Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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und ward entzückt

       von der Schönheit des Angesichts und dem Liebreize

       der Gestalt. Schnell eilte er hinunter in's Thal und gesellte

       sich zur anmuthigen Fischerin. Er bewunderte

       ihr Geschick, die Fischlein zu angeln und schmeichelte

       ihr mit schönen Worten. Das Mägdlein aber lächelte

       schalkhaft und meinte, daß sie wohl noch bessere

       Angeln als diese verwahre: wer damit gefangen

       werde, der könne sich nimmer entledigen. Das verstand

       der Jäger gar wohl, denn er merkte bereits, daß

       er selbst mit seinem Herzen an dieser Zauberangel gefangen

       worden. Indessen schätzte er sich glücklich,

       die Liebe der holdseligen Wasserjungfrau gefunden

       zu haben und wollte ihr eben den ersten Kuß auf die

       Lippen drücken – als in demselben Augenblick die

       Nixe in den Fluthen der Saale verschwand. Da stand

       nun der arme Liebesjäger und sah der Treulosen nach,

       und erzählte den Erlen und Saalweiden sein Herzeleid.

       Und noch heute wandelt der Jäger einsam das

       Thal auf und ab und klagt in vernehmbaren Tönen

       sein Schicksal.

       270. Des Dörfchens Name.

       Von J. R u t t o r .

       Am Ufer einst der Saale

       Ein Dörfchen ward erbaut;

       Es lacht im Sonnenstrahle

       So niedlich und so traut.

       Wie viel der Wandrer kamen

       An diesen neuen Ort,

       Erfuhren keinen Namen,

       Und reisten wieder fort.

       Des Dörfchens schlichte Leute,

       Mit Sprachkunst unbekannt,

       Da Jedermann sich scheute,

       Hatten's noch nicht benannt.

       Einst kam auf seinem Wege

       Ein Wandrer in den Gau;

       Und in dem Feldgehege

       Stand eine alte Frau.

       Und nach dem Dörfchen deutet

       Der junge Wandersmann;

       Und da er näher schreitet,

       Zu fragen er begann:

       »Ist's euer Dorf, das niedlich

       Mir dort entgegenlacht?

       Es scheinet mir so friedlich,

       Von stiller Lust umfacht!«

       Kaum hat sie dieß vernommen,

       Da eilet sie nach Haus;

       Im Dörfchen angekommen,

       Ruft sie voll Freuden aus:

       »O hört es, gute Leute,

       Dieß Dörfchen, unbekannt,

       Es werd' von uns seit heute

       Stets ›E u e r d o r f ‹ genannt.«

       »Denn wißt es, daß so eben

       Ein Mann, mir unbekannt,

       Den Namen ihm gegeben,

       Es ›Euerdorf‹ genannt.«

       »Ja,« riefen froh die Leute,

       »Ihn hat uns Gott gesandt. –

       Das Dörfchen wird bis heute

       Noch ›Euerdorf‹ genannt.«

       271. Die Eilingsburg bei Kissingen.

       F r . P a n z e r Beitrag S. 181.

       Die Saale fließt an einem Berge vorüber, die Patzeleiten

       genannt. In dem östlichen steilen, dichtbewaldeten

       Abhang steht der Sandsteinfelsen zu Tag. Dieser

       Platz heißt E i l i n g s b u r g . In den Felsen führt die

       Wichtelshöhle, an deren Eingang soll ein hohler

       Raum sein, gleich einer Kammer, von welchem aus

       ein schmaler, niedriger Gang bis Aura führen und,

       nach alter Sage, ganz kleinen Leuten, Wichtelen genannt,

       zum Aufenthalt gedient haben soll.

       In L i n d e s an der Saale, in der L i n d e s m ü h l ,

       lebte in alten Zeiten ein Müller, welchen diese Wichtelen

       zum reichen Mann machten, denn sein Speicher

       war immer voll Getreid. Einst stieg ein Wichtel über

       die Treppe nach dem Speicherboden. Obgleich er nur

       eine Kornähre trug, so kreischte er doch wehleidig

       und unaufhörlich. Darüber wurde der Müller zornig

       und rief: »Du Blutkröt, wie kreischt du über dein

       Aerla Korn!« Auf diese rauhe Rede trugen die Wichtelen

       alles Getreid fort, und machten den Müller zum

       armen Mann.

       Daß vom Schloß Aura ein unterirdischer Gang abzieht,

       sagt Erzähler, ist gewiß; denn einst wollten die

       jungen Edelleute den in diesen Gängen verborgenen

       Schatz suchen; wie sie aber vordrangen, sahen sie drei

       Gestalten um einen Tisch herum sitzen, welcher ganz

       mit Gold bedeckt war; sie erschraken und liefen so

       schnell davon, daß einer über den andern fiel.

       272. Jud Schwed in Kissingen.

       B e c h s t e i n S. 131.

       Am Rathhaus der Stadt Kissingen schaut oben ein

       bärtiger Mannskopf, der sich in den Haaren rauft, als

       ein Wahrzeichen herab. Das nennen die Einwohner

       den Jud Schwed und erzählen davon folgende Sage:

       Im dreißigjährigen Kriege, als die Schweden diese

       ganze Gegend heimsuchten, wurde auch Kissingen

       von ihnen belagert und hart bedroht. Doch widerstand

       die Stadt tapfer und wäre vielleicht nicht erobert worden,

       wenn nicht ein Jude an ihr zum Verräther geworden

       wäre. Dieser wußte einen unbewachten Ausgang

       durch die Mauer und führte die Feinde dort ein. Doch

       empfing er seinen Lohn und zum Andenken wurde

       sein Bild, wie er sich aus Reue die Haare ausrauft, am

       Rathhaus befestigt. Hernach kam es auch, daß man

       ihn und die Seinen nicht mehr bei ihrem wahren

       Namen, welcher der Vergessenheit überliefert wurde,

       rief, sondern Schwed, zur ewigen Erinnerung; und

       dieser blieb auch, denn noch heute leben Nachkommen

       von ihm zu Kissingen, welche den Namen

       Schwed führen.

       Eine andere Sage von diesem Juden kündet aber

       gerade das Gegentheil des vorstehenden. Nach dieser

       goß der Jude für die Bürger Kugeln, welche die geheimnißvolle

       Eigenschaft hatten, unfehlbar zu treffen,

       und den