wäre selbstverständlich auch die Einführung von Studiengängen nach diesem Modell mit Zustimmung der Kirche.
Das soeben Ausgeführte gilt allgemein für die Einführung neuer theologischer Studiengänge – auch abseits des Bachelor-/Master-Modells.
1. Kapitel Grundlagen › III. Staatskirchenrechtliche Grundlagen › 2. Verpflichtete und Berechtigte der staatskirchenrechtlichen Garantien
2. Verpflichtete und Berechtigte der staatskirchenrechtlichen Garantien
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Verpflichteter der staatskirchenrechtlichen Garantien ist der Staat. Diesen Verpflichtungen kann er durch Umorganisation in seinem Bereich nicht entgehen. Wenn der Staat etwa den Hochschulen weitgehende Autonomie zur eigenen Organisation einräumt, ändert das nichts daran, dass die Garantien der theologischen Fakultäten weiter bestehen. Das Land hat dann Sorge dafür zu tragen, dass es seine Verpflichtungen erfüllen kann. Als Einrichtungen des Staates sind die staatlichen Hochschulen überdies selbst an die Verfassung und die Gesetze, die staatskirchenrechtliche Regelungen enthalten, wie z.B. Art. 103 BayHSchG, gebunden. Sie sind beispielsweise auch zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften verpflichtet. Da Konkordat und Kirchenvertrag im Range eines Landesgesetzes stehen, sind alle staatlichen Einrichtungen an sie als objektive Rechtssätze wie an andere Landesgesetze gebunden. Auch die Universitäten sind daher an die Garantien der Staatskirchenverträge gebunden.
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Ein Element der gegenwärtigen Hochschulreform ist die Verlagerung von Aufgaben an die Hochschulen und ihre Leitungen und die Ersetzung unmittelbarer Kontroll- und Genehmigungsbefugnisse des Wissenschaftsministeriums durch Elemente der Kooperation zwischen Hochschulen und Ministerium. Ein wichtiges Instrument sind in diesem Zusammenhang Zielvereinbarungen, in denen grundlegende Strukturentscheidungen und Zielsetzungen der Hochschule in einer Vereinbarung mit dem Wissenschaftsministerium fixiert werden.[49] Auch bei deren Abschluss sind die verfassungsrechtlichen und vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Kirchen zu wahren. Dadurch ist die Möglichkeit, im Rahmen von Zielvereinbarungen Einsparungen im Bereich der theologischen Fakultäten zu versprechen, eingeschränkt.
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Wenn laut Konkordat und Kirchenvertrag „der Staat“ die jeweiligen Einrichtungen „unterhält“, ändert sich durch eine Veränderung der Aufgabenzuweisung zwischen Staat und Hochschulen an dieser Verpflichtung nichts. Auch dies wird durch Art. 103 I BayHSchG sichergestellt. Ersterer hat gegenüber seinem Vertragspartner, der Kirche, zu gewährleisten, dass die übernommenen Verpflichtungen erfüllt werden. Die Art und Weise, wie dies geschieht, ist freilich in den Verträgen nicht konkretisiert. Z.T. sind dazu die o.g. Sondervorschriften ergangen. Auch bei Abschluss oder Genehmigung von Zielvereinbarungen kann der Staat die Erfüllung seiner Verpflichtungen sichern. Sofern für die Durchführung des Vertrages Erklärungen der Kirchen oder deren Zustimmung erforderlich sind, sind die entsprechenden Verhandlungen, soweit nichts Abweichendes vereinbart ist, zwischen den Vertragspartnern, d.h. für den Staat die Staatsregierung und für die Kirchen deren Vertretungsorgan (Landeskirchenrat für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern bzw. Apostolischer Nuntius für den Heiligen Stuhl) zu führen. Die Kirchen können durch den Staat nicht an Dritte, wie etwa die Hochschulen, die ja selbstständige Rechtsträger sind, verwiesen werden.
1. Kapitel Grundlagen › III. Staatskirchenrechtliche Grundlagen › 3. Hochschuleinrichtungen anderer Kirchen und Religionsgemeinschaften
3. Hochschuleinrichtungen anderer Kirchen und Religionsgemeinschaften
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Abgesehen von den Konkordaten und Staatskirchenverträgen gelten die staatskirchenrechtlichen Grundlagen der Theologie an staatlichen Hochschulen selbstverständlich auch gegenüber solchen Kirchen und Religionsgemeinschaften bzw. ihren Theologien, mit denen keine vergleichbaren vertraglichen Vereinbarungen geschlossen wurden. Das gilt namentlich für die Ausbildungseinrichtung (Institut) für Orthodoxe Theologie der Universität München, für die durch § 42 der Grundordnung der Ludwig-Maximilians-Universität München vom 15. Juni 2007[50] eine ständige Kommission gebildet wurde, die die wesentlichen Fakultätsaufgaben im Prüfungs-, Promotions- und Habilitationswesen sowie bei Berufungen wahrnimmt. Das „nihil obstat“ bei der Berufung von Professoren der Orthodoxen Theologie erteilt der Griechisch-Orthodoxe Metropolit von Deutschland, der Vorsitzender der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland ist.
Eine Besonderheit stellt das Department für Islamisch-Religiöse Studien (DIRS) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) dar, das in die Philosophische Fakultät der FAU eingegliedert ist. Es gehört zu den fünf Hochschuleinrichtungen für islamische Theologie in Deutschland, die gemäß den Empfehlungen des Wissenschaftsrates „zur Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen“ vom 29.1.2010[51] eingerichtet wurden. Die Organisationsstruktur des Islam in Deutschland ist noch nicht so gefestigt, dass die im Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften gem. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 III WRV bzw. Art. 142 III BV wurzelnden Mitwirkungsrechte (s. dazu o. Rn. 119 ff., 128, 131) durch eine oder mehrere islamische Religionsgemeinschaften wahrgenommen werden könnten. Derzeit ist noch nicht klar, ob und welche islamischen Verbände „Religionsgemeinschaften“ sind und welche Theologie sie gegenüber dem Staat repräsentieren können. Gemäß den genannten Empfehlungen des Wissenschaftsrates wird daher bei den islamisch-theologischen Hochschuleinrichtungen mit je nach Bundesland unterschiedlich strukturierten „Beiräten“ gearbeitet. Diese Beiräte, die aus Repräsentanten des Islam und der Wissenschaft zusammengesetzt sind, nehmen Funktionen wahr, die bei den evangelischen oder römisch-katholischen theologischen Fakultäten durch die jeweiligen Kirchen wahrgenommen werden.[52] Das kann verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden, wenn die Einrichtung der Beiräte und ihre Tätigkeit (auch) von einer selbstbestimmten Entscheidung der jeweils beteiligten Religionsgemeinschaft getragen werden. Solange solche Religionsgemeinschaften noch nicht etabliert sind bzw. solange unklar ist, ob und inwieweit sie die jeweils vermittelte islamische Theologie repräsentieren, ist eine solche Beiratslösung als Übergangslösung vertretbar. Für das DIRS der FAU ist gem. § 11a der Grundordnung der FAU ein Beirat eingesetzt worden, der „die zuständigen Organe der Universität bei der Einrichtung islamisch-religiöser Studiengänge und bei der Besetzung von Professuren mit islamisch-religiösem Schwerpunkt unter religiösen Gesichtspunkten (berät)“. Ihm gehören Vertreter der in Bayern relevanten muslimischen Verbände, muslimische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie Gelehrte der islamischen Theologie und fachverwandter Wissenschaften an, die von der Universitätsleitung ernannt werden. Mit seiner Zusammensetzung und seiner nur beratenden Funktion kann er nicht als Einrichtung qualifiziert werden, die von einer selbstbestimmten Entscheidung einer oder mehrerer islamischer Religionsgemeinschaften getragen wird und der die Mitwirkungsrechte dieser Religionsgemeinschaften wahrnimmt. Er hat vielmehr ersichtlich den Charakter einer Übergangslösung im hier dargelegten Sinne.
Anmerkungen
v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl. 2006, S. 141 f.; Hollerbach, Vertragsrechtliche Grundlagen, S. 253 (271 f.); ders., Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, 1995, S. 151 ff.; Lutz-Bachmann, Mater rixarum?, 2015, 193 ff., 201 ff.