R.J. Simon

Schaaf ermittelt


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außen Staub oder sonstige Verunreinigungen hinein getragen wurden. Natürlich mussten die Mitarbeiter, die dort arbeiteten, dementsprechende, sterile Schutzkleidung anlegen. In diesen kleinen hochreinen Labors wurden unter anderem die DNA Untersuchungen durchgeführt. Da die Genauigkeit der Untersuchungen sich im Mikrobereich bewegte, konnte jedes Staubkorn oder geringstes biologisches Material, das Ergebnis verfälschen.

      Der Leiter des Labors, der für ihren Fall zuständig war, versprach Schäfchen die Auswertung sofort in Angriff zu nehmen, damit er schnellstmöglich ein Ergebnis bekam. Sein Chef genoss auch überall hier einen erstklassigen Ruf, musste Busch erfahren. Egal wem sie begegneten, welchen Raum sie betraten, jeder begrüßte Kriminalhauptkommissar Schaaf höflich und schüttelte ihm freundlich die Hand. Und alle Reaktionen waren echt und nicht gespielt, darüber war sich Busch im Klaren. Es ergab ein gutes Gefühl ein Teil von dem Team zu sein, das um Kriminalhauptkommissar Schaaf seine Arbeit tat.

      Nachdem sie die Proben abgeliefert hatten, beeilten sie sich zurück ins Kommissariat zu kommen. Dort ließ sich Schäfchen zunächst von jedem seiner Mitarbeiter den momentanen Stand ihrer Ermittlungen zeigen. Zuletzt suchte er Schneider auf, weil er mit ihm die fraglichen Vermisstenmeldungen durchgehen wollte, die der sicherlich bereits aussiebte. Schneider brauchte dazu etwas mehr Zeit. Der Kriminalhauptkommissar rechnete mit einem Ergebnis, auf das sie ihre Arbeit dann aufbauen konnten. Zu den Auswertungen mit Schneider nahm er Busch dann auch mit. Er sollte jeden Schritt der Ermittlungen erleben, kennenlernen worauf es ankommt und in die Arbeitsweise des Teams eingebunden werden.

      Der Kollege Schneider hatte bereits die entsprechenden Meldungen ausgedruckt, sodass sie diese am Schreibtisch begutachten konnten und das nicht am PC machen mussten. Er kannte den Chef ja auch schon ein paar Jährchen und wusste genau, was er wollte und was ihm überhaupt nicht gefiel. Und sich die Beschreibungen und Bilder von einem Bildschirm anzeigen zu lassen mochte Kriminalhauptkommissar Schaaf überhaupt nicht leiden.

      Gemeinsam saßen sie um einen kleinen Besprechungstisch in Schaafs Büro herum. Die Wände des Büros bestanden, wie die des gesamten Gebäudes, aus rötlichen Klinkern mit sichtbaren hellgrauen Fugen. An denen hingen lediglich Fotos und plakatartige weiße Blätter, auf denen die wichtigsten Daten des aktuellen Falls in großen Buchstaben aufgelistet waren. Diese wurden immer aktualisiert, wenn es neue Aspekte gab, um alles auf einen Blick abrufbereit zu haben.

      Im hinteren Teil des großen Büros war Schaafs Büro durch eine Glasfront abgetrennt, sodass er, wenn er seine Ruhe brauchte oder ein Telefonat führen wollte, die Türe schließen konnte und ungestört war. Dort waren sie um den kleinen Tisch versammelt und versuchten anhand der Bilder, der Toten einen Namen zu geben.

      Schneider legte die Ausdrucke mit den Gesichtern der vermissten Frauen, die er zur Verfügung hatte, nebeneinander auf die hölzerne Tischplatte. Ein Foto der Toten vom Polizeifotografen, auf dem ihr Gesicht sehr gut zu sehen war, nachdem der Gerichtsmediziner es von dem Klebeband befreit und ein wenig geschminkt hatte, legte Schneider daneben. So konnten sie alle einen direkten Vergleich ziehen.

      Auf den ersten Blick sahen alle Frauen sich wirklich sehr ähnlich. Schneider traf eine sehr gute Vorauswahl. Busch hätte sich nicht gewagt eine verbindliche Aussage zu treffen, ob die Tote eine der Vermissten wäre. Aber der Chef forderte ihn dazu auf. Nachdem er Schneider fragte, welche für ihn am ehesten die Tote sein könnte und der seine Vermutung abgab, wand er sich direkt an Busch. Also musste der Neue sich äußern.

      „Und was meinen sie?“

      „Oh weh. Das ist schwer. Ich bin mir nicht sicher“, zögerte er eine Antwort hinaus.

      „Sehen sie sich alle genau an. Achten sie auf die Augen, den Mund und die Nase!“

      „Ja ich weiß. Aber das ist trotzdem unsagbar schwer, da die richtige Übereinstimmung zu finden.“

      „Natürlich! Es hat niemand gesagt, dass es einfach ist.“

      „Also ich würde mich dem Kollegen Schneider anschließen“, traf Busch eine diplomatische Entscheidung. Wenn er falsch lag, dann mit dem Kollegen Schneider zusammen.

      „Ihr meint also, dass sie“, mit dem Finger tippte Schäfchen auf das Bild der Frau „die Tote ist!“ Er holte dann alle Ausdrucke genau vor sich und platzierte das Bild ihrer Leiche direkt darüber. Er sah sich jede Einzelne sehr ausgiebig an und verglich sie parallel mit der Fotografie der Toten, die sie im Park gefunden hatten.

      Keiner sagte ein Wort. Schneider ebenso wie Busch verhielten sich absolut ruhig, um die Aufmerksamkeit des Chefs nicht zu stören. Je näher er seiner Entscheidung scheinbar kam, umso unruhiger wurde sein Blick. Schäfchen hielt auch alsbald seinen Ballon in der Hand und knetete ihn bedächtig während er die Gesichter der Frauen verglich. Er ließ sich lange Zeit für seine Entscheidung. Die Texte, die die Vermisste beschrieben, hatte er inzwischen unzählige Male durchgelesen. In ihnen fand er kein Merkmal, das eindeutig ihrer Leiche zuzuordnen gewesen wäre. Es waren bei allen Vermissten keine besonderen Kennzeichen vermerkt, wodurch sie sie erkennen oder eben ausschließen konnten.

      „Ich glaube nicht, dass sie es ist. Ich vermute dass das unsere Tote ist“, dabei deutete der Kriminalhauptkommissar auf eine andere Frau als die, die sein Assistent und Schneider meinten erkannt zu haben. Diese wurde von ihrem Mann vor einigen Tagen als vermisst gemeldet.

      „Bert“, rief Schäfchen dann in das größere Büro, in dem die Schreibtische seiner Mitarbeiter standen, seinem Freund zu, „Komm bitte mal gleich her. Ich will deine Meinung noch haben.“

      Bert erschien unverzüglich bei ihnen am Tisch. Als er die Bilder sah, wusste er schon, was der Chef von ihm wollte und beugte sich über die Bilder. Auch er brauchte sehr lange um sich festzulegen. Seine Entscheidung stimmte mit der des Chefs überein. Dabei hatte er nicht gesehen, von welcher Frau der Chef glaubte, dass sie die gesuchte war.

      „Warum denkst du, dass sie es ist?“

      „Dieses kleine Fältchen über der Nase zur Stirn hin! Das hat unsere Tode und keine der anderen Frauen. Und mir scheint, das linke Ohr steht ein ganz klein wenig ab, wie es auch bei unserer Toten so ist.“

      „Genau das habe ich auch bemerkt. Sie ist es ziemlich sicher. Danke dir. Ok, dann gehen wir davon aus, dass sie unser Opfer ist. Suche uns bitte die Adresse raus, wir fahren gleich dort vorbei.“

      Schneider und Busch sahen sich kurz an und ärgerten sich gemeinsam darüber, dass ihnen diese Merkmale nicht aufgefallen waren und sie sich so täuschten. Da trat die Erfahrung des Chefs und von Bert in voller Wucht hervor. Genau das war es, auf was es bei ihrer Arbeit immer wieder ankam. Die kleinen Details zu erkennen und zu verstehen.

      Der Chef wusste aber auch genau, dass er sich andererseits auf das Urteil von Schneider verlassen konnte. Er hatte ja bereits eingeräumt, dass er sich nicht sicher war und wollte die Meinung des Chefs noch hinzuziehen. Wenn er in solchen Fällen überzeugt war, teilte er dem Chef sein Ergebnis ohne zu zweifeln mit und der prüfte das dann nicht mehr. Das verlangte Schäfchen so. Er wollte sich voll und ganz auf seine Leute verlassen und wenn sie unsicher waren, blieb er mit seiner Erfahrung die letzte Instanz.

      „So, dann kommt jetzt ein weiterer unangenehmer Teil unseres Jobs. Wir müssen dem Mann die traurige Mitteilung überbringen. Hoffentlich haben sie keine kleinen Kinder. Ein Freiwilliger?“, fragte Kriminalhauptkommissar Schaaf in die Runde. Obwohl die Angelegenheit sehr ernst war, erlaubte er sich diesen kleinen Scherz. Natürlich meldete sich für diese Aufgabe keiner freiwillig.

      „Herr Busch, wir beide fahren jetzt gleich zum Ehemann und sagen ihm, dass wir wahrscheinlich seine Frau gefunden haben. Wahrscheinlich“, betonte Kriminalhauptkommissar Schaaf noch einmal ausdrücklich. „Sie sind wieder ganz ruhig und überlassen mir das Reden. Dass sie nicht fröhlich grinsend neben mir stehen sollten, brauche ich hoffentlich nicht extra zu erwähnen!“

      „Nein, schon klar“, kam es etwas brüskiert.

      Sie nahmen sich ihre Jacken und Busch fuhr mit dem Chef zu der angegebenen Adresse, wo der Ehemann und das mutmaßliche Opfer wohnten. Busch fuhr und Kriminalhauptkommissar Schaaf saß neben ihm. Weil er seinen Ballon knetete wusste Busch, dass es für diesen heiklen Job scheinbar