Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


Скачать книгу

Aus dem der Schleier ihr entrann. –

       Und wo der Schleier ward gefunden,

       Stieg bald ein Kloster himmelan.

       Dort stand die Gräfin auch am Fenster,

       Und sann, wie reich sie sei zur Zeit,

       Zwar nicht an Gütern nächst der S a a l e ,

       Doch an der Seelen Seligkeit.

       276. Frauenroda.

       Von J . B . G o ß m a n n .

       Mit still vergnügtem Sinnen

       Beim Abendsonnenstrahl

       Steh'n auf den hohen Zinnen

       Der Ritter und sein Gemahl.

       Sie schau'n ihr liebes Franken

       Und schau'n hinab ins Thal,

       Und haben fromme Gedanken,

       Der Ritter und sein Gemahl.

       Laßt uns ein Kloster bauen

       Und beten drin zumal.

       So sprach die Perl' der Frauen

       Zum Ritter, ihrem Gemahl.

       Das eben ist mein Sinnen,

       Doch wird mir schwer die Wahl,

       Wo Raum sei zu gewinnen!

       Der Ritter so zum Gemahl.

       Da kam ein Sturm geflogen

       Mit großer Gewalt zumal,

       Der hat den Schleier gezogen

       Vom Haupte seinem Gemahl.

       Ihn trug der Wind im Wehen

       Wohl über Berg und Thal,

       Das haben mitangesehen

       Der Ritter und sein Gemahl.

       Ihr Knappen, auf! ihr geschwinden,

       Zum Suchen auszugeh'n!

       Wo man den Schleier wird finden,

       Da soll das Kloster steh'n.

       Drei Tage sind verschwunden,

       Und nach der dritten Nacht,

       Da wird der Schleier gefunden

       Und in die Burg gebracht.

       Des Klosters Bau wird begonnen,

       Wo man den Schleier fand,

       Er ward bestimmt für Nonnen

       Und Frauenrode genannt.

       In selbem Kloster thäten

       Der Ritter und sein Gemahl

       Für ihre Seelen beten

       Gebetlein ohne Zahl.

       Im Kloster zu Frauenrode

       In Zellen eng und schmal,

       Da ruhen nach ihrem Tode

       Der Ritter und sein Gemahl.

       Dort hängt zur ew'gen Feier

       Am heiligen Altar,

       Der wunderbare Schleier,

       Der Gottes Bote war.

       277. Die luftige Brücke.

       B e c h s t e i n S. 124.

       Bei der alten Klosterstätte zu Frauenrode ist es, der

       Sage nach, nicht geheuer. Lodernde Feuer oder bläuliche

       Flämmchen werden in gewissen Nächten brennend

       auf dem Kirchhof oder in der Nähe der Klosterkirche

       erblickt, welche einen großen dort vergrabenen

       Schatz anzeigen. Nicht weit von der Kirche erhebt

       sich ein Hügel, auf welchem vor langen Zeiten erst

       eine Burg, dann ein Theil des Klostergebäudes gestanden.

       Von dort führte ein bedeckter Gang nach der

       Kirche, über welchen die Nonnen schritten, wenn sie

       auf dem Chor sich versammelten, die Horas zu singen.

       Man sieht noch überm Portal die vermauerte

       Oeffnung. Alljährlich in gewissen heiligen Nächten

       erblickt man diesen Gang durch die Luft und den Zug

       gespenstiger Nonnen und sieht die Kirche erleuchtet,

       doch ist es nicht gut lange hinzusehen, noch viel weniger

       die Kirche dann zu betreten, denn in dieser halten

       die Geister Mette und es knieen vor dem Altar die

       Gestalten des Stifters und der Stifterin und hinter

       ihnen alle, die in der Kirche begraben wurden; von

       dem Haupte Beatricens weht der weiße Schleier, und

       auf Otto's Haupte rauschen die Blätter eines welken

       Lorbeerkranzes geisterhaft im Hauche der Nacht.

       Nach der Mette ziehen die Nonnen alle still zurück

       und schwinden in Nebel, wie sie dem Hügel sich nähern.

       278. Sterneckerschloß bei Roth nächst

       Kissingen.

       F r . P a n z e r Beitrag S. 182.

       Auf dem Berg Sterneck stand in alten Zeiten ein

       Schloß gleichen Namens, welches aber in die Tiefe

       versunken ist. Von dem Sterneckerschloß zieht, so

       geht die Sage, ein unterirdischer Gang unter der Saale

       durch, und hat in dem Thurme des alten Schlosses zu

       Steinach seine Mündung. Vor Zeiten kamen durch

       diesen Gang zwei Jungfrauen auf die Kirchweih in

       Steinach zum Tanze. Sie waren allgemein unter dem

       Namen: »die Sterneckerfräulein« bekannt. Sie durften

       nie über die zwölfte Stunde weilen. Einst suchten sie

       die jungen Leute zu bestimmen, länger zu bleiben;

       nur eine ließ sich bewegen, und weilte bis zwei Uhr in

       der Nacht, gerieth aber dann in große Angst und eröffnete

       ihren Tänzern, daß sie schwerer Strafe nicht

       entgehen werde; sie möchten nur nach der Saale

       gehen, zeige diese einen rothen Strich, so habe sie

       ihre Schuld mit dem Leben gebüßt. Hierauf eilte sie

       durch den unterirdischen Gang fort. Die jungen Leute

       sahen die blutigen Wellen. Von nun an kommen die

       Sterneckerfräulein nicht mehr zum Tanz. Einst ging

       ein Mann am Weihnachtstag früh fünf Uhr von Stei-

       nach nach Windheim. Als er an das Schloß Sterneck

       kam, sah er eine Schlüsselblume. Er wunderte sich,

       im Winter eine so schöne Blume zu finden, pflückte

       und steckte sie auf den Hut. Nun irrte er aber lange im

       Walde herum, und es war ihm, als ob ihn eine unsichtbare

       Macht in die Höhe ziehe. In Schrecken und

       Angst gelangte er vor ein großes Thor eines Schlosses,

       welches sich von selbst öffnete. Er trat in das

       Schloß und sah ein weißes Fräulein, neben ihr zwei

       weiße Tücher ausgebreitet; auf dem einen lag ein

       Haufe Roggen, auf dem andern ein Haufe Weizen.

       Dabei lag ein schwarzer Hund. Der Mann faßte Muth,

       nahm von