R.J. Simon

Schaaf ermittelt


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wurde Herrn Busch auch auf der Polizeischule und in unzähligen Weiterbildungslehrgängen vermittelt. Bei seinem Chef durfte er jetzt schon feststellen, dass der alle diese Dinge meisterhaft beherrschte. Es schien kein Wort und keine Körperregung bei ihm zu geben, die nicht genaustes überlegt und nur zum Zwecke der Wahrheitsfindung stattfand. Es war unglaublich mit welcher Perfektion Kriminalhauptkommissar Schaaf sich in Gegenwart von dem Zeugen Bundschuh verhielt und mit ihm sprach. Das gesamte Auftreten von seinem Chef und die Art, wie er den Zeugen mit Worten vorbereitete, war der Schlüssel zu den Proben ohne Gegenwehr gewesen. Davon war Busch überzeugt.

      Busch war sehr gespannt darauf, wie er sich verhielt, wenn er den mutmaßlichen Täter vor sich sitzen hatte und ihn zu einem Geständnis bringen musste. Nur die beiden Gespräche, bei denen Herr Busch bis jetzt seinen Chef erlebte, zeigten ihm schon, dass er unglaublich viel von ihm lernen konnte und er freute sich auf die nächste Zeit, in der er mit Herrn Schaaf arbeiten durfte.

      Während Herr Busch noch darüber sinnierte, gingen sie schweigend zum Auto zurück. Schäfchen stellte sich automatisch an die Beifahrertüre, weil er mit seinem Assistenten besprochen hatte, solange er nicht ausdrücklich etwas anderes sagte, immer Busch der Fahrer blieb. Busch ging dementsprechend um den Wagen herum an die Fahrertüre und schob den Schlüssel ins Schloss um aufzusperren. Sofort ging die eingebaute Alarmanlage mit lautem Hupen los. Busch erschrak sich fast zu Tode und sein Chef schüttelte nur den Kopf mit einem belustigten Grinsen.

      „Ich habe ihnen doch gesagt“, schrie er gegen das Hupen über das Dach hinweg an „immer mit der Fernbedienung öffnen, sonst gibt es Alarm!“

      Herr Busch konnte ihm in dem Moment gar nicht antworten, weil er zu sehr damit beschäftigt war, den Wagen wieder abzuschließen, den Schlüssel zu ziehen und den Knopf zu drücken, der das Auto per Fernbedienung öffnete. Erst dann hörte das Hupen endlich auf. Unsicher und ein wenig gehetzt sah sich Busch um und musste feststellen, dass alle Augen der Leute, die sich in ihrer Umgebung befanden, auf ihn gerichtet waren.

      „Entschuldigung“, murmelte er, was nicht nur an seinen Chef, sondern anscheinend an alle Menschen um ihn herum gerichtet war und nahm schnell auf dem Fahrersitz Platz. Erst als er die Tür zugeworfen hatte fühlte er sich unbeobachtet und aus der peinlichen Situation befreit.

      Kriminalhauptkommissar Schaaf kümmerte sich nicht um die gaffenden Leute. Sich um die Meinung anderer Menschen zu kümmern oder ob jemandem gefiel, wie er sich verhielt, gewöhnte ihm sein Beruf im Laufe der Jahre gründlich ab. Oft genug musste er Leuten mit Absicht auf die Füße treten und sich flegelhaft benehmen, um die Wahrheit zu finden. Schaaf stieg, ohne sich um das Umfeld zu kümmern, ebenfalls in den Wagen zu Busch ein.

      „Fahren sie gleich direkt zum Labor, damit wir die Proben abgeben können. Dann haben wir sicherlich bis Morgen die Ergebnisse.“

      „Ja natürlich“, stimmte Busch zu, während er sich anschnallte und den Motor startete.

      Sie waren gerade losgefahren und Busch hatte sich in den fließenden Verkehr eingeordnet, als das Handy des Chefs losdudelte. „Ich hasse die Dinger“, war seine missfallende Reaktion schon beim ersten Ton, den das Telefon von sich gab. Diese Bemerkung bestätigte Busch in seiner Ansicht, dass der Chef von modernen Dingen wenig hielt und sich sehr konservativ, ja beinahe altmodisch verhielt. Das nahm er grinsend zu Kenntnis und konzentrierte sich wieder auf die Fahrt.

      Der Chef telefonierte inzwischen mit Bert, wenn Busch das richtig deutete. Der gab ihm wohl die neuesten Ergebnisse durch, die bei seinen Recherchen herauskamen.

      „Nein, das brauchst du noch nicht. Wir müssen erst einmal Klarheit darüber haben, wer die Frau ist und oder aus welchem Umfeld der Täter sein könnte. Wie weit ist denn Schneider? Es gibt viel zu viele Baumärkte und Schnäppchenläden in unserer Stadt. Das führt zu nichts“, sagte der Chef, bevor er das Gespräch beendete und Busch die Neuigkeiten mitteilte.

      Demnach handelte es sich bei dem Klebeband um ein billiges Massenprodukt aus Fernost, wie es in beinahe jedem Baumarkt und auch in den Billigläden, die sich Restpostenmärkte oder Ein- Euro- Laden nannten, gab. Und natürlich wurden diese Klebebänder auch über das Internet vertrieben. Dort konnte man diese gleich kartonweise bestellen.

      Bert wollte nur wissen, ob er für den Chef eine Aufstellung der Läden anfertigen oder sogar gleich mal losgehen sollte, um Erkundigungen einzuholen, was der ablehnte, weil es sie mit Sicherheit nicht weiterbrachte. Sie hatten noch keinen Anhaltspunkt, nach wem oder was sie zu suchen hatten. So war es sinnlos jeden Laden abzuklappern und nach eventuellen Käufern der Klebebandsorte zu fragen. Es gab sicherlich unzählige Kunden in jedem einzelnen Laden, die drei bis vier Rollen eines solchen Bandes kauften. Das entsprach nach der Spurensicherung in etwa der Menge, die um die Leiche gewickelt war. Falls die Rollen über das Internet gekauft wurden, hätten sie ohnehin keine Chance, das zu ermitteln. Das brächte nur Unmengen Informationen, die ihnen nicht nutzten. Diese Kleinarbeit würde aber auch sicherlich noch auf das Team zukommen, wenn ihr Wissenstand sich so weit entwickelt hatte, dass sie dadurch zu einem brauchbaren Ergebnis kommen würden.

      Noch bevor sie vor dem riesigen Gebäude ankamen in dem sich das Gerichtsmedizinische Labor befand, störte das Handy des Chefs noch einmal. „Ich hasse das Ding“, schimpfte der auch prompt wieder los, noch bevor er auf das Display schaute, wer da anrief. „Das ist jetzt Schneider“, erklärte er bevor er dann das Gespräch annahm.

      „Ja ich bin dran“, meldete er sich knapp. Dann folgten nur noch zustimmende Worte, um Schneider zu sagen, dass er weiter zuhörte. Alles was gesagt werden musste kam von Schneider und Schäfchen sog die Informationen lediglich auf. Anweisungen oder weitere Vorgehensweisen musste er nicht geben.

      Auch nach diesem Telefonat klärte er dann seinen Assistenten auf, was er mitgeteilt bekam. Dabei standen sie bereits auf dem Parkplatz an ihrem Ziel. Sie stiegen erst aus, als der Chef alle Informationen, die er gerade erhalten hatte auch seinem Assistenten weitergegeben hatte. Er hielt es für sehr wichtig, dass alle Mitarbeiter immer möglichst auf demselben Wissenslevel waren, wie er selbst. So gingen keine Details verloren und jeder einzelne konnte bei seiner Arbeit über das gesamte, vorhandene Wissen, was den Fall betraf, verfügen. Dadurch war jeder Mitarbeiter in der Lage Unstimmigkeiten zu erkennen, bei Zeugenaussagen zum Beispiel, wenn es solche gab. Wenn man nicht alle Fakten und Bruchstücke kannte, konnte man diese auch nicht miteinander vergleichen.

      Der Kollege Schneider war inzwischen, auf der Suche nach einer Frau im entsprechenden Alter, die Vermisstendateien durchgegangen. Unter den vielen Verschollenen fand er vier, die von den Daten her auf ihre aufgefundene Tote passen konnten. Die Bilder, die er im Polizeicomputer fand, waren leider nicht alle aktuelle Fotos der Frauen, sodass er von den Vorlagen her die Tote nicht einwandfrei zuordnen konnte. Dazu wollte er sich zusammen mit dem Chef die entsprechenden Meldungen später ansehen. Denn, das war auch eine unumstößliche Maßnahme des Chefs, sie würden niemals zu Angehörigen gehen, um ihnen die traurige Todesnachricht zu überbringen, wenn es nicht zweifelsfrei auch die betroffenen Personen waren. Ebenso wollten sie auch vermeiden mit einem Bild der Toten bei Angehörigen aufzukreuzen, um sie zu befragen, ob es sich dabei vielleicht um die Person handelte, die sie suchten. Solche Aktionen starteten sie wirklich nur, wenn es gar keine andere Möglichkeit mehr gab, die oder den Toten zu identifizieren.

      Als nächstes gingen Schäfchen und Busch wie geplant in das Labor, um die Speichel- und die Haarprobe abzuliefern, damit diese mit denen an der Leiche gefundenen abgeglichen werden konnten. Busch folgte dabei seinem Chef auf dem Fuß und wurde im Labor von ihm einigen Leuten vorgestellt. Er würde in naher Zukunft noch viele Menschen im Polizeiapparat kennenlernen. Busch wurde von jedem freundlich begrüßt und in die Gemeinschaft der Fahnder aufgenommen. Allesamt trieb sie derselbe Ehrgeiz an. Nämlich den oder die Täter zu finden, sie zu überführen und dafür zu sorgen, dass diese ihrer gerechten Strafe erhielten.

      Das Labor setzte sich aus unzähligen Räumen und Abteilungen zusammen. In jeder wurden bestimmte Untersuchungen durchgeführt. Alle waren sie mit Leuchtbändern blendungsfreier Neonlampen hell erleuchtet. In denen, die Busch mit seinem Chef durchwanderte, waren jeweils in einem sehr großen Raum mehrere Reihen Labortische und davon durch Glaselemente abgetrennt, spezielle Arbeitsplätze.

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