Jacques Varicourt

Parcours d`amour


Скачать книгу

schon in frühster Jugend, Anzeichen von großer, sexueller Aktivität. Meine Oma, genannt „Oma Dicki“, zwangsläufig die Mutter der drei Aktivisten, erzählte mir zu Lebzeiten einmal folgende kleine, aber sehr interessante Geschichte: Es war im Frühjahr 1960, als meine Oma auf dem Hof in der Lassallestraße die Wäsche aufhängte. Manfred, Karl-Heinz und meine Mutter Eva waren unterdessen in der Wohnung zurückgeblieben. Die Brüder, eigentlich stinke faul, machten angeblich „freiwillig“ Schularbeiten. Eva hingegen, machte sich für den bevorstehenden Abend fertig, ein Rendezvous mit einem Verehrer aus der Nachbarschaft stand auf dem Plan. Nichtsahnend, Minuten später, kehrte meine Oma, mit dem leeren Wäschekorb unter dem Arm, zurück in die Wohnung. Sie war gerade im Begriff in die Küche zu gehen, den Korb in die Kammer zu legen, da hörte sie Gekicher und Gestöhne; in der Küche nämlich, befand sich eine Tür, welche mit dem Badezimmer verbunden war, in diesem sich wiederum meine Mutter befand. Wohnungstür und Küchentür standen weit offen, „unvorsichtigerweise“, in Bezug auf Manfred und Karl-Heinz betrachtet. Denn sie hatten, im Eifer des Gefechtes vergessen, wenigstens die Wohnungstür zu schließen. Also, „lugte“ Oma Dicki vorsichtig um die Ecke, - mit weit aufgerissenen Augen sah sie, wie ihr fünfzehnjähriger Sohn Manfred, und ihr sechzehnjähriger Sohn Karl-Heinz, mit herunter gezogenen Hosen, jeder für sich, an seinem, bereits versteiften „Pimmel“ herumfummelte. Abwechselnd gierten die beiden Onanisten durch das Schlüsselloch, um so meine Mutter bei ihrer ausgiebigen Körperpflege zu beobachten. Sie genossen mit großer Freude den Anblick, wie Eva, damals knapp achtzehn Jahre jung, ihre schönen großen Brüste mit dem Schwamm wusch, wie sie ihre Muschi gewissenhaft, mit der ganzen Hand nachmassierte, wie sie sich, sehr aufreizend und sehr provozierend verhielt. Ja, auch Eva wusste, ohne wenn und aber, von dem allzu häufigen Treiben ihrer beiden Brüder hinter der Tür. Sie genoss es ebenso wie die zwei pubertierenden Halbstarken. Nur meine Oma, mittlerweile in Rage, beendete das unmissverständliche Miteinander durch ein paar schallende Backpfeifen rechts und links. Manfred war total erschrocken, Karl-Heinz jedoch, immer schon etwas weich und empfindlich, fing, nach der unfreiwilligen Gesichtsmassage, spontan an zu weinen, und auch Eva bekam, nachdem sie sich fertig gewaschen hatte, einen kräftigen Backs auf die Wange. „So`n Schweinkram hört in meiner Wohnung ab sofort auf“, hörte man meine Oma, laut und energisch, aber eindeutig, sagen. Mein Opa, ein rechtschaffener, fleißiger, zigarrerauchender Familienmensch, erfuhr „nichts“ von derartigen jugendlichen Bedürfnissen und Auslebungen hinter seinem Rücken. Man verschonte ihn ganz einfach damit. Und als er von der Arbeit, Minuten später nach Hause kam, und fragte: „Gab es irgendetwas Besonderes heute?“ Da sagte meine Oma nicht ohne einen Sinn fürs Spitäische: „Nein Alfons, „alles wie immer“, du kannst gleich mit dem Essen anfangen...“ Ja, und trotz dieser vielleicht, wirklich peinlichen Situation für alle Beteiligten im Frühling des Jahres 1960, die sich übrigens allen Erwartungen zum Trotz „nicht“ wiederholte, entwickelten sich die drei Kinder relativ normal. Der Lebenslauf meiner Mutter, durch eine sehr frühe Heirat mit meinem Vater geprägt, ist sicherlich etwas abweichend in seinen späteren Variationen. Manfred und Karl-Heinz heirateten ebenfalls relativ früh, und meine Oma, ab 1965 Witwe, beschränkte ihre eigene Sexualität, ihre Wünsche und Sehnsüchte, auf das Betrachten von schönen Menschen im Fernsehen und in Zeitschriften. Nach der Trennung „meiner Eltern“ im Jahre 1980, blieb ich aus vielerlei Gründen bei meiner Mutter. Ich wollte so meiner Oma, „Oma Dicki“, näher sein. Beide Elternteile, Mutter wie auch Vater, fanden neue Partner. Meine Mutter wandte sich (dem Hardcore-Bumser und Sex-Experten) Karl Grehn zu, der zeitlebens unter der Homosexualität seines jüngeren Bruders litt, und das immer wieder, und das vor allem, gerne und offen bekundete, also, das Leiden, das Mitfühlen, das Aufgeilen ist in diesem speziellen Fall gemeint. Es ergötzte ihn (Karl Grehn), sich mit der Thematik Homosexualität, Bisexualität, sowie sexuell anders-artig-sein, intensiv auseinander- zusetzen, es mit zu gestalten, ja, es mitzuerleben, heimlich betrachtend, wie auch selbst agierend. Immer wieder fand er einen überraschenden Zugang in so manchem Gespräch, welches eigentlich gar nichts mit seinem Lieblingsthema zu tun hatte. Aber das war eben sein Geschick, seine Art und Weise, das Vertuschen, das Interpretieren, das Umwandeln für sich, aus welchen Gründen auch immer. Er genoss seine Befriedigung in der Vorstellung von diversen sexuellen Praktiken, und wahrscheinlich aufgrund dessen, war er mit meiner Mutter Eva - der langersehnten Partnerin-, dauerhaft zusammen. Er fand, darüber hinaus, in ihr, eine begeisterte Zuhörerin, die seine Perversität, sein Ausleben der Fakten, die in ihm gärend schlummerten, durchaus teilte. Zwei die sich gesucht hatten, waren sich nun endlich eins geworden. Denn Karl Grehn, Arbeit war sein Leben, war bis zu seiner wohlverdienten Rente - Kranführer gewesen. Er war ein, allem Anschein nach, ehrlicher, anständiger, von Leistung und Tugenden gezeichneter einfacher Kerl, der in frühster Jugend mit der „Sünde“ knallhart konfrontiert wurde, nämlich bei der: H. J., zu Adolfs Zeiten. Er erlebte seinerzeit dieses, jenes extreme Empfinden, in Form von Bildern und so manchem Allerlei, fast-pornographischen und verbotenen Heften, die er eifrig sammelte und intensiv studierte - abends im Schlafsaal unter der Decke, mit einer Taschenlampe ausgestattet, still und leise, besah sich der dreizehnjährige Karl Grehn, blanke Busen, endlose Beine sowie rot geschminkte Lippen... eine aller erste, feuchte, Erregung setzte dadurch bei ihm ein. Zeitlebens war er ein Sklave der weiblichen, göttlichen Darstellung, des Pornographischen, des Anstößigen, doch gerade „das“ forderte seine, etwas sehr gestörte Libido, Tag für Tag, aufs Neue heraus. Immer wieder verfiel er in schmutzige Gedanken an Frauen, aber auch an junge, schöne, wohlgeformte Männer, mit denen er den Beischlaf, in Gedanken verübte. - Mal brutal, mal eben weniger heftig. Solche und ähnliche filmreife Sequenzen, begleiteten ihn, in seinem Kopf, neu geordnet, häufig, in späteren Jahren, bei seiner Tätigkeit auf seinem Kran. „So“, und nicht anders, ich vermute das ganz einfach, verging die Zeit auf jenem Kran, wenn er mal nichts zu tun hatte. Er blickte so manchen sonnigen Morgen, wehmütig, einsam und verlassen, nicht zuletzt von sich selbst, in die junge deutsche Vergangenheit zurück, seine Gedanken schweiften dabei über die Stadt Hamburg hinweg, und er erfreute sich am Sexappeal der Männer und Frauen, die auf dem Weg zur Arbeit waren. Für ihn, ich meine, für ihn ganz alleine also, war das so etwas wie Vergangenheits- und Gegenwartsvergleich. Es war ihm, wenn er so da saß, die Hand fest zwischen die Beine geklemmt, in der Mittagszeit zum Beispiel, sicherlich von „Wichtigkeit“, „wen“ er alles von da oben bespannte, für den stummen, schweigsamen und vertraulichen Betrachter jedoch, lediglich eine Perspektive, eine Banalität, eine normale Angelegenheit, mehr nicht, nicht erwähnenswert. Karl seine Sehnsüchte kreisten hingegen unstet umher, sie verharrten nirgendwo, er suchte die Objekte seiner Geilheit ständig und überall. Doch es gab, als man sich besser kennen gelernt hatte, nun, meine Mutter Eva. Sie war das von Karl erwählte Sexualobjekt, für die Lust, mit ihren vielschichtigen Neigungen, die beiden sehr willkommen waren. Eva war ein tyrannisches, herrschsüchtiges, von Rachegedanken und Mordgelüsten getriebenes Weib. Sie hatte mit Karl Grehn die ideale Partie gemacht. Eva, die ihre harte bisexuelle Gangart kompromisslos auslebte, und es auch so wollte, wollte aber auch von einem älteren, väterlichen gestandenen Mann, so richtig rangenommen werden, - und „das“ nach eigenem Bekunden, Zeugen bestätigten mir das einmal. In Karl Grehn hatte sie somit die perfekte Kombination diesbezüglich erstanden. Sie war nun endlich wieder glücklich, nach all den Saufexzessen mit meinem Vater, und der damit verbundenen Zwangsruhe im ehelichen Bett. Bier macht blöde und impotent, denn wer zu viel säuft oder auch kifft, kommt in die Propellerschraube vom sinkenden Schiff der Liebe... Mein trinkfreudiger Papa, Jürgen Stobbe sen., war, aus seiner Sicht betrachtet, aber auch nicht gerade unglücklich. Er hatte im Jahre 1980 ebenfalls eine neue, sechs Jahre ältere Partnerin gefunden und stürmisch lieben gelernt. Helga Winkelbach, eigentlich nur Winkelbach/bzw. Tiedemann, später, durch die Heirat mit meinem Vater - Helga Stobbe. Helga war in gewisser Weise meiner leiblichen Mutter nicht allzu unähnlich. Aber sie hatte, im Gegensatz zu Eva, eine geballte Ladung an krimineller Energie in sich, die sie immer mal wieder in Schwierigkeiten gebracht hatte. Kreditbetrug im größeren, reichhaltigeren, lohnenderen Rahmen, fernab jeder Gesetzesmäßigkeit, war ihre große Leidenschaft, und letzten Endes auch ihr Verhängnis gewesen. Und jeder blaue Gerichtsbrief, der mit ihrer Kriminalität, mit jenen eben geschilderten Aktivitäten verbunden war, in all den Jahren, an der Seite meines Vaters, ließ die beiden, Helga und Jürgen sen., enger zusammenschweißen, und das widererwartend, allen Unkenrufen zum Trotz. Alkohol, Tabletten, anfängliches sexuelles Interesse auf beiden Seiten, ließ auf eine große, vielleicht sogar „ehrliche“ Beziehung