auf einen andern warten? 4 Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr hört und seht: 5 Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt; 6 und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert.
7 Als sie fortgingen, fing Jesus an, zu dem Volk über Johannes zu reden: Was wolltet ihr sehen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das vom Wind bewegt wird? 8 Oder was wolltet ihr sehen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Menschen in weichen Kleidern? Siehe, die weiche Kleider tragen, sind in den Häusern der Könige. 9 Oder was wolltet ihr sehen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Propheten? Ja, ich sage euch: Er ist mehr als ein Prophet. 10 Dieser ist‘s, von dem geschrieben steht: »Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll.«
11 Wahrlich, ich sage euch: Unter allen, die von einer Frau geboren sind, ist keiner aufgetreten, der größer ist als Johannes der Täufer; der aber der Kleinste ist im Himmelreich, ist größer als er. 12 Aber von den Tagen Johannes des Täufers bis heute leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt tun, reißen es an sich. 13 Denn alle Propheten und das Gesetz haben geweissagt bis hin zu Johannes; 14 und wenn ihr‘s annehmen wollt: Er ist Elia, der da kommen soll. 15 Wer Ohren hat, der höre!
16 Mit wem soll ich aber dieses Geschlecht vergleichen? Es ist den Kindern gleich, die auf dem Markt sitzen und rufen den andern zu: 17 Wir haben euch aufgespielt und ihr habt nicht getanzt; wir haben Klagelieder gesungen und ihr habt nicht geweint. 18 Denn Johannes ist gekommen, aß nicht und trank nicht, und sie sagen: Er ist von einem Dämon besessen. 19 Der Menschensohn ist gekommen, isst und trinkt, und sie sagen: Siehe, dieser Mensch ist ein Fresser und Weinsäufer, ein Freund der Zöllner und Sünder! Und doch ist die Weisheit gerechtfertigt worden aus ihren Werken.
Mt 11,1–19 Johannes befragt Jesus 11,1 Diese Gebote […] beendet hatte, Jesus entsendet seine Jünger nicht auf eine selbständige Missionsreise (im Gegensatz dazu: Mk 3,14; Lk 7,18–35). 11,2–3Gefängnis, Josephus lokalisiert den Ort von Johannes’ Inhaftierung in Machaerus, acht Kilometer östlich des Toten Meeres (Ant. 18,116–19). Christus, vgl. Mt 3,13–17. Seine Jünger, vgl. Anm. zu 9,14; Mt 14,12. 11,4–5 Was ihr seht und hört, zwar erfüllt Jesus einige messianische Erwartungen, jedoch divergierten die Erwartungen, wer der Messias sei und was passieren würde, wenn er käme (Jes 35,4–6.9–10; vgl. auch Jes 26,19; 29,18–19 und syrBar 29,6; 4Q521; 11QMelch 18). Vgl. „Messianische Bewegungen“. Matthäus lässt den Ausdruck, „den Gefangenen die Freiheit [verkündigen]“ (Jes 61,1) aus. Vielleicht will Jesus auch eine direkte Antwort vermeiden, da ein Bericht an den gefangenen Johannes mit den Worten „Ich bin der Messias“ auch zu seiner eigenen Gefangennahme führen könnte. 11,10 Vgl. Mal 3,1. 11,11 Von einer Frau geboren, Sterbliche; vgl. Hiob 14,1; 15,14; 25,4; bSchab 88b. Der Kleinste […] im Himmelreich, d.h. alle, die Jesus nachfolgen und im Himmelreich sind. 11,13 Propheten und das Gesetz, die Schrift Israels, die den Messias erwartet (Apg 3,24; bBer 34b, „Sämtliche Propheten haben über nichts anderes geweissagt, als über die messianischen Tage“; vgl. auch bSchab 63a; bSan 99a). Tertullian (pud. 8) sah in der Ankunft Johannes’ des Täufers eine Negation der Tora. 11,14–15 Vgl. Joh 1,21. Elia, Vorläufer des messianischen Zeitalters, nach Mal 3,23 aber nicht Vorbote eines Messias; vgl. auch Sir 48,10. In bSan 98a wird Elia, als der erwartete Messias, von den Rabbinen bezüglich seiner Ankunft befragt. 11,18 Aß nicht und trank nicht, er lebte asketisch. 11,19 Menschensohn, vgl. Anm. zu 8,20. Fresser und Weinsäufer, Anspielung auf den widerspenstigen Sohn (Dtn 21,20). Zöllner und Sünder, vgl. Anm. zu 5,46 und 9,10. Weisheit, gr. sophia; hebr. chochma, ist die weibliche Erscheinungsform des Göttlichen (Spr 1–9 [besonders Kap. 8]); Weish 7,21–8,1).
20 Da fing er an, die Städte zu schelten, in denen die meisten seiner Taten geschehen waren; denn sie hatten nicht Buße getan:
21 Wehe dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida! Wären in Tyrus und Sidon die Taten geschehen, die bei euch geschehen sind, sie hätten längst in Sack und Asche Buße getan. 22 Doch ich sage euch: Es wird Tyrus und Sidon erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als euch. 23 Und du, Kapernaum, wirst du bis zum Himmel erhoben werden? Du wirst bis zur Hölle hinabfahren. Denn wenn in Sodom die Taten geschehen wären, die in dir geschehen sind, es stünde noch heutigen Tages. 24 Doch ich sage euch: Es wird dem Land von Sodom erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als dir.
Mt 11,20–24 Jesus verdammt drei Städte (Lk 10,13–15) 11,21 Wehe dir, ein prophetischer Ausdruck (Jes 5,11–17; 23,1–12; 29,15–21). Chorazin […] Betsaida, jüdische Städte an der Nordspitze des Galiläischen Meeres, nahe Kapernaum (vgl. Mk 6,45; 8,22; Lk 9,10–17; Joh 1,44). Tyrus und Sidon, Städte am Mittelmeer, die wegen ihres übertriebenen Reichtums zurechtgewiesen wurden (Jes 23; Ez 28; vgl. Jer 25,22; 27,3; 47,4; Joel 4,4–7; Sach 9,1–4). 11,23 Kapernaum, vgl. Anm. zu 4,13. Hölle, gr. hades, gleichbedeutend mit gehenna; das Totenreich (vgl. Anm. zu 5,22). Sodom, vgl. Anm. zu 10,15.