von …«
•»Meine Zufriedenheit/Mein Wohlgefühl steigt, wenn …«
•»Ich habe im Leben anderer Spuren hinterlassen durch …«
•»Als Teil unserer Gesellschaft kann ich darauf bauen, dass …«
Direkt anschließend setzten die Beteiligten das Gespräch anhand der folgenden Fragen weiter fort und entwickelten erste bzw. weitere konkrete Ideen für eigene Projekte:
•»In welchen Momenten in deinem Alltag fühlst du dich als (ein aktiver) Teil der Gesellschaft?«
•»Für wen spielst du eine wichtige Rolle im Leben? Was würde diese Person sagen, was es ohne dich nicht geben würde?«
•»Wo möchtest du in deinem Umfeld gerne Veränderung anstoßen? Welche zentrale Fähigkeit bringst du dafür mit? Und wen kannst du als Verbündete/-n dafür gewinnen?«
Im Plenum folgte eine längere Diskussion darüber, was genau unter »Politik« zu verstehen ist und wo die Grenze zwischen dem politischen und dem vorpolitischen Raum verläuft. Aus unserer Sicht war es ein weiterer wichtiger Aspekt des Workshops, diese Vielfalt der Einschätzungen stehen zu lassen und keine abschließende Antwort darauf zu finden, denn es existieren diesbezüglich (auch) in der Politikwissenschaft zahlreiche unterschiedliche Auffassungen. Im Rahmen unserer Arbeitseinheit war es uns ein zentrales Anliegen, den Beteiligten eine Auseinandersetzung mit der politischen Sphäre und das Sich-in-Beziehung-Setzen mit Gesellschaft zu ermöglichen. Wo bin ich betroffen? An welcher Stelle kann ich einen Unterschied machen? Was bringe ich dafür mit, und auf wen kann ich dabei vertrauen?
In einem letzten Schritt ging es in unserem Workshop noch einmal in Kleingruppen darum, konkrete Veränderungsszenarien zu entwerfen:
•»Welche Themen treiben dich aktuell um?«
•»Welchen Aspekt in deiner Umgebung kannst und willst du verändern?«
•»Welche Beteiligungsmöglichkeiten siehst du?«
•»Was kannst du gleich heute bzw. morgen, wenn du wieder zu Hause bist, konkret unternehmen?«
Bereichert durch zahlreiche berührende Geschichten, kritische Impulse, spannende Ideen, humorvolle Anekdoten und einer wahrgenommenen Verbundenheit in aller Unterschiedlichkeit, nahmen wir schließlich Abschied von zumeist zufriedenen Teilnehmenden und fühlten uns bestärkt in der Idee: »Davon geht noch mehr, denn es ergibt Sinn!«
Den Ansatz, systemische Biografiearbeit als Methode der politischen Bildung zu nutzen, um Menschen ins gesellschaftspolitische Handeln zu bringen, haben wir nicht erfunden. Er wird schon an vielen Stellen in der Praxis erfolgreich umgesetzt. Allerdings ist er in der Fläche noch wenig bekannt und bislang kaum beschrieben. Da wir dieser Verbindung zutrauen, einen Unterschied bilden und die Demokratie stärken zu können, möchten wir hier einen kleinen Beitrag leisten und dazu ermutigen, systemisches Denken noch stärker für gesamtgesellschaftliche Prozesse nutzbar zu machen (sei es in Form von Workshops, Einzelgesprächen, im schulischen wie außerschulischen Kontext u. v. a. m.).
In keinem anderen Gesellschaftssystem als der Demokratie ist das Individuum in der Lage, eigenmächtiger und selbstwirksamer zu agieren. Wir dürfen die Menschen dazu einladen, ihre Handlungsspielräume noch intensiver zu nutzen.
Aus der Praxis
Cornelia Stieler ist Systemische Coachin und Therapeutin, Kommunikations- und Betriebspsychologin und Biografietrainerin. Sie ist Gründerin der WaldAkademie Machern bei Leipzig, in der sie sich unter der Marke »OSTZIGARTIG« auf die Begleitung von Menschen mit ostdeutschen Biografien spezialisiert hat. Mithilfe des biografischen Arbeitens bringt sie die Teilnehmenden ihrer Workshops aus Ost- und Westdeutschland in den (politischen) Dialog. Eindrücke aus ihrer Arbeit schildert sie hier im Interview:
Welchen Einfluss hat das politische System, in dem Menschen leben und handeln, auf ihre Biografie?
CORNELIA STIELER Aus meiner Erfahrung wird der Einfluss der gesellschaftlichen Prägung auf die Individualbiografie deutlich unterschätzt. Und zwar gesamtgesellschaftlich ebenso wie individuell. Ein gesellschaftliches System vermittelt eine bestimmte Ideologie, schafft idealerweise Raum für Auseinandersetzungen mit verschiedenen gesellschaftlichen Ansätzen, es prägt Menschenbilder, interpretiert Geschichte und nimmt Einfluss auf die Erziehungssysteme. Eine Diktatur agiert anders als eine Demokratie, greift stark in Erziehung ein, beschneidet das Recht auf selbstbestimmtes Denken und manipuliert die Auseinandersetzung ihrer Bürger und Bürgerinnen mit unterschiedlichen Gesellschaftsmodellen zu ihren ideologischen Gunsten. Das kann nicht ohne Auswirkungen auf Menschen bleiben. Politik hat in einer Diktatur einen anderen Stellenwert, denn sie ist omnipräsenter, aber oft auch unbeliebter. Menschen gehen je nach Persönlichkeit und Kontext ganz unterschiedlich damit um: Manche arrangieren sich – mit der guten Absicht, für sich und die Familie die bequemste und einträglichste aller Möglichkeiten gewählt zu haben. Andere gehen in den Widerstand, nehmen dafür hohe Risiken in Kauf. Und Weitere entwickeln eine hohe Ignoranz gegen alles Politische und gehen in die Vermeidung. Diese jeweils gelebten Verhaltensweisen sind ein individualbiografisches Gepäck, das die Betroffenen oft auch unhinterfragt weiter mit sich tragen, selbst wenn Kontexte sich ändern, das politische System ein anderes wird.
Welche Unterschiede erleben Sie diesbezüglich bei der Arbeit mit Menschen aus Ost- bzw. Westdeutschland?
CORNELIA STIELER Auch in der westdeutschen Gesellschaft gibt es Menschen, denen politische Themen näher sind, und welche, die Politik mit großem Desinteresse begegnen und in Gesprächen durch Unwissenheit glänzen. Die Ursachen dafür sind nur andere, denn in der Bundesrepublik war es – im Gegensatz zur DDR – nicht unter Strafe gestellt, sich politisch differenziert und breit zu informieren. Wenn Ost- und Westdeutsche miteinander im Dialog über politische Themen sind, ist es vor allem spannend, aus welchen jeweiligen gesellschaftlichen Lagern Menschen aus Ost und West aufeinandertreffen. Treffen desinteressierte und mit Halbwissen ausgestattete Westdeutsche auf gut informierte, einst kritischoppositionelle Ostdeutsche, kann die Mischung genauso schwierig sein, als wenn politisch interessierte, gebildete Westdeutsche und politisch angepasst aufgewachsene Ostdeutsche aufeinandertreffen. Als Ostdeutsche erlebe ich oft bei linksorientierten Westdeutschen völlig idealisierte Sozialismusvorstellungen, bei denen es mich manchmal gruselt. Da wünsche ich mir oft mehr Interesse an der Frage: »Wie war es denn im real existierenden Sozialismus – ganz konkret?« Ich erlebe es noch zu oft, dass Westdeutsche ihr angelesenes Wissen dem gelebten Leben in einer Diktatur entgegensetzen wollen und direkten Dialogen mit Ostdeutschen eher aus dem Weg gehen. Mich beschäftigt die Frage, woran es liegt, dass so wenig Interesse da ist. In Gruppen, in denen mit der Haltung des neugierigen Nichtwissens die Geschichte des anderen erforscht wird, erfahren wir oft sehr viel Neues voneinander. Auch ich lerne immer wieder Neues. Davon wünsche ich mir einfach mehr.
Was verstehen Sie unter gesellschaftspolitischer Selbstwirksamkeit?
CORNELIA STIELER Das bedeutet für mich, ganz konkret im Kleinen zu beginnen, jeder in seinem direkten Umfeld. Bei Gesprächen in der Verwandtschaft, unter Kollegen, mit dem Nachbarn. Ich erlebe, dass viele sich damit schwertun. Viele politische Themen »hängen« förmlich in der Luft, aber den Menschen fehlt teilweise die Kraft, das Interesse oder auch die Gesprächsfähigkeit, miteinander verschiedene Sichtweisen differenziert auszutauschen. Ich habe noch immer das Gefühl, dass Ostdeutsche große Schwierigkeiten haben, Meinungsvielfalt in ihrer direkten Umgebung auszuhalten. Mein Eindruck ist, dass die Diktatur in diesem Punkt tatsächlich ganze Arbeit geleistet hat, weil sie über 40 Jahre lang »Gleichmacherei« zum Ziel erklärt hat. In der DDR gab es nur zwei Kategorien: Freund oder Feind! Diese »Schwarz-Weiß-Denke« hat sich bei großen Teilen der Gesellschaft sehr tief festgesetzt, und es ist ein mühsamer Prozess, es durch ein »Denken in Graustufen« zu ersetzen.