Ralph Kloos

KOLONIE 7


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Bassin mit dem Sarkophag zu begeben.

      Auf Anweisung von Jottape wählte Dennis eine sichtbare Vertiefung an einem Eck des Würfels aus, um mit einem Unterwasserbohrer ein Loch in die massive Kiste zu bohren. Das Holz war anscheinend so dick, dass ein 20 cm langer Bohrer nicht ausreichte, um sich durch die nassen Holzplanken zu quälen. Schon als die Endoskopkamera durch dieses Loch nach unten geführt wurde, ließ sich erkennen, dass es sich nicht um eine einzige Holzkiste handelte, sondern das anscheinend mehrere Kisten ineinander verschachtelt waren. Das ließ sich an den verschiedenen Holzsorten und den dazwischen liegenden Schichten von Pech zweifelsfrei erkennen. Natürlich war auch diese Endoskopkamera via KCs Leitzentrale mit allen Fernsehschirmen des Schiffes verbunden und so war es ein gemeinsamer Aufschrei der gesamten Mannschaft, als der kleine Kamerakopf endlich in den letzten Hohlraum einfuhr: Im Licht des winzigen Scheinwerferkegels war eindeutig eine kleine Fläche bearbeitetes Gold zu erkennen.

      So langsam wurde es Jottape klar, dass er vielleicht doch noch eine sensationelle archäologische Entdeckung gemacht hatte. Sie hatten mittlerweile das Gesamtgewicht der Holzkörpers mit 2,7 Tonnen ermittelt, aber selbstverständlich war allen klar, dass ein großer Teil dieses Gewichts von dem nassen Holz, dem Pech und dem aufgesogenen Meerwasser stammte. Zur Sicherheit führte Dennis eine weitere Bohrung an der diagonal gegenüberliegenden Ecke des Sarkophags durch, die endgültig klar machte, dass sich im Inneren des Holzwürfels ein goldener Kubus mit unbekannten Inhalt befand.

      Anhand der Maße aus diesen Videosequenzen errechnete KC, dass der goldene Kubus mindestens 1500 kg schwer sein musste.

      Um aufkommende Spekulationen auf dem Teppich zu halten nervte KC mit Basiswissen aus seiner Nebenhirnrinde: Bei einem spezifischen Gewicht von 19,32 g/cm³ würde ein massiver Würfel von einem Meter Kantenlänge knappe 20 Tonnen wiegen - deshalb konnte das Ding schon mal nicht komplett aus reinem Gold sein.

      Was befand sich wohl im Inneren des goldenen Würfels? So langsam begriff nicht nur Jottape, dass sie durch puren Zufall und reines Glück auf eine einmalige archäologische Sensation gestoßen waren.

      Da jedes Mitglied des Teams auch an dem eventuellen Gewinnen der Expeditionen beteiligt war, wurden mit Genehmigung von Jottape eine ganze Batterie von Champagnerflaschen kalt gestellt, denn heute gab es wirklich etwas Einmaliges zu Feiern.

      Dann besprach er sich kurz mit KC, ließ sich eines der Satellitentelefone geben und wählte die Nummer seines ehemaligen Chefs Frank Goddio. Das Gespräch der beiden alten Freunde dauerte mehr als zwanzig Minuten und danach machte sich Jottape direkt auf den Weg zur Brücke, um mit Captain Creech den neuen Kurs zu besprechen.

      Anspannung und Euphorie kamen in Wellen in ihm hoch und fast singend erklärte er dem verdutzten Captain: „Mein Bester, wir ändern den Kurs. Wir kreuzen vor dem Sturm und haben danach ein kleines Meeting auf hoher See - und wenn alles klappt, dann haben wir unseren fantastischen Fund schon in knapp zwei Tagen in Paris.“ Dann lachte er spitzbübisch und begab sich zum Feiern zu seinem leicht angetrunkenem Team.

      Tropensturm "Barbara" war keiner von den großen Stürmen, und da die Deep Search One hochmodern und damit absolut seesicher war, freute sich Jottape richtig auf diesen bewegten Teil der Reise. Für den weiteren Transport des Sarkophags wurde in der Schiffsschlosserei aus den zerschnittenen Seitenteilen eines Containers ein maßgeschneiderter Behälter für den schweren Würfel zusammen geschweißt, welcher an allen Seiten fünf Zentimeter Luft zum Objekt hatte, sich mit Meerwasser füllen ließ, und dann hermetisch abgeschlossen werden konnte.

      Während der Smutje in seiner Küche zu kulinarischen Höchstleistungen auflief und ein üppiges Buffet vorbereitete, hatte KC, ganz der Althippie, die Schiffsanlage voll aufgedreht und so stampfte die Deep Search One mit einer leicht angetrunkenen und singenden Belegschaft durch die Nacht und die schwere See und erst kurz vor Sonnenaufgang fand der letzte der Mannschaft den Weg in seine Koje.

      Nur drei Stunden später ließ KC einen heiteren Morgensong über die gesamte Lautsprecheranlage des Forschungsschiffs ertönen:„Burnin`and Lootin`“ von Bob Marley und irgendwie konnte man dabei fast den dezenten Geruch frisch angezündeter Morgen-Joints dabei riechen.

      Kurz darauf zeichnete sich die mächtige Silhouette eines riesigen Schiffes im gleißenden Gegenlicht der morgendlichen Sonne ab.

      Es war die imposante „Charles de Gaulle“: Der einzige französische atomgetriebene Flugzeugträger, der in diesem Herbst im karibischen Meer vor Venezuela kreuzte.

      Jottape hatte es vorgezogen, den unbekannten Schatz sicher-heitshalber in das heimische Frankreich ausfliegen zu lassen. Nicht das er, wie bei einer zurückliegenden Expedition, seit Jahren im Wasserbecken eines jamaikanischen archäologischen Institutes vor sich hin vergammelte, bevor die Behörden vielleicht irgendwann einmal beschliessen würden, diese Artefakte, wie besprochen und vertraglich vereinbart, endlich zur Untersuchung frei zu geben.

      Da sich der Fundort der unbekannten Galeone zudem ziemlich genau an der 200-Meilen Grenze zu Jamaica befand, konnte man mit dieser Nacht- und Nebelaktion unangenehme Fragen zunächst einmal als stolzer Besitzer aussitzen - so war das eben, wenn es um alte Piratenschätze in der Karibik ging.

      Obwohl der Sturm bereits fast abgeflaut war, schien es zu unsicher den maßgeschneiderten Container mit dem Metall-Sarkophag direkt mit dem Kran auf den Flugzeugträger zu hieven, und so wurde einer der großen Helikopter dafür benutzt und schon wenige Minuten später war die geheimnis-volle Kiste sicher auf dem Flugdeck des Flugzeugträgers abgesetzt.

      Jottape und KC ließen sich von einem weiteren Helikopter ebenfalls auf dem Flugzeugträger fliegen und bereits zwei Stunden später befanden sich die zwei gemeinsam mit dem Container in einer kleineren Frachtmaschine und auf dem Weg nach Venezuela.

      Ohne großes Aufsehen wurde der schwere Container direkt auf dem Flugfeld in einen der französischen Herkules-Transporter verladen, und so dauerte es nur noch knappe neun Stunden Flugzeit bis der Schatz und seine Entdecker auf dem militärischen Teil von Orly in Paris landeten.

      Durch die entsprechenden Kontakte mit Franck Goddio war das archäologische Institut der Sorbonne-Universität am Place de Pantheon bereits informiert und da ja kein Mensch wusste, was sich in der Kiste befand, gab es nicht einmal besondere Sicherheitsmaßnahmen, um das ungelöste Geheimnis unbeschadet in das Universitätsgebäude zu transportieren. Nach dem Öffnen des Containerdeckels transportierte man das hölzerne Geheimnis in ein bereits mit Meerwasser gefülltes Becken und begann mit den ersten oberflächlichen Untersuchungen.

      Um an das Innere heranzukommen, wurden zuerst die drei äußeren Holzschichten nacheinander vorsichtig abgetragen. Das verwendete Holz stammte eindeutig von europäischen Eichen, die nach dendrologischer Auswertung zwischen 1500 und 1580 in Nordspanien geschlagen sein mussten. Auch die Herkunft des Pechs, welches zwischen den einzelnen Schichten für eine mehr als wasserdichte Versiegelung sorgte, ließ sich anhand chemischer Analysen eindeutig belegen.

      Es handelte sich um exakt die gleiche Substanz, die auch in Resten anderer antiker Fundstücke nachgewiesen worden war. Das gleiche galt für die zahlreichen verwendeten Nägel: In der ersten Schicht befanden sich nur noch korrodierte Löcher - denn das Meerwasser hatte diese Nägel komplett aufgelöst. Da jede Planke exakt fünf Zentimeter dick war, ergab sich - mit dem Pech dazwischen - eine knapp 43 Zentimeter dicke Holzschutzschicht um den inneren Würfel aus Gold. Ab Schicht Nummer drei waren die verbliebenen Nägel ohne jeglichen Rost und auch die Beschaffenheit des Holzes war fast „wie neu“.

      Wer immer sich diese Verpackung ausgedacht hatte; Sie war über Jahrhunderte wasserdicht geblieben und hatte Ihren einzigartigen Inhalt anscheinend perfekt konserviert, wobei reines Gold sowieso in keiner Weise vom Meerwasser angegriffen wurde.

      Da das innere Holz nicht einmal feucht war, hatte man das Bassin abgelassen und hievte den in der letzten Holzkiste steckenden Würfel auf ein fahrbares Podest aus hydraulischen Pleueln, das man wie eine Autohebebühne anheben oder absenken konnte.

      Da es jetzt ja richtig spannend wurde, musste KC vordringlich organisieren, dass die Enthüllung auch im richtigen Rahmen ablaufen konnte. Er dirigierte also die Presse und die Techniker, die Fotographen und Wissenschaftler mit seiner eigenen Choreographie und seine