Problematik der Konkordatsprofessuren weitgehend obsolet. Insofern kann auf die Vorauflage dieses Handbuchs verwiesen werden.
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Im Kirchenvertrag sind keine den Konkordatsprofessuren vergleichbaren „Kirchenvertragslehrstühle“ vereinbart. Die evangelische Kirche hat auch keine entsprechenden Forderungen formuliert. Das in Art. 2 III des Kirchenvertrages enthaltene Versprechen, die Ausbildungsbedürfnisse der Studierenden der evangelischen Theologie im Fach Kirchenrecht zu berücksichtigen und die dazu in den Notenwechseln vom 12.9.1974 und 10.7.1978 ergangene staatliche Zusicherung, dass die Professur für Kirchenrecht am Juristischen Fachbereich der Universität Erlangen-Nürnberg wie bisher gewährleistet bleibt, räumt der Kirche kein formelles Mitspracherecht bei der Besetzung der entsprechenden Professuren ein.[40] Freilich wird dabei in der Praxis das Einvernehmen mit dem Landeskirchenrat gesucht. Das ist sinnvoll, um sicherzugehen, dass die vertragliche Verpflichtung zur Berücksichtigung des evangelischen Kirchenrechts durch den betreffenden Kandidaten auch erfüllt werden kann. Diese wäre beispielsweise durch die Berufung eines nicht-evangelischen oder eines betont kirchenfeindlichen Kandidaten jedenfalls gefährdet.
e) Regelungen zu Lehrangebot und zur Beteiligung bei Prüfungen
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Die hochschulbezogenen Regelungen in Konkordat und Kirchenvertrag beschränken sich nicht auf die Garantie von theologischen Fakultäten, Professuren und Einflussrechten der Kirchen in Bezug auf das Lehrpersonal. Vielmehr werden auch Regelungen inhaltlicher Art über das Lehrangebot an den Hochschulen und über die Rechte der Kirchen in Bezug auf das Prüfungswesen statuiert. So wird in Art. 5 I des Kirchenvertrages festgelegt, dass das Lehrangebot an den evangelisch-theologischen Fakultäten insbesondere den Bedürfnissen des Berufs eines evangelischen Pfarrers unter Berücksichtigung der kirchlichen Prüfungsordnungen Rechnung tragen muss. Damit wird darauf verwiesen, dass die Regelungen über die erforderliche Qualifikation zum Pfarrerberuf eine Angelegenheit der Kirchen ist, die dementsprechend eigene Regelungen dazu getroffen haben. Die evangelische Kirche unterhält auch ein eigenständiges Prüfungswesen.
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Ähnlich ist die Regelung für die katholisch-theologischen Fakultäten in Art. 4 § 1 des Konkordats, wonach deren Lehrangebot den Bedürfnissen des priesterlichen Berufs, daneben denen anderer seelsorgerischer Dienste nach Maßgabe der kirchlichen Vorschriften Rechnung tragen muss. Freilich wird, anders als bei der evangelischen Theologie, ein Studiengang mit kirchlichem Abschluss neben dem universitären Diplom an den bayerischen katholisch-theologischen Fakultäten nicht angeboten.
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Weiter wird im Konkordat und im Kirchenvertrag im Einzelnen angeordnet, inwiefern das Lehrangebot in den theologischen Fakultäten, der übrigen der Theologie gewidmeten vertraglich garantierten Professuren und in anderen Einrichtungen auch den Bedürfnissen der Lehrerausbildung entsprechen muss (Art. 5 II des Kirchenvertrages, Art. 4 § 2 des Konkordates). Den Kirchen wird ferner das Recht eingeräumt, Vertreter zu solchen staatlichen bzw. universitären Prüfungen zu entsenden, in denen die Lehrbefähigung für den Religionsunterricht festgestellt werden soll (Art. 5 VII des Kirchenvertrages, Art. 4 § 5 des Konkordates). Schließlich werden staatliche Studienordnungen an staatlichen Ausbildungsstätten für Studiengänge, die auf einen kirchlich ausgerichteten Beruf abzielen, im Benehmen mit dem Landeskirchenrat erteilt, Art. 4 VII des Kirchenvertrages – gemeint sind natürlich nur Berufe in der evangelischen Kirche.
f) Einrichtung neuer Studiengänge – insbesondere der „Bologna-Prozess“
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Unter der übergroßen Zahl von Reformen im Hochschulwesen der letzten Jahre nimmt der Bologna-Prozess einen besonderen Rang ein. Bei der Einführung konsekutiver Studiengänge nach dem Bachelor-/Master-Modell mit dem Bachelor-Abschluss als erstem berufsqualifizierenden Abschluss und beschränktem Zugang zum weiterführenden Master-Studiengang ist aber – anders als in anderen Fächern – im Bereich der theologischen Fakultäten die besondere Rechtsstellung der Kirchen auch in der Studienreform zu beachten.[41] Einseitig, d.h. ohne Zustimmung der Kirchen, kann der Staat, dem Universität und Fakultät für diese Problematik im Verhältnis zur Kirche zuzuordnen sind, das kirchliche Examen bzw. das Diplom jedenfalls nicht durch einen Bachelor- oder Masterabschluss ersetzen. Es gehört zu den eigenen Angelegenheiten der Kirchen, die Voraussetzungen festzulegen, unter denen der Zugang zum priesterlichen bzw. zum Pfarrerberuf möglich ist.[42] Das ergibt sich aus Art. 142 III BV sowie Art. 137 Abs. 3 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG, der das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften sichert.[43] Die Kirchen haben das Recht, die Anforderungen an die Vorbildung ihrer theologischen Mitarbeiter, insbesondere der Pfarrer, selbst zu bestimmen. Da die theologischen Fakultäten der Vorbildung der Pfarrer dienen, müssen die Fakultäten auch auf diese Anforderungen hin ausbilden. Die Kirchen versuchen, den Anforderungen des Bologna-Prozesses für das Theologiestudium aufgrund eigener Ordnungen auf verschiedene Weise Rechnung zu tragen, insbesondere durch eine stärkere Modularisierung des Studiums bei Beibehaltung der Besonderheiten der theologischen Ausbildung und ihrer Studienabschlüsse.[44]
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Durch die Einführung eines Bachelor-/Master-Studiums nach dem Bologna-Modell neben dem zum kirchlichen Examen führenden Studium würde dagegen die Funktion der theologischen Fakultäten nicht unmittelbar berührt. Dennoch können auch solche Studiengänge jedenfalls dann nicht ohne Zustimmung der Kirchen eingeführt werden, wenn sie zu einem kirchlichen Beruf hinführen oder wenn durch ihre Einführung die Theologenausbildung insgesamt beeinflusst wird. Zwar enthält nur der Kirchenvertrag die Klausel, dass für Studiengänge, die zu einem kirchlichen Beruf hinführen, (lediglich) das Benehmen mit dem Landeskirchenrat hergestellt werden muss. Allerdings kann insofern auf die Argumente der Rechtsprechung des BVerwG im Streit um die Einrichtung eines Diplomstudienganges katholische Theologie an der Universität Frankfurt zurückgegriffen werden.[45] Diese geht davon aus, dass die Einrichtung eines Diplomstudienganges „katholische Theologie“ an einer staatlichen Universität, der auf die Ausbildung zum katholischen Volltheologen abzielt und mit einem theologischen Diplom abschließt, wegen seiner Rückwirkungen auf die Theologenausbildung eine gemeinsame Angelegenheit von Staat und Kirche sei.[46] Obwohl die Einführung eines Studienganges an sich ein staatlicher Organisationsakt ist, wird damit die Errichtung eines theologischen Studienganges auch als Angelegenheit der Kirchen eingestuft und damit grundsätzlich auch dem Selbstbestimmungsrecht der Kirche zugeordnet. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar weiter ausgeführt, dass das Recht der Kirchen, ihre Angelegenheiten selbstständig zu ordnen und zu verwalten, seine Schranke nicht nur in einfach-gesetzlichen Regelungen findet, sondern auch in verfassungsrechtlichen Gewährleistungen, insbesondere in der Garantie der Wissenschaftsfreiheit mit den daraus herzuleitenden staatlichen Aufgaben.[47] Die staatliche Aufgabe der Wissenschaftspflege und das Eigeninteresse des Staates an der Pflege der wissenschaftlichen Theologie kann danach auch dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht als für alle geltendes Gesetz entgegen gehalten werden. Soweit die Kirche aber nachvollziehbare Gründe dafür ins Feld führen kann, dass die übrige Theologenausbildung und sonstige schützenswerte kirchliche Belange einschneidend berührt werden, müssen die möglicherweise verfolgten staatlichen Interessen zurücktreten. Dies ist aber bei einem auf einen kirchlichen Beruf ausgerichteten Theologiestudium ohne Weiteres der Fall, sollen nicht der Kirche von ihr für ungeeignet gehaltene Kandidaten aufgedrängt werden. Daher wäre unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung die Einführung eines gestuften Studiengangs mit dem Anspruch, mit dem Bachelorgrad eine Qualifikation für einen kirchlichen Beruf zu vermitteln, auch neben der herkömmlichen Ausbildung gegen den Willen der betroffenen Bekenntnisgemeinschaft nicht möglich.[48] Dieser Anspruch dürfte aber bei einem angeblich berufsqualifizierenden Abschluss wie dem Bachelorgrad implizit enthalten sein. Eine Einführung des Bachelor-/Master-Modells ließe sich allenfalls dann mit dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen vereinbaren,