die Forschung und die Berufsausbildung zu fördern“ (Art. 2 lit. b). Die OECD veröffentlicht regelmäßig Studien und Empfehlungen zum Bildungs- und damit auch zum Hochschulbereich, auf deren Qualität hier nicht näher eingegangen werden kann.[39]
b) Europarat
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Der am 5. Mai 1949 gegründete Europarat[40] umfasste zunächst die freiheitlich-demokratischen Staaten Westeuropas. Nach der Überwindung des Ost-West-Gegensatzes hat er derzeit 47 Mitglieder. In seinem Rahmen wurden die Europäische Menschenrechtskonvention, aber auch eine Reihe speziell das Hochschulrecht betreffende Abkommen geschlossen.
aa) Europäische Menschenrechtskonvention
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Die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 1950[41] mit mittlerweile 16 Zusatzprotokollen enthält in Art. 2 ihres (ersten) Zusatzprotokolls (ZP I)[42] das Recht auf Bildung. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschied u.a., dass mit dem Recht auf Zugang zum Studium das Recht verbunden ist, dass die absolvierten Studien auch amtlich anerkannt werden.[43] Das Verbot des Tragens von Kopftüchern an türkischen Universitäten hielt er für durch den Staatsgrundsatz des Laizismus gerechtfertigt.[44] Generell ist das Recht auf Bildung vorrangig als Recht auf gleichen, diskriminierungsfreien Zugang zu verstehen, der allein an sachliche Kriterien wie leistungsbezogene Zulassungsvoraussetzungen anknüpfen darf.[45] Wie allgemein-völkerrechtliche Vorgaben sind die der EMRK, insbesondere aus Art. 2 ZP I i.V.m. Art. 14 EMRK, bei der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Studiengebühren zu beachten.[46]
bb) Weitere völkerrechtliche Abkommen im Rahmen des Europarats
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Speziell das Hochschulrecht betreffen insbesondere die sog. „Äquivalenzkonventionen“, die im Rahmen des Europarates geschlossen wurden.[47] Diese Abkommen werden, da der Europarat anders als die Europäische Union keine Rechtsetzungskompetenz hat, den Mitgliedstaaten zur Annahme empfohlen,[48] bedürfen aber deren Unterzeichnung sowie regelmäßig (da mit einem entsprechenden Vorbehalt versehen) der Ratifikation durch eine genügende Anzahl von Mitgliedstaaten. Die „Europäische Konvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse“ vom 11. Dezember 1953[49] berechtigt jeden Inhaber eines Reifezeugnisses aus einem Vertragsstaat, sich um die Zulassung zum Studium an den Universitäten und anderen Hochschulen der anderen Vertragsstaaten zu bewerben. Ferner einschlägig sind das Übereinkommen über die Gleichwertigkeit der Studienzeit an den Universitäten vom 15. Dezember 1956[50], das Europäische Übereinkommen über die allgemeine Gleichwertigkeit der Studienzeiten an Universitäten vom 6. November 1990[51] sowie das Europäische Übereinkommen über die akademische Anerkennung von akademischen Graden und Hochschulzeugnissen vom 14. Dezember 1959[52], das insbesondere Bedeutung für die Zulassung zu Aufbaustudiengängen und Promotionen hat. Allerdings bleiben dessen Verpflichtungen auf Absichtserklärungen und Bemühenszusagen beschränkt und lassen bestehende Zulassungsvoraussetzungen der Universitäten nach innerstaatlichem Recht unberührt.[53] Das Europäische Übereinkommen über die Fortzahlung von Stipendien an Studierende im Ausland vom 12. Dezember 1969[54] geht von einer „europäischen Kultur- und Bildungsgemeinschaft“ aus, weshalb sich die Vertragsstaaten verpflichten, die ihren Staatsangehörigen für Studienaufenthalte und Forschungsvorhaben gewährten unmittelbaren Finanzhilfen einschließlich der Beihilfen zu den Studiengebühren, der Unterhaltszuschüsse und der Studiendarlehen fortzuzahlen, wenn diese an einer Hochschule im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei zum Studium zugelassen werden. Geltende Vorschriften über die Zulassung von Studenten zu den Hochschulen und über die Vergabe von Stipendien bleiben jedoch davon unberührt. Die genannten Konventionen sind von unterschiedlicher Bedeutung. Während die Konvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse für das grenzüberschreitende Lernen in Europa einen entscheidenden Fortschritt gebracht hat, blieb die praktische Relevanz der anderen Abkommen eher gering, da insoweit bilaterale Äquivalenzabkommen hinzutreten müssen.[55] Für Unionsbürger kommen weitergehende Berechtigungen aus dem Unionsrecht (s. dazu u. II. 4.) in Betracht.
c) Europäische Bildungseinrichtungen
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Auf völkerrechtlicher Grundlage wurde eine Reihe europäischer Bildungseinrichtungen gegründet.[56] Hervorzuheben ist das 1976 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (damals Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft) gegründete Europäische Hochschulinstitut (EHI) in Florenz.[57] Dieses ist eine unabhängige Rechtsperson, die in vielfältiger Beziehung zur Europäischen Union steht und von dieser mitfinanziert wird. Dadurch wurde in abgewandelter Form die in Art. 9 II EAG-Vertrag vorgesehene „Europäische Universität“ verwirklicht.[58] Das EHI widmet sich dem Postgraduiertenstudium und der Forschung zu europäischen Themen auf den Gebieten der Politik-, Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie der Geschichte.[59] Ferner ist das 1949 gegründete Europa-Kolleg in Brügge (Stiftung belgischen Rechts) mit einem Postgraduiertenstudium in den Fächern Jura, Politik- und Wirtschaftswissenschaften zu nennen, das in Natolin (Polen) eine Filiale für die Ausbildung mittelosteuropäischer Kandidaten gegründet hat.[60]
d) Die Einordnung des sog. „Bologna“-Prozesses
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Der sog. „Bologna-Prozess“ will international einheitliche Studienstrukturen mit vergleichbaren Abschlüssen herbeiführen. Da weder die Europäische Union (s.u. II.4.) noch eine andere internationale Institution über Zuständigkeiten zur verbindlichen Normsetzung in diesem Bereich verfügt, bedurfte die Schaffung eines „europäischen Hochschulraumes“ des freiwilligen Konsenses der interessierten Staaten.[61] Nach Vorbereitungen durch die sog. Sorbonne-Erklärung der Bildungsminister Deutschlands, Frankreichs, Italiens und des Vereinigten Königreichs vom 25. Mai 1998[62] einigten sich am 19. Juni 1999 in Bologna die Bildungsminister der damals 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie weiterer 15 Staaten (denen sich später weitere anschlossen, so dass mittlerweile 47 Staaten sowie der Heilige Stuhl beteiligt sind) auf eine gemeinsame Erklärung, die auf ein „Europa des Wissens“ zielt.[63] Kern ist die Einigung auf ein europaweit vergleichbares Studiensystem mit zwei Hauptzyklen. Ein mindestens dreijähriges Studium führt zum „Bachelor“, der bereits „berufsqualifizierend“ sein soll. Daran kann sich für die berechtigten (vorgeschlagen werden u.a. Quoten) Studierenden ein ein- bis zweijähriges Postgraduiertenstudium mit dem Abschluss „Master“ anschließen. Beide Studienteile sollen durch ein gemeinsames System von Leistungspunkten (Credits) und durch eine sog. Modularisierung des Studiums europaweit vergleichbar gestaltet werden, um die Mobilität der Studierenden durch die Anerkennung der so bescheinigten Studienleistungen zu erleichtern.[64] Auch ein anschließendes Promotionsstudium soll strukturiert sein und ggf. eine Propädeutik enthalten, was ein bezeichnendes Licht auf die bis dahin erworbenen wissenschaftlichen Qualifikationen wirft.[65] Der sog. „Bologna-Prozess“ wird in zweijährigen Treffen der Bildungsminister fortentwickelt (Prag 2001, Berlin 2003, Bergen/Norwegen 2005, London 2007, Leuven/Louvain-la-Neuve 2009, Budapest/Wien 2010, Bukarest 2012, Jerewan 2015). Seine Umsetzung, die (wohl nur) in Deutschland für mehr oder weniger rechtlich verbindlich gehalten wird,[66] bereitet erhebliche Probleme und stößt wie die konkreten Vorgaben (nicht die Ziele besserer Abstimmung und Vergleichbarkeit und Erhöhung der Mobilität, hinsichtlich derer sich manche Regelung sogar als kontraproduktiv erwiesen hat) zunehmend auf Kritik.[67] Während manchen Studiengängen eine gewisse Strukturierung durchaus nottat, führt eine übertriebene Verschulung zum Verkümmern eines wirklichen Universitätsstudiums, das auch Kreativität und Flexibilität sowie geistige Freiheit beinhalten soll, führt eine übertriebene Vereinheitlichung zur Einschränkung der Vielfalt von Studienmöglichkeiten in Europa und damit einer Stärke der „in Vielfalt geeinten“[68] Union. Die Überbürokratisierung bindet Mittel und Kräfte und zieht sie von Forschung und Lehre, die jedenfalls nach bisherigem Verständnis