so hast du deinen Bruder gewonnen. 16 Hört er nicht auf dich, so nimm noch einen oder zwei zu dir, damit jede Sache durch zweier oder dreier Zeugen Mund bestätigt werde. 17 Hört er auf die nicht, so sage es der Gemeinde. Hört er auch auf die Gemeinde nicht, so sei er für dich wie ein Heide und Zöllner. 18 Wahrlich, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein.
19 Wahrlich, ich sage euch auch: Wenn zwei unter euch einig werden auf Erden, worum sie bitten wollen, so soll es ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel. 20 Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.
Mt 18,15–20 Gemeinderegel 18,15Lk 17,1–4. Rabbinische Quellen bemerken, dass diejenigen, die anderen Scham zufügen, aus der kommenden Welt ausgeschlossen sein könnten (mAv 3,11; bSan 107a). 18,16 Durch zweier oder dreier Zeugen Mund, vgl. Dtn 17,6–7; 19,15; vgl. tSan 8,3. 18,17 Heide und Zöllner, Menschen, die das Evangelium nicht kennen. 18,18 Binden […] lösen, vgl. Anm. zu 16,19. 18,20 Wo zwei oder drei versammelt sind, das Göttliche (hebr. schechina) ist anwesend, wenn Menschen gemeinsam Tora lernen (mAv 3,2.6).
21 Da trat Petrus hinzu und sprach zu ihm: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist‘s genug siebenmal? 22 Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal[*].
Mt 18,21–22 Vergebung 18,21 Vgl. Anm. zu 16,18. Siebenmal, rabbinische Quellen erklären, dass man nur drei Mal um Vergebung bitten muss (z.B. bJom 86b–87a), aber dass derjenige, der um Vergebung gebeten wird, auch vergeben sollte, so z.B. bTaan 20a („Stets sei der Mensch biegsam wie das Rohr und nicht hart wie die Ceder“ in Dingen der Vergebung) und bSchab 151b: „Wer sich seiner Mitmenschen erbarmt, dessen erbarmt man sich im Himmel, wer sich seiner Mitmenschen nicht erbarmt, dessen erbarmt man sich auch nicht im Himmel“ (vgl. auch bRHSch 17a; bMeg 28a). 18,22 Siebzigmal siebenmal, dieselbe Formulierung wie in Gen 4,24 (LXX), wo Brudermord verhandelt wird. Die Formulierung bei Matthäus könnte auf diese Art eine klassische Blutfehde mit der Intimität der jesuanischen Gemeinschaft kontrastieren wollen.
23 Darum gleicht das Himmelreich einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. 24 Und als er anfing abzurechnen, wurde einer vor ihn gebracht, der war ihm zehntausend Zentner Silber schuldig. 25 Da er‘s nun nicht bezahlen konnte, befahl der Herr, ihn und seine Frau und seine Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen und zu zahlen. 26 Da fiel der Knecht nieder und flehte ihn an und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir‘s alles bezahlen. 27 Da hatte der Herr Erbarmen mit diesem Knecht und ließ ihn frei und die Schuld erließ er ihm auch.
28 Da ging dieser Knecht hinaus und traf einen seiner Mitknechte, der war ihm hundert Silbergroschen schuldig; und er packte und würgte ihn und sprach: Bezahle, was du schuldig bist! 29 Da fiel sein Mitknecht nieder und bat ihn und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir‘s bezahlen. 30 Er wollte aber nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis, bis er bezahlt hätte, was er schuldig war.
31 Als nun seine Mitknechte das sahen, wurden sie sehr betrübt und kamen und brachten bei ihrem Herrn alles vor, was sich begeben hatte. 32 Da befahl ihn sein Herr zu sich und sprach zu ihm: Du böser Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich gebeten hast; 33 hättest du dich da nicht auch erbarmen sollen über deinen Mitknecht, wie ich mich über dich erbarmt habe? 34 Und sein Herr wurde zornig und überantwortete ihn den Peinigern, bis er alles bezahlt hätte, was er schuldig war.
35 So wird auch mein himmlischer Vater an euch tun, wenn ihr nicht von Herzen vergebt, ein jeder seinem Bruder.
Mt 18,23–35 Das Gleichnis des unversöhnlichen Dieners Vgl. Lk 7,41–43 und Sir 28,1–5, wo das Vergeben des eigenen Nachbarns Bedingung dafür ist, selbst Vergebung zu erfahren. Dieses Gleichnis findet sich nur im MtEv. Obwohl Matthäus häufig Reichtum thematisiert, beziehen sich die „Talente“ (gr. talantōn, die Lutherbibel übersetzt in V. 4 „Silber“) hier auf geistliche Güter. Sünde als Schuld(en) zu bezeichnen ist im Aramäisch sprechenden Judentum bereits verbreitet: Das aram. chov bezeichnet beide Begriffe zugleich. Vgl. auch Mt 6,12; Lk 11,4. Auch in Dtn 15,1–2 sind Schuld(en) und Sünde miteinander verbunden; vgl. auch BerR 85,2; 92,9; et al. 18,23 König, klassischerweise als Gott gedeutet; die allegorische Verbindung zwischen Gott und einem König findet sich auch in rabbinischen Quellen (z.B. tBer 6,18; tBQ 7,2; bBer 33b, bChag 16a). 18,24 Zehntausend Zentner Silber, mehrere Millionen Euro in heutiger Währung (Est 3,9). 18,25 Befahl […] ihn zu verkaufen, biblisches und römisches Recht gestatteten Schuldknechtschaft; Rom hob diese Praxis 326 u.Z. durch die Lex Poetelia auf. Vgl. Ex 21,2; 1Sam 22,2; Jes 50,1; Am 2,6; mSot 3,8 gibt zu verstehen, dass eine Frau nicht als Entschädigung verkauft werden kann, ein Mann jedoch schon; bezüglich der römischen Praxis vgl. Liv. 2,23; 8,28. 18,35 So wird auch mein himmlischer Vater an euch tun, ein strenges, eschatologisches Gericht.
1 Und es begab sich, als Jesus diese Rede vollendet hatte, machte er sich auf aus Galiläa und kam in das Gebiet von Judäa jenseits des Jordans; 2 und eine große Menge folgte ihm, und er heilte sie dort.