die Führungskraft darüber hinaus ein signifikantes wirtschaftliches Interesse an dieser juristischen Person hat. „Reine Doppelmandate“ führen nicht zur Mitteilungspflicht.[34]
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Auch im Übrigen legt die BaFin die Regelung in Bezug auf den Kreis der Meldepflichtigen vorläufig – vorbehaltlich einer abschließenden Klärung – eng aus. Geschäfte von Gesellschaften sollten nur dann eine Mitteilungspflicht auslösen, wenn darüber für die mitteilungspflichtige natürliche Person eine Möglichkeit besteht, sich einen nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil zu sichern.[35] Dies führte in der Verwaltungspraxis bislang zu einer zweistufigen Prüfung: Im ersten Schritt wird festgestellt, ob die Führungsperson oder die zu ihr in enger Beziehung stehende Person an der anderen juristischen Person, Gesellschaft oder Einrichtung dergestalt beteiligt ist, dass sie die Möglichkeit hat, deren Entscheidungen zu beeinflussen oder wirtschaftliche Vorteile aus der Beteiligung zu ziehen. Dies bejaht die BaFin, wenn der Führungsperson oder einer ihr nahstehenden natürlichen Person mindestens 50 % der Gesellschaftsanteile, der Stimmrechte oder der Gewinne zugerechnet werden.[36] In einem zweiten Schritt wird geprüft, ob die Führungsperson oder die zu ihr in enger Beziehung stehende Person die andere juristische Person, Gesellschaft oder Einrichtung leitet, diese direkt oder indirekt kontrolliert, diese zugunsten der Führungsperson oder der zu ihr in enger Beziehung stehenden Person gegründet wurde oder sich die wirtschaftlichen Interessen weitgehend mit denen einer Person mit Führungsaufgaben oder zu dieser in enger Beziehung stehenden Person decken.[37]
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Wann ein zur Kontrolle führender Tatbestand vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Im Regelfall dürfte eine Kontrolle vorliegen, wenn die Mehrheit der Stimmrechte oder Gesellschaftsanteile gehalten wird oder ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen wurde (vgl. §§ 16 ff. AktG, § 290 HGB). Im Falle börsennotierter Gesellschaften mag im Einzelfall bereits das Erreichen der Kontrollschwelle i.S.v. Art. 5 Abs. 3 der Übernahmerichtlinie i.V.m. § 29 Abs. 2 WpÜG, d.h. das Erreichen von 30 % der Stimmrechte, ausreichend sein.[38] Bei mehrstufigen Gesellschaftsverhältnissen ist es für eine Mitteilungspflicht notwendig, dass die Kontrollschwelle bei der potentiell mitteilungspflichtigen Gesellschaft mittelbar oder unmittelbar durch die natürliche Person überschritten wird.[39] Das Kriterium der wirtschaftlichen Interessensentsprechung ist beispielsweise erfüllt, wenn mehrere potentiell mitteilungspflichtige Personen an einer Gesellschaft beteiligt sind und nur bei Zusammenrechnung der Anteile die Möglichkeit haben, sich einen nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil zu sichern. Bei mehrstufigen Gesellschaftsverhältnissen muss die Kontrollschwelle bei der potentiell mitteilungspflichtigen Gesellschaft mittelbar oder unmittelbar durch die natürliche Person überschritten werden.[40]
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Gemeinnützige Gesellschaften und Einrichtungen unterliegen nach Prüfung nicht der Mitteilungspflicht, da die Führungspersonen und die Personen, die in enger Beziehung zu diesen Führungspersonen stehen, aufgrund der Gemeinnützigkeit der Gesellschaft oder Einrichtung keine nennenswerten wirtschaftlichen Vorteile aus der Gesellschaft oder Einrichtung erzielen können.[41]
3. Beginn und Ende der Stellung als Führungsperson
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Die Mitteilungspflicht beginnt mit der Übernahme der Stellung einer Person mit Führungsaufgaben. Sie endet, sobald die Person ihre Organstellung bzw. Stellung als „Top Executive“ beendet und sie damit keinen Einfluss mehr auf wesentliche unternehmerische Entscheidungen hat oder den Zugang zu Insider-Informationen verliert.[42] Auf die Beendigung eines etwa fortbestehenden Anstellungsvertrages kommt es nicht an.[43] Eine nachwirkende Mitteilungspflicht sieht das Gesetz nicht vor.[44]
2. Teil Emittenten-Compliance › 4. Kapitel Eigengeschäfte von Führungskräften (Directorsʼ Dealings) › C. Melde- und Veröffentlichungspflichten
I. Mitteilungspflichtige Geschäfte
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Die Person, die bei einem Emittenten von Aktien Führungsaufgaben wahrnimmt, sowie mit solchen Personen eng verbundene Personen haben Eigengeschäfte mit Aktien oder Schuldtiteln des Emittenten oder sich darauf beziehenden Finanzinstrumenten, insbesondere Derivaten bzw. mit Emissionszertifikaten, mitzuteilen.
1. Eigengeschäfte
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Der Begriff des Eigengeschäfts ist weit zu verstehen und umfasst jede Art von Erwerb oder Veräußerung von Finanzinstrumenten.[45] Welche Arten von Geschäften zu melden sind, konkretisiert Art. 10 der Delegierten Verordnung.[46] Aus dem Wortlaut ist zu schließen, dass die Aufzählung exemplarisch ist.[47] Zu den zu meldenden Geschäften zählen hiernach:
a) | Erwerb, Veräußerung, Leerverkauf, Zeichnung oder Austausch; |
b) | Annahme oder Ausübung einer Aktienoption, einschließlich der Führungskräften oder Arbeitnehmern im Rahmen ihres Vergütungspakets gewährten Aktienoptionen, und die Veräußerung von Anteilen, die aus der Ausübung einer Aktienoption resultieren; |
c) | Eingehen oder Ausüben von Aktien-Swaps; |
d) | Geschäfte mit oder im Zusammenhang mit Derivaten, einschließlich Geschäfte mit Barausgleich; |
e) | Abschluss von Differenzkontrakten über ein Finanzinstrument des betreffenden Emittenten oder über Emissionszertifikate oder darauf beruhenden Optionsobjekten; |
f) | Erwerb, Veräußerung oder Ausübung von Rechten, einschließlich von Verkaufs- und Kaufoptionen, sowie Optionsscheine; |
g) | Zeichnung einer Kapitalerhöhung oder Schuldtitelemission; |
h) | Geschäfte mit Derivaten und Finanzinstrumenten im Zusammenhang mit einem Schuldtitel des betreffenden Emittenten, einschließlich Kreditausfall-Swaps; |
i) | an Bedingungen geknüpfte Geschäfte bei Eintritt dieser Bedingungen und tatsächliche Ausführung der Geschäfte; |
j) | automatische und nicht automatische Umwandlung eines Finanzinstruments in ein anderes Finanzinstrument, einschließlich des Austauschs von Wandelschuldverschreibungen in Aktien; |
k) | getätigte oder erhaltene Zuwendungen und Spenden sowie entgegengenommene Erbschaften; ist die Führungskraft Erblasser, so besteht keine Meldepflicht für die eng verbundene Person als Begünstigter, da diese nach dem Tod der Führungsperson nicht mehr als eng verbundene Person anzusehen ist;[48] |
l) | ausgeführte Geschäfte mit an einen Index gekoppelten Produkten, Wertpapierkörben und Derivaten, sofern nach Art. 19 MAR eine Meldung vorgeschrieben ist; |
m) | Geschäfte, die mit Anteilen an Investitionsfonds ausgeführt werden, darunter Alternative Investment Fonds (AIF) gem. Art. 1 der RL 211/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, sofern nach Art. 19 MAR eine Meldung vorgeschrieben ist; |