Jasmin Salfinger

Teufels Träume


Скачать книгу

wie möglich ging sie eine Lade nach der anderen durch, finden konnte sie jedoch nichts.

      Emilia wollte sich gerade Mels Schreibtisch zuwenden als ihr Blick an dem Spiegel auf der Kommode hängen blieb. Es war eigentlich ein gewöhnlicher mittelgroßer Standspiegel mit einem dicken Zierrahmen. Emilia spürte kleine Impulse in ihren Fingerspitzen. Ihre Finger wollten sich nach dem Spiegel ausstrecken. Emilia legte ihr Smartphone auf der Kommode ab und hob den Spiegel mit beiden Händen an. Für seine Größe war er ziemlich schwer. Ein weiterer Impuls brachte sie dazu ihre Hände den Kunststoff-Rahmen entlang gleiten zu lassen. Ihre Fingerspitzen bekamen ein ungutes kribbeliges Gefühl und brachten sie dazu fester zuzudrücken. Der hintere Teil des Rahmens gab unter ihren Fingern nach und Emilia konnte eine kleine Einbuchtung ertasten. Überrascht hielt sie inne, drehte den Spiegel herum und sah sich das genauer an. Sie konnte einen Teil der Rückseite des Rahmens anheben und einen Hohlraum freilegen. Kurz hielt sie gespannt die Luft an, ehe sie den Rahmen leicht schüttelte und etwas heraus auf die Kommode purzelte.

      Drei Gegenstände fielen heraus:

      Emilias blaue, Saphir-Skarabäuskette

      Ein Schlüssel

      Und-

      Ein durchsichtiges Säckchen, zum bersten gefüllt mit einem weißen Pulver.

      Emilia starrte sprachlos auf die drei Dinge.

      Drogen. Das waren Drogen.

      Das weiße Säckchen war nicht einmal das Schockierenste. Viel mehr schockierte sie der Anblick des Schlüssels. Das war der Schlüssel zum Aufbewahrungsraum im Rathaus. Der Schlüssel der eigentlich in dem Büro ihrer Mutter liegen sollte. Mel steckte tatsächlich mit den Dieben unter einer Decke. Sie war für den Raub verantwortlich.

      Und langsam kam ihr auch eine Erklärung für das „Warum?“:

      Mel wollte von den Terrino Typen Drogen kaufen. Drogen waren durch die strengen Gesetzte noch viel teurer und schwieriger zu bekommen als früher. Sie waren so teuer, dass ein Kauf selbst bei den reichen Kids auffallen würde.

      Leisten konnte sich Mel das Pulverchen sicher, aber wie hätte sie das Fehlen der Summe ihrem Vater erklärt? Hätte sie bar bezahlt, hätte er wissen wollen wozu sie so viel Bargeld brauchte. Die Kreditkarte zu verwenden kam gar nicht erst in Frage: 1. die Abrechnung lief über ihn, 2. Wer war so blöd Drogen mit Kreditkarte zu bezahlen? Nein, Mel brauchte eine andere Lösung. Sie wusste, dass sie Zugang zu dem Büro von Emilias Mutter haben würde. Sie wusste ebenfalls dass der Schlüssel dort aufbewahrt werden würde. Sie hatte einen Tauschhandel vereinbart. Sie bekam Drogen von den Terrinotypen, diese wiederrum bekamen von ihr den Schlüssel und einen Freifahrtsschein um ein paar Wertgegenstände von der Auktion zu klauen. Niemand hätte Mel verdächtig, der Diebstahl hätte nichts mit ihr zu tun gehabt. Doch leider war Emilia in den Raub geplatzt. Der Typ musste vorzeitig abbrechen und hatte sich genau das falsche Schmuckstück gegriffen. Und zwar das der Tochter der Organisatorin. Emilias Mutter war ein hohes Tier, hohe Tiere beklaut man nicht, denn die werden aggressiv und weil Mel Angst vor Emilias Mutter hatte und dem was sie herausfinden könnte, wollte Mel die Kette zurückhaben. Ihre Drogenschulden würde sie irgendwie anders tilgen müssen.

      Ok, das war jetzt eine sehr spekulative Erklärung, aber was Logischeres fiel Emilia gerade nicht ein.

      Warum, WARUM zum TEUFEL wollte Mel Drogen haben? Ging es ihr mental so schlecht? Oder war sie so gelangweilt von ihrem Leben? Das war doch einfach nur hirnrissig! Wieso hatte Emilia das nicht bemerkt, keiner stand Mel näher als sie...

      Noch viel schlimmer war das Emilia jetzt in eine verflucht zwicklige Lage geraten war. Drogen zu besitzen wurde extrem schwer geahndet. Zu wissen, dass jemand Drogen besaß, ohne es den Behörden mitzuteilen, war aber auch schon eine schwere Straftat.

      Emilias Hirn arbeitete auf Hochtouren, was sollte sie jetzt tun? Dachte sie fiebrig.

      "Lia! Wo steckst du?!" Das war Corrinns Stimme.

      Eilige packte Emilia schnell die Kette, samt dem Schlüssel und den Drogen in ihr Täschchen und stürzte aus Mels Zimmer.

      "Ich bin hier." Rief sie und räusperte sich. Corrinn erspähte sie vom Ende des Ganges.

      "Na endlich!" Rief Corrinn und lief in einem Traum von einem weißen Ballkleid auf Emilia zu. Sie ergriff ihre Hand und zerrte sie lachend mit sich.

      "Komm schon, du verpasst sonst alles!"

      "Was? Was meinst du?" Fragte Emilia

      "Mel hat eine Überraschung für uns, aber sie wollte nicht ohne dich anfangen. Deshalb hat sie sich heute so merkwürdig verhalten, die kleine geheimtuerische Hexe." Erklärte ihr Corrinn grinsend und schüttelte ihre blonde Mähne.

      "Ach tatsächlich?" Murmelte Emilia halblaut und zog skeptisch eine Braue hoch.

      Eine Überraschung hm? Was das wohl sein mochte. Sie vermutete, dass es nichts mit dem Inhalt in ihrem Täschchen zu tun hatte.

      Zu zweit liefen die beiden die große Villa hindurch, vorbei an etlichen Partygästen, hinunter in das Erdgeschoss. Das Haus war extrem modern. Dr. Salveter, als alleinerziehender Vater, hatte es im maskulinen Stile eingerichtet. Es wirkte alles ein bisschen zu modern, und in zu vielen Grautönen. Nur Mels Zimmer und der Wintergarten hatten eine exzentrische Extravaganz abbekommen. Auf den Wintergarten schlitterte Corrinn mit Emilia im Schlepptau zu. Benjamin und Alexander standen samt Smoking und Krawatten vor der schwarzen Glastür. Alex wirkte genervt und Ben...naja betrunken. Er hatte wohl fünf Gläschen Champagner zu viel gekippt.

      Corrinn trippelte an ihnen vorbei und klopfte an die Glastür.

      "Mel, wir sind's! Lässt du uns jetzt rein?" Fragte sie neugierig. Die Tür ging auf und wogender blauer Tüll kam ihnen entgegen als Mel in ihrem Kleid heraustrat. Sie grinste von einem Ohr zum anderen.

      "Na, seid ihr schon Neugierig?!" Fragte sie spitzbübisch und strahlte sie begeistert an.

      "JA!" Platzte Corrinn heraus. Ben nickte nur mit halb geschlossenen Liedern und Alex grunzte. Emilia reagierte gar nicht, sie sie spürte das Gewicht der Drogen in ihrer Tasche.

      "Kommt rein!" Forderte Mel sie auf und kicherte. Der Wintergarten glich einer von Kräutern und Pflanzen zugestellten Bibliothek. Mel liebte die Wildheit der Natur und lies Topfpflanzen über die Möbel drüber wachsen. Es verlieh dem Ganzen ein außergewöhnliches Ambiente. In dem Raum war kein Licht eingeschaltet, stattdessen brannten unzählige Kerzen. Und in der Mitte des Raumes lag Mels Überraschung:

      "Nicht dein Ernst Mel?! Dafür schleppst du uns von der Party weg?" Fragte Alex, er war schon die ganze Zeit schlecht gelaunt, vermutlich hatte er Stress mit seiner Freundin. Mels Überraschung begeisterte ihn jedenfalls überhaupt nicht.

      Corrinns Neugierde und Begeisterung war so schnell verschwunden wie sie gekommen war. Äußerst skeptisch betrachtet sie den kleinen Tisch in der Mitte des Raums.

      "Ein Ouija Brett? Also nee..."

      Mel sah sie Reihum an und bestrahlte sie mit pure Begeisterung. Emilia fiel es ganz schwer jetzt nicht die Augen zu verdrehen. Mel wollte während ihrer Afterparty eine Seance mit einem klapprigen Ouija Brett abhalten. Das war mit Abstand das klischeehafteste Teenie-Szenario, dass so ziemlich jeden Horrorfilm einleitete.

      Mel stand auf so Zeug. Sie war auf alles versessen was irgendwie abergläubisch oder übernatürlich war. Eine der Wenigkeiten die Emilia mit ihr absolut nicht gemeinsam hatte.

      „Eine Séance? Das soll wohl ein Scherz sein? Melica, wir wissen das DU ein verrücktes Hexenweib bist, aber WIR sind normal, das ist doch dämlich...“sagte Alex ungläubig und schnaufte erbost.

      Mel hatte für sie eine kleine Geisterbeschwörung vorbereitet.

      Emilia betrachtete skeptisch das Brett

      „Mel, das ist viel zu gruselig. So eine Aktion hätten wir doch auch... ich weiß nicht, mit Tageslicht veranstalten können.“ sagte Corrinn zögerlich und verschränkte missmutig die Arme.

      „Ja, aber dann hätte