Ralos Znarf

Zapfenstreich für Österreich


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e n t g e g e n - harrend.

      Jedoch nach mehrmaliger Betätigung der Klospülung drang ein neuer Geruch in den Vordergrund....die WC-Ente, ein Mitbringsel der besorgten Mutter; sie schien in burlesker Manier zu quaken; und siehe da: wie eine Handpuppe, die durch die einschlüpfenden Finger des Spielers zum Leben erwacht, stellte sich auch Karls Kasperl wieder auf und rief:

      „Rawuzikapuzi, die Prinzessin hat mich gerufen!“

      Schlagartig war Karls Trübsinn verflogen und er traf, jegliche Vernunft und Einsicht verleugnend, die Vorbereitungen, um sich den lockenden Rufen der begehrenswerten Büroangestellten zu stellen. Mit nahezu neurotischer Sorgfalt säuberte er die zuletzt so heftig in Anspruch genommene Region seines Leibes – und machte sich dann auf die Suche nach frischer Wäsche.

      Als gelernter Junggeselle pflegte sich Karl nie die Mühe zu machen, die ungebügelten Kleidungstücke im Schrank übersichtlich zu stapeln. Vielmehr erkennen wir in ihm einen Experten in der Kunst des 'Stopfens'.

      Zwischen losen Socken, Hemden und T-Shirts fand sich bald auch eine Unterhose, die, so wie ihre Artgenossen, aus naheliegenden Gründen schwarz war. Zu den Jeans wählte er ein beiges Hemd von fragwürdiger, verknitterter Eleganz. Wegen der überflüssigen Mühsal waren die Socken auch nicht paarweise gelagert und so zupfte er aus dem Textilienhaufen Einzelstücke von ähnlicher Farbe - der eine war dunkelblau, der andere dunkelgrau.

      Nach hektischem Suchen fand er auch seine Schuhe, es waren Sportschuhe, ein Paar hochfunktionaler 'Cross-Trainer', für die er im Frühjahr unsinnige zweihundertvierzig Euro bezahlt hatte.

      Schließlich warf er den braunen Wollpulli über die Schultern, steckte die schmale Geldbörse in die Gesäßtasche, nahm Handy und Schlüssel an sich und krönte das Antlitz zuletzt mit einem 'RayBan'-Sonnenbrillen-Imitat.

      Im Stiegenhaus überfiel ihn wieder der gewohnte bestialische Gestank.

      Ein Stockwerk tiefer lebte eine frühpensionierte Putzfrau - keine Kinder, keine Enkel. Alleine. Nicht ganz: immerhin, so wurde erzählt, hatte sie in ihrer Wohnung ein Aquarium, drei Vogelkäfige (inklusive Papagei) und – einen Zwergpudel (grau). Da sie dem Hundefutter aus dem Supermarkt misstraute, pflegte sie Knochen- und Fleischreste beim Fleischhauer zu besorgen. Am liebsten Kutteln. Diese kochte sie in der Kochnische ihre Zimmer-Küche-Kabinett Wohnung.

      Über die üblen Gerüche hatten sich die anderen Hausparteien oft beschwert.

      Da Frau D. aber ein Sozialfall war – in ihrer Kindheit war sie Missbrauchsopfer gewesen (Vater), wurde geschlagen (Mutter) und später bestohlen (der geliebte Neffe) – gestand die Hausverwaltung ihr besondere Freiheiten zu. So mussten die Hausbewohner es auch hinnehmen, vom grauen Zwergpudel der Frau D. regelmäßig und gehässig angebellt zu werden.

      Als Ingenieur Hauser aus dem zweiten Stock einmal den Hund grob zurechtwies, erlitt Frau D. einen Heulkrampf, der zwei Tage andauerte. Schließlich erschienen, herbeigerufen von den zwei politisch bewusst lebenden Studentinnen aus der WG im ersten Stock, drei Mitarbeiter des Tierschutzvereins, gemeinsam mit dem Kamerateam eines TV Privatsenders. Die Hausbewohner wurden vor laufender Kamera mit ihrem „inhumanen Verhalten“ gegenüber Frau D. und vor allem gegenüber dem grauen Zwergpudel konfrontiert. Fast alle Interviewten verhielten sich verlogen einsichtig und anbiedernd.

      Nur Ing. Hauser vertrat vehement, stur und beharrlich seinen Standpunkt: man hat ja als erwachsener Mann und Steuerzahler schließlich ein Recht darauf, respektvoll behandelt zu werden.

      Die Konsequenzen ließen nicht lange auf sich warten: nach Ausstrahlung der Sendung gab es hunderte Leserbriefe in den unterschiedlichsten Printmedien; auch die öffentlich-rechtlichen Sender nahmen sich des Vorfalles an; zahlreiche Internetforen erhoben Tierschutz- und Menschenrecht zum Hauptthema. Und überall der gleiche Tenor: Ing. Hauser ist ein faschistoides Schwein!

      Als nach einigen Tagen 40 Vertreterinnen des Vereins „Gender und Tier“ (abgekürzt: GuT) Ing. Hauser vor der Haustür auflauerten und ihn zunächst laut weinend und schließlich brutal anpöbelnd zur Rede stellten, erlitt der 62-jährige einen Schlaganfall.

      So gut seine Ehefrau ihn auch pflegte, Ing. Hauser blieb an den Rollstuhl gefesselt und konnte auch nicht mehr sprechen. Obwohl ihr dringend davon abgeraten worden war, strengte Frau Hauser einen Prozess an. Die zuständige Richterin sah aber keinen zwingenden Zusammenhang zwischen dem Verhalten von ´GuT´ und Ing. Hausers „Malheur“. Und schließlich müsse das Recht auf freie Meinungsäußerung und Demonstrationsfreiheit gewährleistet bleiben!

      Für die zweite Instanz fehlten Frau Hauser die Nerven. Auch waren die Gerichtskosten unbezahlbar. Die Ersparnisse waren weg, der Offenbarungseid musste geleistet werden, Ing. Hauser verließ die Wohnung nie wieder und der graue Zwergpudel bellte weiter gehässig vor sich hin.

      Karl hatte sich am Tag der TV Interviews eine Kostprobe von 'StiffyDicki' genehmigt. Das war gut: denn die roten, tränenden Augen wurden allgemein als Zeichen großen Mitgefühls interpretiert. Auch erschien er den Zusehern als sehr „zerbrechlich“ und „einfühlsam“. Die Redakteurin des TV Privatsenders schloss ihn sofort ins Herz. Dummerweise verspielte er seinen Bonus und die Aussicht auf einen Redaktions-Job sehr schnell: er verkaufte der Redakteurin und dem Kameramann je eine indische Vulkanisierungspumpe.

      °°°°°

      Kapitel 3

      Werfen wir einen Blick auf jenen Tag, der für Sonja die Bekanntschaft mit Bruno, dem Erlöser, bereithielt.

      Widerstrebend begab sie sich zur Ausstellungseröffnung eines wohlhabenden Kunstsammlers.

      Schon die Fahrt im Taxi war mühsam.....der Taxifahrer - ein BWL-Student, der ihr auf lästige Weise zu imponieren versuchte. Er trug ein enganliegendes T-Shirt, das die im Fitness-Studio geformten Muskeln betonte.

      So wie alle Menschen die Sonja begegneten, nahm auch er sofort ihre auffallende persönliche Geruchsnote wahr; ein olfaktorischer Reiz, der an das Aroma reifer Mangos und ähnlicher Tropenfrüchte denken ließ.

      Während der quälend langen Fahrt - es gab einen Verkehrsstau - brachte er das Gespräch, anknüpfend an Sonjas wohlriechende Besonderheit, auf die Unverzichtbarkeit moderner Körperpflegeprodukte. Er zählte ihr auf, welche Körperlotions 'For men' er schon ausprobiert hatte....überdies war er sehr froh, dass die Produzenten endlich auch Anti-Aging Gesichtscremen für Männer auf den Markt gebracht hätten; schließlich wolle er mit fünfzig nicht so aussehen wie Mutter Theresa. Sein größter Stolz war sein Waschbrettbauch. Er berichtete von seinen Sommerurlauben, die er stets in Los Angeles am Venice Beach verbringe.....wenn er dort mit nacktem Oberkörper auf der Strandpromenade jogge, käme es immer wieder vor, dass die superscharfen Girls auf ihren Rollerblades ihn umkreisten und versuchten, sich in seinen Body zu verkrallen....genauso wie hier zuhause, würde er auch dort nur selten alleine ins Bett gehen....er liebe die super gestylten Leute in L.A…überhaupt liebe er alles was „schön" ist....er würde auf Urlaub nie in ein Schwellenland oder gar Entwicklungsland fahren; denn dort könne man den Menschen nicht trauen...und überhaupt, die wären dort alle so grindig; und bei den Frauen dort hole man sich auch alles Mögliche....nach seinem Studium hätte er durch super Beziehungen einen super bezahlten Job am Hajek-Institut. Dort seien d i e Leute daheim, die den Durchblick hätten und das sei eine Institution wo was weitergeht.....seine Zukunft sehe er in London oder in New York, denn Wien sei ja letzten Endes doch nur ein Kuhdorf. Die paar Autos und trotzdem ständig ein Stau! Er selbst stammte übrigens aus Wels.

      Er begann wild zu hupen. Schließlich wurde es ihm zu bunt; er überfuhr die doppelte Sperrlinie, überholte in rasendem Tempo und quetschte sich knapp vor dem Gegenverkehr in eine Lücke. Als Sonja darauf hinwies, dass er „ganz schön selbstbewusst " gegen die Gesetzte verstoße, drehte er sich um und sagte: „Yeah, that's the New York-Style!".....und überhaupt, wenn ihm ein Polizist blöd käme, dann würde er ihn zur Sau machen - rein rhetorisch! Gesetze wären nur was für reglementierungsgeile Mitläufer.....er sei für die totale Freiheit; für seine totale Freiheit und für die Freiheit der Märkte!

      In