Jasmin Salfinger

Teufels Träume


Скачать книгу

Emilia übermäßig unbegeistert.

      „Ihr Unwissenden, die richtige Geisterstunde ist um drei Uhr morgens!“

      „Na schön! Bringen wir es hinter uns“ entnervt ließ sich Alex auf den dunklen Boden plumpsen. Corrinn tat es ihm nach, wenngleich sie darauf achtete ihr Kleid nicht zu verknittern. Mel liebte diese Sachen, sie liebten Mel, also wollten sie ihr die Freude lassen und spielten mit.

      Emilia sah Mel immer noch mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an. Am liebsten hätte sie ihr den Inhalt ihrer Tasche auf das Ouija Brett geknallt und mit erhobenem Finger eine Erklärung verlangt. Aber nein, vor den anderen war das keine gute Idee. Sie würde sich bis nach der Geistersitzung gedulden müssen. Mel sah sie leicht verwirrt an, sie verstand den Blick nicht den sie von Emilia kassierte. In der Hoffnung das ganze rasch hinter sich zu bringen ließ sich Emilia zu Boden sinken. Ben der für jeglichen Widerspruch sowieso zu betrunken war, plumpste einfach auf seinen Hintern. Ein Grinsen breitete sich wieder auf Mels Gesicht aus. Schweigend sahen sie zu, wie Mel verschiedene Dinge positionierte und ihnen erklärte wofür man was brauchte: Eine Kerze, für Feuer stellte sie näher an das Brett. Etwas Erde aus einer Dose, Wasser aus einer kleinen Flasche und eine Feder, die den Wind symbolisieren sollte. Sie verteilte all die Dinge rund um das Oval, in jeweils einer der vier Himmelsrichtungen. Auf der Mitte des Brettes war eine kleine schwarze Einkerbung. Mel zog ein kleines Messer hervor und hielt es über die Flamme einer Kerze.

      „Zu guter Letzt“ sagte sie leise; „einen Tropfen reinen Blutes… sprich einer Jungfrau.“

      Nacheinander blickten sie alle Emilia an.

      Emilia sah aber nur gebannt auf das Brett, sodass sie das nur mit leichter Verzögerung bemerkte.

      „Was seht ihr mich so- Oh NEIN! Vergesst es, ganz bestimmt nicht. Von mir bekommt ihr kein Blut. Am Ende bin ich noch verflucht oder so was!“ wehrte sie vehement ab und fuchtelte mit den Händen.

      „Komm schon Lia! Von uns bist du die einzige, deren Blut wir nehmen können.“ Sagte Corrinn.

      „Ach traust du dich nicht? Ich dachte du glaubst sowieso nicht an sowas?!“ sagte Mel mit herausforderndem Ton. Es sollte witzig klingen, aber Emilia war überhaupt nicht zu spaßen zumute. Sie hätte Mel viel lieber patzig angemault. Sie konnte das Gewicht der Drogen direkt spüren. Statt dass sie Mel Vernunft einprügeln konnte musste sie erst so ein bescheuertes Spiel spielen.

      „Tu ich auch nicht.“ Glühte sie Mel so richtig schön passiv aggressiv an. Mel blinzelte schon wieder verwirrt, tja sie hatte immer noch keinen Plan was Emilia alles wusste.

      „Äh..., na dann trau dich doch einfach. Sollte kein Problem sein oder?“ sagte Melica etwas verunsichert.

      Nein, es hätte eigentlich kein Problem sein dürfen. Emilia glaubte nicht an Geister oder Gespenster oder sonst irgendetwas. Eigentlich glaubte Emilia an gar nichts. Weder an mystische Kräfte, esoterischen Hokuspokus noch an sonst irgendetwas übersinnlicher Natur. Sie glaubte nicht einmal an Gott oder Religion. Emilia glaubte das, was sie sah und an die Wissenschaft. Auf den Himmel vertrauen zu können, wäre so schön einfach, machte in ihren Augen aber keinen Sinn. Beten löste keine Probleme.

      „Ja. Ist kein Problem. Na schön!“ Sagte sie abgehackt.

      Widerwillig streckte sie die Hand aus. Sie hatte wenig Lust sich in den Finger ritzen zu lassen, das tat nämlich trotzdem weh. Sie wollte aber Mel nicht zugestehen, dass ihr das Holzbrett Angst machen könnte.

      Es war ein kurzer schneller Schnitt in ihren Zeigefinger. Schon landete ein kleiner Tropfen ihres Dunkelroten Blutes in der schwarzen Einkerbung.

      Mel wies sie an, sich an den Händen zu halten. Das Ganze hatte was von einer Kindergartengruppe, die gleich ein Lied zusammen singen würden.

      „Schließt die Augen und Konzentriert euch. Ruft nach einer toten Seele. Spürt die Energien der Vergangenheit…“

      „Hey GRANDMA-„brüllte Ben und alle zuckten vor Schreck zusammen.

      „Nicht laut du Schwachkopf!“ Quakte Mel ihn von der Seite an: „In deinen Gedanken!“

      „Achsoooo.“ Sagte Ben aufgeklärt. Alle bis auf Mel brachen in Gelächter aus.

      „Oke oke, jetzt konzentriert euch!“ forderte Mel sie tadelnd auf. Na schön.

      Alex neben ihr, konnte sich ein kurzes spöttisches Glucksen nicht verkneifen und auch Emilia tat sich schwer damit nicht verächtlich zu schnaufen. Nach wem sollte sie rufen? Hallo? Werter Toter Herr, möchten sie mir erzählen wie es dazu kam, dass sie die Radieschen von unten sehen. Schwachsinn. Eine ganze Weile saßen sie so da und Emilias Gedanken entglitten ihr. Fort von der Party, fort von Mel, fort von den Drogen.

      Sie dachte nach. Über ihre Zukunft, ihre Wünsche und und und... und wie sehr sie sich eigentlich wünschte, dass sich nichts verändernd würde... Die Zukunft konnte einem Angst machen. Diesen Zeitpunkt hier in ihrem Leben einfrieren zu können, ewig jung zu sein, nie sich dem tatsächlichen Leben stellen zu müssen... das war eine Vorstellung die ihr gefallen würde.

      Plötzlich schien sich etwas zu verändern, ein mulmiges Gefühl baute sich in Emilia auf. Ihre Magengegend begann zu flattern. Ihr Täschchen an ihrer Hüfte schien plötzlich viel mehr Gewicht zu haben und- und wurde das Ding etwa heiß? Sie fühlte wieder diesen Druck auf ihren Lungen als würde sie nicht mehr Atmen können. Plötzlich hatte sie das Verlangen, die blaue Skarabäuskette aus der Tasche zu holen und sich um den Hals zu legen. Denn dann würde sie wieder atmen können, dann wäre sie frei, dann wäre alles besser... Sie spürte wie Corrinn und Alex den Druck um ihre rechte und linke Hand genau im selben Moment verstärkten. Der Druck wurde immer stärker, die Luft immer schwerer und dann geschah – nichts!

      Emilia öffnete ihre braunen Augen.

      „Wow, Nichts! Das war der Wahnsinn… tolle Geschichte Mel“ sagte Alex gelangweilt.

      Und mit seiner Aussage war jegliche gruselige Atmosphäre verschwunden. Corrinn fing an zu kichern und Ben versuchte in seinem Schneidersitz nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Langsam schien er wohl wieder nüchtern zu werden.

      Mel zog erbost die Brauen zusammen, es gefiel ihr nicht von den anderen verspottet zu werden: "Ihr habt es gar nicht richtig versucht! Kommt schon konzentriert eu-" sie wurde von einem Geräusch abgelenkt.

      Von draußen hörten sie Motorenlärm. Mel drehte blitzschnell den Kopf herum um durch die gläsernen Wände hinaus auf die Straße zu spähen. Einzelne Lichter sausten in der Dunkelheit vorbei. Sobald der Schwarm an Lichtern vorbeigezogen war, erstarben auch die Motorengeräusche - weil die Maschinen geparkt wurden. Motorräder.

      Ungläubig sah Emilia auf Mel. Das war ein Scherz oder? Die Terrinotypen parkten gerade nicht wirklich auf der Straße neben Mels Haus oder?

      Mel schnellte hoch und sauste ohne Erklärung zur Tür hinaus.

      Emilia überkam leichte Panik, sie hatte den gestressten und verängstigten Ausdruck auf Mels Gesicht gesehen. Irgendetwas stimmte nicht.

      Emilia überkam die pure Verwirrung; arbeitete Mel mit diesen Typen jetzt zusammen oder hatte sie Angst vor ihnen? Hatte Emilia die Sache auf dem Parkplatz gestern falsch interpretiert? Waren die Kerle jetzt hier um Stress zu machen? Wenn ja, weswegen?

      Ben, Corrinn und Alex bekamen von alledem nichts mit und sahen Mel überrumpelt nach.

      Alex war der erste der sich fing, galant aufstand und verkündete: "Wenn Mel sich einfach verzieht, kann ich mich anschließen. Falls ihr mich braucht, findet ihr mich bei dem kläglichen Versuch aus meiner Freundin schlau zu werden: Sie ist sauer und ich habe keine Ahnung wieso. Mal wieder. Ciao." Er strich seinen Anzug glatt und verschwand genervt durch die Glastür.

      "Okay, was war das jetzt?" Drehte sich Corrinn sofort zu Emilia herum.

      Emilia antwortete zögerlich: "Ich weiß es nicht. Sie führt sich schon die ganze Zeit seltsam auf." Das war gelogen, Emilia saß auf glühenden Kohlen. Sie wusste das gerade irgendein krummes Ding auf Mels Party ablief,