Juli van Bohm

Sterne, die begehrt man nicht


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und die Einsamkeit zu vertreiben?“

      Seine Finger fuhren über den Rand seines Glases.

      „Nein. Das ist nicht der richtige Weg für mich. Auch weiß ich nie, ob jemand an mir oder an meiner Prominenz interessiert ist.“ Er blickte auf. „Ich möchte keinen oberflächlichen Sex, sondern eine ganz besondere Intimität erleben. Dazu brauche ich absolutes Vertrauen zu einer Person. Vielleicht ist ein One-Night-Stand einfach nicht das, was ich suche. Haben Sie denn Affären?“

      Vor Überraschung hätte Emily sich beinahe verschluckt.

      „Natürlich nicht!“, entrüstet blickte sie Connor an. „Wie kommen Sie darauf?“

      Er lachte auf. „Ist das so abwegig? Sie sind jung und attraktiv, es dürfte für Sie kein Problem sein, jemanden kennenzulernen. Oder sind Sie verheiratet?“

      Abwehrend hob sie die Hände und schüttelte den Kopf. Connor grinste.

      „Na also, warum sollte es bei mir anders sein? Weil ich ein Mann oder weil ich Schauspieler bin? Oder aus beiden Gründen? So simpel ist vielleicht die Sicht der Boulevardpresse und deren Leser, aber die Wirklichkeit ist weitaus komplexer.“

      Er schlenderte zur Couch zurück und nahm den Platz ihr gegenüber wieder ein.

      „Haben Sie Ihre Ex-Frau so sehr geliebt, dass Sie vorerst keine neue Beziehung eingehen möchten? Oder lieben Sie sie womöglich immer noch?“, interessiert sah Emily ihn an.

      Connor seufzte leise, ehe er antwortete. „Obwohl das Ende unserer Beziehung eine persönliche Katastrophe für mich war, muss ich zugeben, dass Hannah mich bei meiner Karriere immer unterstützt hat. Ohne sie wäre ich nicht das, was ich heute bin. Das werde ich ihr nicht vergessen, auch wenn wir kein Paar mehr sind. Deshalb steht ihr auch die Abfindung, über die so viel geschrieben und spekuliert wurde, absolut zu. Es ist ihr Anteil, von dem ich ihr jeden Cent gönne. Ob ich Hannah noch liebe?“, er trommelte mit seinen Fingern nervös auf der Tischplatte herum, ohne es zu bemerken. Seine Kinnmuskeln bewegten sich und zeigten seine Anspannung, als er überlegte. „Nein“, schüttelte er schließlich entschieden den Kopf. „Das ist endgültig vorbei. Ich gebe zu, ich vermisse Hannah manchmal. Vielleicht vermisse ich aber auch nur mein Idealbild von ihr, denn es ist nicht immer einfach, allein zu sein. Aber Liebe – nein, das ist es nicht mehr, die Liebe ist gestorben.“

      Emily wagte einen erneuten Vorstoß. „Kann es sein, dass bereits eine andere Frau in ihr Leben getreten ist?“

      Connor lachte kurz auf und konnte nicht verhindern, dass dieses Lachen bitter klang. „Sie lassen wirklich nicht locker. Ihre Zeitung weiß schon, warum sie Sie zu mir geschickt hat, nicht wahr? Nein, Sie können zur Beruhigung meiner weiblichen Fans gerne schreiben, dass mir derzeit nichts ferner liegt, als eine neue Beziehung einzugehen. Ich konzentriere mich ausschließlich auf meine Arbeit. Mein derangiertes Seelenleben muss sich definitiv noch erholen. Vor allem von den niveaulosen Presseberichten, die zuhauf erschienen sind. Ihre Kollegen haben wirklich ganze Arbeit geleistet, um mein Verhältnis zur Presse nachhaltig zu zerstören.“ Er verstummte abrupt und blickte Emily fragend an. „Können Sie sich überhaupt vorstellen, wie man sich in einer solchen Situation fühlt? Wenn man täglich Geschichten über sein Privatleben liest, die alles noch schlimmer machen, als es ohnehin schon ist? Wenn jeder Zeitungsbericht eine Eigendynamik entwickelt und ein Zerrbild von ihnen und ihrem Umfeld kreiert, das nicht das Mindeste mit der erlebten Realität zu tun hat. Sie fühlen sich gedemütigt, ohne die geringste Möglichkeit zur Gegenwehr. Sie werden einfach nicht mehr gehört. Ob sie prominent sind oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Ich würde sogar sagen, der Promistatus macht alles noch viel schlimmer. Die Leute wollen einen Skandal und die Presse liefert ihn rücksichtslos. Ohne einen Hauch von Empathie spüren zu lassen.“ Er schloss die Augen und strich sich müde über die Stirn. „Natürlich können Sie das nicht nachempfinden. Ich hätte es früher auch nicht verstanden. Außerdem stehen Sie auf der anderen Seite und müssen über das Unglück solcher Leute berichten. Bereitet es Ihnen keine Bauchschmerzen, so einen Mist zu veröffentlichen?“

      Eindringlich musterte er Emily, während er sich wunderte, dass er dieser völlig fremden Frau sein Seelenleben so freizügig offenbart hatte. Zum ersten Mal seit langem war es wieder aufgeflackert. Dieses Gefühl, einer Person unbedingt vertrauen zu können. Hoffentlich hatte er sich nicht in ihr getäuscht. Schließlich war sie eine Reporterin und sicherlich eine verdammt clevere, wenn man sie zu ihm schickte. Vermutlich hatte er sich wieder einmal blenden lassen? So ein Mist, jetzt war ihm genau der Fehler unterlaufen, den er unbedingt hatte vermeiden wollen. Verdammtes Interview, verdammter Manager, verdammte Reporterin!

      Eine ungewöhnliche Abmachung

      Sofort spürte Emily eine Veränderung in Connor Learys Verhalten. Warum schaute er sie plötzlich so seltsam distanziert an? Ihre Unsicherheit überkam sie von neuem. Ob ihr ein Fehler unterlaufen war? Sie hatten sich doch angeregt unterhalten. Vielleicht hatte sie eine unbedachte Bemerkung gemacht, die ihn verärgert hatte? Fieberhaft suchte sie nach einem Grund für seinen unübersehbaren Stimmungswandel. Es war wirklich nicht leicht, sich ein Bild von Connor Leary zu machen. Keine Frage, er war zweifelsohne ein interessanter Mann. Interessant, aber launisch, wie es schien. Plötzlich war sein Blick erschreckend ablehnend und kalt. Seine Worte hatten schroff geklungen. Augenblicklich stand eine schier unüberwindbare Mauer zwischen ihnen. Wie konnte ein Mensch sich nur so schnell verändern? Gerade war er offen und zugänglich gewesen, jetzt hatte sie Angst, er würde sie gleich vor die Tür setzen. Sie musste retten, was noch zu retten war, das spürte Emily intuitiv. Leary warf ungeduldig einen Blick auf seine Armbanduhr und erhob sich.

      „Ich hoffe, Sie haben jetzt, was Sie brauchen und halten sich an unsere Vereinbarung. Es ist schon spät.“

      Emily fühlte sich, als sei ihr ein Glas kaltes Wasser ins Gesicht geschüttet worden. Sie hatte noch so viele Fragen an Leary, doch für ihn schien das Interview an dieser Stelle beendet zu sein. Langsam suchte sie ihre Sachen zusammen. Eines war klar, sie musste Zeit gewinnen. Doch wie? Plötzlich schoss ihr eine irrwitzige Idee durch den Kopf. Entschlossen warf sie ihr Haar zurück und nahm all ihren Mut zusammen. Was hatte sie schon zu verlieren?

      „Wenn ich etwas Falsches gesagt habe, dann tut es mir unendlich leid, Mr. Leary. Es ist mein erstes Interview dieser Art.“, sie zögerte einen Moment und überlegte, ob es überhaupt Sinn machte, mit offenen Karten zu spielen. Kurzerhand entschied sie sich dafür, denn auch er hatte ihr seine verletzliche Seite gezeigt.

      „Ich will ehrlich zu Ihnen sein. Dieses Interview ist für mich die große Chance, mich in meinem Beruf zu beweisen. Deshalb ist es unendlich wichtig für mich. Können wir unser Gespräch nicht zu einem anderen Zeitpunkt fortsetzen, wenn es jetzt schlecht passt? Ich würde wirklich gerne mehr über Sie erfahren. Und damit meine ich nicht nur den Schauspieler, sondern vor allem den Menschen Connor Leary.“ Emily traute sich kaum, ihn anzuschauen. Seine braunen Augen musterten sie kritisch, als könne er mit seinem Blick zu ergründen, inwieweit er ihr trauen konnte. Ihr stieg eine heiße Röte ins Gesicht. Vermutlich war es ein Fehler gewesen, ihm diesen Vorschlag zu unterbreiten. Schließlich war er ein vielbeschäftigter Mann und hatte bestimmt kein Interesse, einer unqualifizierten Reporterin weitere kostbare Zeit zu opfern. Sie musste zugeben, dass sie Corinnes Erwartungen nicht hatte erfüllen können. Das Schweigen im Raum lastete schwer auf ihr. Scheu blickte sie erneut zu Leary hinüber, der nachdenklich an seiner Unterlippe nagte. Was mochte er jetzt von ihr denken? Emily fühlte sich furchtbar und unterdrückte nur mühsam die aufsteigenden Tränen. Sie hatte mit ihrer unprofessionellen Arbeitsweise nicht nur sich selbst, sondern auch die Francine blamiert.

      Als Connor ihren verzagten Blick bemerkte, huschte ein kurzes Lächeln über sein Gesicht, das auf wundersame Weise Emilys Bedenken im Nu zerstreute.

      „Möchten Sie nur mehr über mich wissen, weil Ihr Job das von Ihnen verlangt oder interessiert es Sie wirklich?“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ach, egal, was soll‘s? Sie haben nichts falsch gemacht. Heute ist einfach nicht mein bester Tag. Der Jetlag macht mich fertig und mein Manager stresst mich mit der Samstagabendshow, an der ich teilnehmen muss. Grundsätzlich