerstört, bestätigt bzw. behandelt u.ä. wird, sind der kulturell hinein-interpretierte Norm- bzw. Wertgehalt und die damit verbundenen Ansprüche bzw. Erwartungen der Handelnden. Nur um diese festzumachen, kommt Höflichkeit ins Spiel. Sie deckt aber als strategische Antwort auf die dichotomisch aufgeschlüsselten face-wants nur einen Teil dessen ab, was eigentlich in der Kommunikation normal ist: nämlich die Begegnung von faces zu realisieren, zu signalisieren, zu steuern, zu – ich verwende wiederum die Fachsprache – „relationieren“ (‚relating‘ cf. Arundale 2010), kurz: immer und überall facework zu ‚tun‘.
d) das konzeptuelle Argument
Mit dem Fokus auf Höflichkeit und seine sozial-ethischen Grundfesten ist dieses viel realitätskonformere Konzept des faceworks aus den Augen verloren worden und kehrt erst mit der Hinterfragung des face-Begriffs und dem Ringen um seine allgemeine Erklärungskraft wieder ins Blickfeld zurück. Watts stößt diese Diskussion schon früh an mit der Graduierung des Sozialverhaltens zwischen den Polen politeness („positively marked behaviour“) und impoliteness („negatively marked behaviour“) und dem dazwischen liegenden Bereich des üblichen situationsadäquaten politic behaviour. Das politeness-Paradigma macht vor allem wegen der kulturellen Differenzen im face-Konzept einen turn zur pragmatisch allgemeiner greifbaren im-politeness. Generell zeigt sich damit ein deutlicher Trend „for developing a larger framework that emcompasses both face and im/politeness“ (Haugh 2012b, 53): Ansätze wie die Rapport Management Theory (Spencer-Oatey 2000, 2007), das Relational Work (Locher 2008, Locher/ Watts 2005) und seine Weiterführung in die Interpersonal Pragmatics (Locher/Sage 2010, Haugh/Kadàr/Mills 2013) versuchen Abhilfe zu schaffen und überdecken so immer wieder die Tatsache, dass eigentlich mit facework die Lösung für die Linguistik schon parat zur Verfügung stand: Tracy hat recht, facework ist in jeglichem Sprachhandeln, also immer und überall „the verbal face of face“ (1990).
Auch ganz neue Modelle werden entworfen, wie z.B. die – schon mehrfach hier genannte –Face Constituting Theory (Arundale 1999, 2006, 2010), welche face-want-bezogene Interpretationen des Handelns ganz ablehnen und damit nicht in die Falle geraten, eine Entität und einen Prozess miteinander auszuspielen. Für sie existiert face als Entität an sich nicht, es ist immer eine relationale, wechselseitig projizierte Größe, die lediglich kommunikativ realisiert wird. Haugh drückt das so aus: „on the one hand, face can be conceptualized as „persons-in-relationship“ (…) on the other hand, face can be conceptualized as relationships-constituted-in-interaction by persons.“ (Haugh 2012b, 57) Er könnte damit sagen wollen, dass face eine soziale Kompetenz ist, die das Sich-In-Beziehung-Setzen in actu ‚performt‘ und sich darin gleichzeitig auch formt. Face könnte so gesehen nichts anderes als die gelebte, vercodete communicatio selbst sein. Das Neue an solchen Zugängen ist, dass sich communicatio – meist unbewusst und intuitiv – als Streben nach Verbindung (connection) einerseits oder nach Abgrenzung (separation) andererseits erweist. Nach Arundales alternativem face-Modell entpuppe sich face danach aus dem Prozess des relating (2010) und kann als eine statisch-dynamische Dialektik aus connectedness vs. separatedness gedeutet werden. Ungeachtet dieser metasprachlichen Überfrachtung (die übrigens in kaum eine Objektsprache entsprechend zu übersetzen sein wird) dürfte damit ein soziales Befinden gemeint sein, das je nach Situation den Wunsch nach Nähe oder Distanz zum Ausdruck bringt. Dieser ist allen sozialen Individuen gemein und kann damit wertfrei erklärt und behandelt werden.8
Gleichzeitig – und dies ist ein weiterer Vorteil paradigmatischer Öffnung – dürfte es sich nicht nur um soziale Befindlichkeit, sondern konkreter um Gefühle handeln, die in Interaktionen, vor allem in konfrontativen, ausgelöst und verhandelt werden. Mit face werden diese metaphorisch und ikonisch repräsentiert – man denke an den weltweit verwendeten piktogrammatischen Code der Emoticons aus der digitalen Kommunikation, der – auf der Basis von sich ständig weiter ausdifferenzierenden Gesichtsausdrücken – solche Gefühle per se ‚verkörpert‘. Ein derart manifestes facework ikonifiziert die aktuelle Emotion und hat so gleichsam ‚pro-phrastische‘ Funktion oder aber sie begleitet andere Sprachhandlungen, die damit illokutiv modalisiert werden.
Die Diskussion um face und facework führt damit von den Werten weg zu den Emotionen und rührt so an ein weites Feld, das von der Pragmatik noch viel zu wenig ausgeschöpft ist (cf. Fiehler 1990; Langlotz 2013). Als inhärente Eigenschaften von Subjekten (also faces!) sind Interaktionen immer auch emotionale Begegnungen – der Begriff der Emotionalität ist aber noch weniger konturenscharf, als der des face oder der Höflichkeit. Dies zeigt etwa ein jüngst in der Politikwissenschaft erschienener Titel „Emotional Diplomacy“ (Hall 2015), wo es im Rahmen von Goffmans face-Konzept um einen dem Geschichtsbild angemessenen Umgang von Staaten miteinander geht. Im Zusammenhang mit ‚Diplomatie‘ meint das Prädikat emotional hier nichts anderes als ein behutsames, respektvolles Handeln zur Vermeidung bilateraler Konflikte und politischem Schaden. Die untersuchten Strategien – schon das Titelbild zeigt eine asiatische Demutsgeste – lassen sich bedenkenlos als ‚Höflichkeit‘ ausmachen und zwar, in unserem Sinne, als kultur-spezifische politeness 1 und abstrakte politeness 2, nur dass es sich nicht um ein zu ehrendes individuelles, sondern um ein öffentliches (diskursiv vermitteltes) Gruppen-face handelt.9 Gleichzeitig zeigt die unbedachte Verwendung von Emotionalität auch, wie dringlich es wäre, sie von Emotivität zu unterscheiden: in der Sozialpsychologie wird darunter nämlich ein Handeln verstanden, „in which affective displays are produced consciously and used strategically in a wide variety of social situations to influence (…) perceptions and interpretations of conversational events“ (Janney/ Arndt 1992, 27) – die Nähe zur politeness liegt – wiederum – auf der Hand.
Die Diskussion aus terminologischer, ontologischer und konzeptioneller Sicht ließe sich noch lange weiterführen. Ich wollte hier lediglich einige Argumente andeuten, die anhand der (Un)gleichung von face und politeness für die Rückkehr zum Konzept des facework plädieren, zumal sich dadurch Aspekte auftun, die der pragmatischen Forschung weitere Wege weisen. Es sind dies:
ein wertfreier Rückschluss auf die innere Wesenheit des face über die äußere Schiene der Symbolik;
eine mögliche Überwindung der kommunikations-immanenten Grenzen des politeness-Paradigmas, die ich sehe in:
der Bindung an dyadische Konstellationen, idealiter im face-to-face-Modus,
der Zentrierung auf vorrangig mündliche Realisationen in alltäglicher Konversationspraxis;
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