Tom Bleiring

Die Chronik des Dunklen Reiches -Band 1-


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Macht hat das bloß verursacht?!

      Solche Macht, solche Zerstörung kann ja nur von den Göttern oder aus den tiefsten Abgründen der Hölle stammen. Und warum leben wir noch?!

      Ich habe dieses Feuer gespürt, habe die Flammen über meinen Körper züngeln sehen.

      Oh, ihr Götter….! <<

      Der Zauberer öffnete die Augen und starrte Marius an.

      >>Was ist denn mit dir geschehen?! , << stieß er erschrocken hervor und richtete sich schlagartig auf.

      Marius verstand nicht, doch Racorum blickte ihn an, als wäre der Junge entstellt und zu einer Abscheulichkeit geworden.

      >>Dein Haar ist grau, fast schon silbern! Und deine Augen auch.

      Was ist mit uns geschehen? Wie kann es sein, dass wir unverletzt sind? <<

      Marius hörte die aufsteigende Panik, den Schrecken in Racorum’s Stimme.

      Dass er sich verändert haben sollte, fiel ihm nicht schwer zu glauben.

      Irgendetwas war in den vergangenen Minuten mit ihm passiert, das spürte er selbst, doch darüber konnte er sich später Gedanken machen.

      >>Beruhigt euch, mein Freund, << sagte er freundlich und berührte Racorum sanft am Arm.

      Dieser starrte fassungslos auf die in Trümmern liegende Stadt, auf den jungen Mann und dann auf den Hafen, über dem grauer Nebel lag.

      >>Sehe ich da Schiffe? , << fragte er beunruhigt.

      Marius Augen folgten dem Blick seines Meisters.

      Und tatsächlich sah er, wie aus dem grauen Dunst die Bugspitzen von Schiffen hervor brachen, welche auf den Hafen zuhielten.

      Es waren schwarze Schiffe unter blassgrauen Segeln, an deren Masten ein blutrotes Banner im Wind flatterte.

      >>Das ist das Wappen Kaan-Olgot’s, << flüsterte Marius.

      Racorum schnappte hörbar nach Luft und erwiderte:

      >>Schweig, Junge, und rede nicht von diesem götterverlassenen Ort.

      Woher kennst du überhaupt diesen Namen? Nur wenige haben Kenntnis von seiner Existenz, und alle Eingeweihten spucken darauf und auf jenen, der dort haust.

      Wir müssen fliehen und alle warnen, die uns begegnen, wenn es wirklich seine Heerscharen sind, << zischte er und deutete mit zittriger Hand auf das Meer, nach Westen hin.

      >>Ich weiß um den Namen, weil ich davon wissen muss, << antwortete Marius und erhob sich.

      Seine Stimme war frei von Angst, seine Haltung ebenso.

      Er wusste, was kommen würde, auch wenn er nicht sagen konnte, woher dieses Wissen stammte.

      >>Was soll dieses wirre Gerede, Junge? , << rief Racorum.

      >>Bist du von Sinnen? Oder hat dich etwas am Kopf getroffen? Wir müssen Soldaten finden, Truppen dieses Reiches oder eines anderen Landes, um ihnen davon zu berichten.

      Ich habe dich als meinen Lehrling aufgenommen, also gehorche jetzt und hilf mir auf die Beine.

      Hier geschehen Dinge, von denen du keine Ahnung hast!

      Wir müssen fort von hier, ehe die Truppen an Land kommen und uns finden.

      Selbst ich werde ihnen nicht viel entgegen setzen können, nicht hier und nicht jetzt. <<

      Marius blickte wie gebannt auf die Schiffe hinab, von denen immer mehr aus dem Nebel kamen und in Richtung des Hafens steuerten.

      Auf den Decks konnte er eine unüberschaubare Anzahl von Kriegern erkennen, schwer gepanzert und bis an die Zähne bewaffnet.

      >>Ja, wir sollten gehen, << sagte er schließlich, >>doch der Krieg, der hier aufzieht, hat uns derzeit nicht zu interessieren. Wir müssen meine Brüder und Schwestern finden. <<

      Racorum schenkte dem jungen Mann einen Blick, den er sonst nur Schwachsinnigen oder Narren zukommen ließ.

      >>Es hat uns nicht zu interessieren? , << wiederholte er fassungslos.

      >>Weißt du nicht, wessen Banner dort unten weht? Kennst du nicht die Bedeutung dieses Feldzeichens? Hier wurde gerade eine ganze Stadt vom Angesicht unserer Welt getilgt.

      Und nun wissen wir auch, wer dafür verantwortlich ist.

      Die anderen Länder Nathyria’s müssen dies erfahren, damit sie sich auf einen Angriff vorbereiten können. Wir sprechen hier nicht von einem Piratenüberfall, Junge, sondern von einer Macht jenseits des Ozeans, die alle Länder unseres Kontinents in Dunkelheit versinken lassen will. <<

      >>Das weiß ich alles, << erwiderte Marius geduldig, >> aber wir haben eine andere Aufgabe, Racorum. Wir müssen meine Brüder und Schwestern ausfindig machen, sie aufspüren, damit wir gemeinsam unser Schicksal erfüllen können. Und ich wäre euch dankbar, wenn ihr mich nicht immer wieder Junge nennen würdet. Ich habe einen Namen, bitte benutzt ihn auch. <<

      Racorum schien zu denken, dass Marius einen Schock erlitten habe, denn er antwortete:

      >>Mein guter Junge, noch bin ich hier der Meister, also mäßige deinen Ton mir gegenüber etwas.

      Wir haben gerade einiges durchgemacht, daher verzeihe ich dir deine unangebrachten Worte, aber in Zukunft sprichst du mich mit dem Titel Meister an.

      Vor einigen Stunden warst du noch ein hilfloser Bauernjunge, vergiss das nicht.

      Ohne meine Hilfe hättest du nicht einmal die Schule der Zauberer gefunden.

      Doch ich, Racorum der Große, bin bereit, mich erneut großmütig zu zeigen und…! <<

      >>Den Titel gabt ihr euch selbst, << fiel Marius ihm gelassen ins Wort.

      >>Ihr seid Racorum aus Goth, jenem trockenen Landstrich im Süden.

      Und gefürchtet seid ihr nicht unbedingt bei euren Standesgenossen, eher berüchtigt wegen eurer vielen ausschweifenden Eskapaden in den Hurenhäusern aller großen Städte des Ost-Kontinents.

      Seid mir nicht böse, mein Freund, aber die Angelegenheit mit mir als eurem Lehrling hat sich erledigt.

      Ich habe etwas…erlebt, was mir die Augen geöffnet hat, und ich werde euch gern davon berichten, wenn ihr denn bereit seid, mir nun zu folgen.

      Der Krieg, der hier seinen Anfang nimmt, wird uns einholen, aber derzeit können wir nichts bewirken.

      Zuerst muss ich meine Brüder und Schwestern finden; jene, die wie ich heute gezeichnet wurden.

      Nur mit ihnen zusammen kann ich unser gemeinsames Schicksal klar erkennen.

      Man hat mir aufgetragen, sie zu suchen, und genau das werde ich tun. <<

      >>Und inwiefern sollen deine Verwandten uns hierbei helfen können? , << rief Racorum und deutete auf die anlandenden Schiffe.

      Die Worte des jungen Mannes hatten ihn kalt erwischt, denn sie entsprachen der Wahrheit.

      Racorum fragte sich besorgt, woher der Junge dies nur mit einem Mal wissen konnte.

      >>Sie sind nicht mit mir verwandt, jedenfalls nicht vom Blut her.

      Seht ihr diese Zeichen auf meinen Armen? Es gibt dort draußen andere, die wie ich mit diesen gezeichnet wurden. Ich und diese Anderen wurden auserwählt, auch wenn ich noch nicht weiß, wofür überhaupt. Ich weiß nicht einmal, wo sie sich aufhalten und wie viele es sind, aber ich weiß, dass wir nur gemeinsam das bewerkstelligen können, wozu wir ausersehen sind. <<

      >>Du sprichst, als hättest du eine Art hellseherische Gabe erhalten, << brummte Racorum missmutig,