Die Rechtsquellen des Hochschulrechts sind verstreut. Neben Normierungen des Bundes- und vor allem des Landesrechts bestehen zahlreiche Satzungen des autonomen Rechts der einzelnen Hochschulwesen.[1] Gemäß der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes nach der Föderalismusreform fällt das Hochschulwesen, abgesehen von der Hochschulzulassung und den Hochschulabschlüssen, in die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit der Länder (s.u. II. 5.). Neben allgemeinen verfassungsrechtlichen Vorgaben (s.u. II. 5.b) bestehen aber für das Hochschulrecht der Länder Vorgaben durch völkerrechtliche Verträge, die der Bund und der Freistaat Bayern in diesem Bereich geschlossen haben (s.u. II. 2.), sowie durch das Europarecht. Zum einen betreffen die Europäische Menschenrechtskonvention (s.u. II. 3.a) sowie im Rahmen des Europarats abgeschlossene Abkommen (s.u. II. 3.b) das Hochschulrecht, zum anderen erfasst das Recht der Europäischen Union über die ausdrücklichen Kompetenzen für allgemeine und berufliche Bildung und Jugend (Art. 165–Art. 166 AEUV) und Kultur (Art. 167 AEUV) sowie die Forschungsförderung (Art. 179 ff. AEUV) hinaus auch das Hochschulrecht, insbesondere durch die Auswirkungen der Grundfreiheiten einschließlich der durch die Unionsbürgerschaft (Art. 20 I AEUV) begründeten „allgemeinen“ Freizügigkeit (Art. 20 II lit. a AEUV) auch auf Bereiche, die „an sich“ in der Kompetenz der Mitgliedstaaten verblieben sind (s.u. II. 4.).
1. Kapitel Grundlagen › II. Rechtsgrundlagen › 2. Völkerrecht
a) Menschenrechtsverträge
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Gemäß Art. 26 Nr. 1 S. 4 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948[2] sollen „die höheren Studien … allen nach Maßgabe ihrer Fähigkeiten und Leistungen in gleicher Weise offenstehen.“ Dabei handelt es sich nicht um einen völkerrechtlichen Vertrag, sondern als Resolution der Generalversammlung um eine Empfehlung.[3] Gemäß Art. 13 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966[4], einem die Bundesrepublik Deutschland bindenden völkerrechtlichen Vertrag, erkennen die Vertragsstaaten das „Recht eines jeden auf Bildung an“. Der Hochschulunterricht muss „auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden“ (Art. 13 I 1, II lit. c IPwirtR). Daraus wurde ein Verbot von Studiengebühren hergeleitet,[5] im Ergebnis zu Unrecht.[6] Die Chancengleichheit auch im Hochschulbereich fordert Art. 10 des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18. Dezember 1979[7]. Während Art. 5 lit. e Abs. v des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 7. März 1966[8] lediglich allgemein „das Recht auf Erziehung und Ausbildung“ erwähnt, fordern Art. 28 I lit. c des Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989[9], „allen entsprechend ihren Fähigkeiten den Zugang zu den Hochschulen mit allen geeigneten Mitteln (zu) ermöglichen“ und Art. 22 Nr. 2 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951[10], dass die vertragschließenden Staaten „für die Zulassung zum Studium, die Anerkennung von ausländischen Studienzeugnissen, Diplomen und akademischen Titeln, den Erlaß von Gebühren und Abgaben und die Zuerkennung von Stipendien … eine möglichst günstige und in keinem Falle weniger günstige Behandlung gewähren, als sie Ausländern im allgemeinen unter den gleichen Bedingungen gewährt wird“.
aa) Abkommen des Bundes
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Deutschland ist Mitglied der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO). Gemäß Art. 1 II lit. b UAbs. 3 der Satzung[11] soll „das Ideal gleicher Bildungschancen für alle“ gefördert werden. Neben einer Reihe von Empfehlungen[12] wurden im Rahmen der UNESCO das Übereinkommen vom 15. Dezember 1960 gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen[13] und (auch im Rahmen des Europarates) das Übereinkommen vom 21. Dezember 1979 über die Anerkennung von Studien, Diplomen und Graden im Hochschulbereich in den Staaten der europäischen Region[14] geschlossen, ferner das von Deutschland ratifizierte Übereinkommen von Lissabon über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region vom 11. April 1997[15].
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Ferner hat der Bund, dem insoweit die konkurrierende Abschlusskompetenz zukommt,[16] eine Vielzahl bilateraler Abkommen geschlossen. Äquivalenzabkommen betreffen die Bedingungen für die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit von relevanten Abschlüssen im Hochschulbereich.[17] Abkommen über gemeinsame Hochschulen bestehen mit Frankreich[18] und der Türkei[19]. In zahlreichen Kulturabkommen,[20] Abkommen über kulturelle Zusammenarbeit[21] und sonstigen Abkommen[22] finden sich Bestimmungen über Austausch, Zulassungsbedingungen, Stipendien und Äquivalenzen.
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Die Hochschulrektorenkonferenz pflegt internationale Kontakte[23] und hat dabei eine Reihe von Vereinbarungen geschlossen.[24]
bb) Abkommen des Freistaats Bayern
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Im Rahmen seiner Zuständigkeit (vgl. Art. 181 BV)[25] hat Bayern neben dem Konkordat mit dem Heiligen Stuhl[26] eine Reihe von Staatsverträgen[27] im Hochschulbereich mit den anderen deutschen Ländern und dem Bund geschlossen. Am bedeutsamsten ist wohl der Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 24. Juni 1999/24. Dezember 2006[28]. Ferner sind zu nennen: Staatsvertrag über das Fernunterrichtswesen vom 16. Februar 1978[29], geändert durch Staatsvertrag vom 4. Dezember 1991[30]; Abkommen zwischen den Ländern in der Bundesrepublik Deutschland über die Genehmigung zur Führung akademischer Grade ausländischer Hochschulen und entsprechender ausländischer Grade vom 29. Oktober 1992[31]; Staatsvertrag über Fernstudien an Fachhochschulen vom 4. Oktober 1996[32]; Staatsabkommen über die Finanzierung wissenschaftlicher Forschungseinrichtungen vom 30./31. März 1969 (Königsteiner Abkommen)[33].
c) Welthandelsrecht
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Das im Rahmen der Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO)[34] geschlossene Allgemeine Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services – GATS) vom 15. April 1994[35] bietet die völkerrechtliche Grundlage für eine weltweite Liberalisierung des Bildungsmarktes.[36] Die Vertragsparteien, insbesondere aber auch die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten, machen jedoch von spezifischen Verpflichtungen wie Marktzugang (Art. XVI GATS) und Inländergleichbehandlung (Art. XVII GATS) vor allem in Bezug auf Anbieter von Bildungsdienstleistungen nur unter Vorbehalten Gebrauch. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten haben in Bezug auf Bildungsdienstleistungen uneingeschränkten Marktzugang und Inländergleichbehandlung nur für die Nachfrage von Bildungsdienstleistungen durch Ausländer im Inland, d.h. in Bezug auf ausländische Studierende aus Drittstaaten gewährt. Für Dienstleistungserbringer aus Drittstaaten bestehen dagegen Marktzugangsschranken. Eine allgemein geltende Ausnahme von der Inländergleichbehandlung besteht aufgrund eines Vorbehalts der EU für den weit verstandenen öffentlichen Sektor und für die Gewährung von Subventionen.[37]
1. Kapitel Grundlagen › II. Rechtsgrundlagen › 3. Europarecht im weiteren Sinne (insbesondere Europarat)
a) Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)
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Das Übereinkommen über