R.J. Simon

Schaaf ermittelt


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wurde. Nur unser großer Chef, der Dezernatsleiter meint er müsse ihn stets belehren und zweifelt oft an seinem Können. Es hat noch keiner so oft die goldene Lupe verliehen bekommen, wie unser Schäfchen.“

      „Die goldene Lupe? Was soll denn das sein?“ fragte der neue Assistent, der mit den Gepflogenheiten natürlich noch nicht vertraut war.

      „Das ist eine Auszeichnung, die bei der offiziellen Weihnachtsfeier am Ende des Jahres der erfolgreichste Ermittler als Anerkennung für seine Leistung überreicht bekommt. Der Einzige, der unserem Chef den Rang ab und zu streitig macht, ist der Kollege Schimmelbusch. Aber total gesehen hat unser Chef den Sieg öfter nach Hause getragen.“

      „Nicht schlecht.“

      „Ja, du ahnst nicht wie gut er ist. Du kannst eine Menge von ihm lernen wenn du aufpasst und Interesse zeigst.“

      „Er soll aber auch teilweise seltsame Methoden haben wurde mir erzählt.“

      „Stimmt! Er besteht zum Beispiel darauf, mit einer aufgefundenen Leiche einen Moment alleine zu sein, nachdem die Spurenaufnahme beendet ist. Dann beugt er sich meist zu dem toten Körper hinunter und verharrt für eine Weile so. Keiner weiß, was er da macht. Noch nicht einmal mit mir hat er jemals darüber gesprochen. Aber er klärt jeden Mord auf, das ist Fakt. Und das meistens in Rekordzeit.“

      „Das habe ich jetzt selbst schon gesehen, bei unserer Mumienleiche. Mit der blieb er auch ein paar Minuten alleine und ungestört.“

      Bert und Busch beendeten gerade ihr Gespräch über die außergewöhnliche Wohnung und die Eigenarten des Chefs, als der wieder das Büro betrat. Dass Bert und sein Assistent gerade über ihn sprachen, konnte er nicht mitbekommen haben, denn der letzte Satz dazu war längst ausgesprochen, bis er in der Tür stand. Herr Busch nahm das erleichtert zur Kenntnis, denn es wäre ihm sehr unangenehm gewesen, wenn er befürchten müsste, dass der Chef bemerkt hätte, wenn er in seiner Abwesenheit über ihn sprach.

      „So Leute, wenn ihr gerade nicht etwas Dringendes erledigt, unterbrecht alle einmal, damit wir kurz über den neuesten Stand reden können“, rief Schäfchen in das kleine Büro, wo all seine Mitarbeiter gerade versammelt waren.

      „Sie meinen ein Update“, fragte Herr Busch gleich übereifrig und weltklug grinsend zurück.

      „Ich meine einen Abgleich über den aktuellen Stand und die neuesten Erkenntnisse. Warum müsst ihr jungen Leute alles in Englisch ausdrücken? Das werde ich nie verstehen.“

      Kriminalhauptkommissar Schaaf stellte damit gleich seine Einstellung zu der „Verenglischung“ der deutschen Sprache klar, mit der er sich nicht abfinden konnte und unermüdlich dagegen ankämpfte. Herr Busch reagierte ein wenig verlegen, weil er mit seinem Vorpreschen und der Benutzung des modernen Ausdrucks die Aversion des Chefs auf dem Gebiet weckte. Wieder ein Fettnäpfchen, in das er mit beiden Beinen sprang!

      „Also“, eröffnete Schäfchen die Gesprächsrunde, nachdem er seinen Unmut über den modernen Ausdruck geäußert hatte und sich seine Mitarbeiter um ihn versammelt hatten, „ich habe jetzt noch einmal mit dem Pathologen, dem Kollegen Bachmeier gesprochen. Die Fakten sind zurzeit folgende: Die Frau war zwischen 30 und 35 Jahre alt. Ihr Name ist uns noch unbekannt. In ihrem Blut wurden Restspuren von Betäubungsmittel gefunden und es gibt Fesselmale an den Handgelenken. Ich gehe davon aus, dass sie betäubt wurde, dann gefesselt und als sie wehrlos war, in dieses Klebeband eingewickelt wurde. Aufgrund der geringen Mengen Narkotika in ihrem Blut, dürfte sie während der Misshandlungen wieder bei vollem Bewusstsein gewesen sein. Sie starb an den Folgen der Verletzungen am Hals, wurde also bei lebendigem Leib zu Tode gefoltert und ist wohl verblutet! Der Täter ist Rechtshänder. Die Tatwaffe ist ein sehr scharfes Messer, wie ein Teppichschneider, oder gar ein Skalpell. Als wir sie fanden war sie bereits zwischen 24 und 36 Stunden tot. Die Fundstelle ist natürlich nicht der Tatort. Auf dem Klebeband befanden sich keine Fingerabdrücke es gibt aber eine menschliche DNA an der Leiche und eine von einem Hund. Weiter gibt es an der Leiche Spuren von Staub und wahrscheinlich Reste die von Mottenkugeln stammen. Was das zu bedeuten hat müssen wir erst noch sehen. Es gibt weiter keine Anzeichen für einen Sexualdelikt.“

      Dann legte Kriminalhauptkommissar Schaaf eine Pause ein, damit das, was er da mitteilte bei seinen Mitarbeitern ankommen konnte. Er war stets bemüht, seine Informationen, die er weitergeben wollte so zu übermitteln, dass bei keinem etwas davon verloren ging.

      „Hat einer Fragen dazu?“

      Soweit schien alles klar, denn keiner meldete sich zu Wort. Und jeder seiner Mitarbeiter kannte genau den Standpunkt des Chefs, dass wenn einem etwas unklar war, er unbedingt fragen solle. Keiner würde ausgelacht deswegen und es war besser nachzufragen, als im entscheidenden Moment mangels Wissen einen Fehler zu begehen. Oft erzeugten Fragen auch einen ganz anderen Blickwinkel zu einem Fakt und regte zu einer Diskussion an, die ihnen allen weiterhalf.

      Bei ihrem Job ging es um Mord! Um den Täter zu überführen war alles wichtiger als Stolz, unangebrachte Rücksichtnahme und Freundlichkeit oder gar tugendhaftes Benehmen. Das einzige, gemeinsame Ziel das Schäfchen und seine Truppe hatten war, den Mörder zu überführen und dafür setzten sie alles ein, was nicht gegen das Gesetz war.

      Dann legte der Chef die unmittelbare Vorgehensweise fest. Seinen Mitarbeiter Schneider beauftragte er, die Identität der Frau herauszufinden. Dabei handelte es sich um Routinearbeit, die vom Büro aus, hauptsächlich am PC und am Telefon erledigt werden konnte. Bert bekam die Aufgabe sich die genauen Daten des Klebebandes von den Kollegen der Technik geben zu lassen, um eventuell die Sorte zu bestimmen oder gar den Baumarkt zu lokalisieren, in dem es gekauft wurde. Bei dem nötigen Datenabgleich mit der Datenbank, ob die gefundene DNA vielleicht dort schon gespeichert war, sollten sich Bert und Schneider absprechen. Wer von ihnen als Erster mit der beauftragen Aufgabe fertig war und Zeit hatte, sollte diesen Part dann übernehmen.

      Er selbst gedachte mit Herr Busch Proben von dem Zeugen Bundschuh und dessen Hund zu besorgen, um einen Abgleich von deren DNA mit der an der Leiche erstellen zu lassen.

      „Das hatten wir auch noch nicht oft, dass wir DNA von einem Hund untersuchen lassen“, witzelte Schneider.

      „Stimmt, aber wir müssen wissen, ob die Spuren von dem Hund des Zeugen Bundschuh oder einem anderen sind. Es könnte ja sein, dass der Täter auch einen Hund hat. Das würde unsere Suche sehr einschränken.“

      Seinen Assistenten Busch forderte er dann auf, kurz zu beschreiben, was bei seinen Besuchen im Park in Bezug auf die Hundebesitzer herauskam. Der begann, noch etwas unsicher und nervös, weil er vor allen direkt angesprochen wurde, sein kurzes Statement.

      „Ja, also ich war jetzt, wie sie es sagten, also die letzten Tage“, weiter kam er nicht, weil der Chef ihn vorsichtig, aber bestimmt unterbrach.

      „Herr Busch, ganz ruhig. Sie brauchen sich nicht genieren vor den Kollegen. Es wird keiner hier ausgelacht, wenn er sich verspricht oder etwas Unüberlegtes von sich gibt. Dazu ist die Sache zu ernst. Reden sie ganz normal ohne Aufregung. Bitte“ gab er das Wort wieder an ihn.

      „Ja“, begann Busch wieder, aber merklich ruhiger „bei den Befragungen im Park habe ich nichts erfahren, was uns weiterhelfen könnte. Ich fand einige Personen, die um die fragliche Zeit normal ihre Hunderunde drehen, aber keinem von denen ist etwas aufgefallen. Ich habe mir natürlich alle Namen notiert. Der letzte, der vor der Meldung durch unseren Herrn Bundschuh wohl im Park unterwegs war, lief gute zwei Stunden zuvor seine Runde.“

      „Sehr gut“, lobte Schäfchen. „Die Namen und Daten tragen sie noch in unsere Akten ein, damit wir bei Bedarf noch einmal nachsehen können.“

      „Mache ich gleich.“

      „Gut. Hat jemand noch eine Idee oder etwas anzumerken?“

      Nachdem der Chef in der Runde nur Kopf schütteln sah, beendete er den kleinen Arbeitskreis. „Also dann geht wieder an eure Arbeit. Herr Busch, wir beide fahren nachher, wenn sie die Akten bearbeitet haben noch einmal zu Herrn Bundschuh.“

      „Ok Chef, geht klar.“

      Die Einträge der Namen und Zeiten der Parkspaziergänger