Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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Tasche, und verließ das Schloß. Als er ein

       Stück Weges gegangen war, sah er nach der Schlüsselblume,

       hatte sie aber nicht. Aber die Körner hatten

       sich in pures Gold verwandelt. Es reute ihn, daß er

       nicht mehr genommen hatte. Noch vor nicht langer

       Zeit, wird erzählt, gruben Schatzgräber im Sterneckerschloß;

       sie fanden Asche, zusammengeschmolzene

       Metalle; endlich zogen sie einen Kessel mit Geld herauf;

       aber schnell errichtete der Teufel hinter ihnen

       einen Galgen und nannte einen der Schatzgräber mit

       Namen; voll Schrecken rief dieser: Jesus! Maria! da

       versank der Schatz, und er hatte nur den Kesselring in

       der Hand. Eine Frau sah öfter den Schlangenkönig,

       wie er sich in der Saale badete. Als er einst wieder

       kam, breitete sie auf der Wiese am Ufer ein weißes

       Tuch aus, auf welches der Schlangenkönig seine

       Krone legte. Die Frau nahm die Krone und lief nach

       ihrer Wohnung; der Schlangenkönig eilte ihr aber so

       schnell nach, daß die gerade noch zur rechten Zeit die

       Hausthüre hinter sich zuwerfen konnte, gegen welche

       der Schlangenkönig mit solcher Gewalt stieß, daß er

       todt zu Boden fiel. Die Sage von dem

       Sterneckerfräulein ist in dortiger Gegend ziemlich

       verbreitet.

       279. Von der Burg Steineck.

       B e c h s t e i n S. 248.

       Im Walde Questenberg, wo sich das Gebirge des

       Burg Wallbacher Forstes hinabsenkt gegen die sanften

       Ufer der fränkischen Saale, in der Nähe des ohnweit

       Bocklet gelegenen Marktfleckens Steinach, hart

       über dem Dörfchen Roth, liegt heutzutage die Trümmerstätte

       der ehemaligen Burg Steineck. Diese wurde

       von Rittern bewohnt, welche ein heilloses Leben führten,

       täglich zechten, fluchten, und an keinen Gott und

       keine Erlösung glaubten. Diesen Rittern diente eine

       alte, fromme und gottesfürchtige Magd, welche öfters

       in den langen Winterabenden den Tummelplatz roher

       Lustbarkeiten und Laster verließ, und herabging nach

       Roth, um bei einfachen und guten Bauersleuten zu

       spinnen. Einst am Christabend, welcher auf Burg

       Steineck gänzlich ungefeiert blieb, ging die Alte auch

       herab, sich mit den befreundeten Leuten der gnadenreichen

       Geburt des Weltheilandes zu freuen, und blieb

       über die Mitternachtstunde in Roth. Als sie den Weg

       zur Burg wieder betrat, und in deren Nähe gelangte,

       kam es ihr sehr befremdlich vor, daß sie nicht, wie

       sonst, schon von weitem wüstes Geschrei, Gesang

       und Becherklirren hörte; noch mehr aber verwunderte

       sich die Alte, als sie kein erleuchtetes Fenster mehr

       sah. Endlich mischte sich Schreck, Erstaunen und

       Grauen in ihrem Innern, als sie die Burg gar nicht

       wiederfand, sondern an ihrer Stelle nur zerbrochene

       Außenmauern, und wüste Trümmer. Die Burg war

       mit sammt den gottlosen Rittern, deren Schändlichkeit

       in dieser heiligen Nacht ihren Gipfel erreicht hatte,

       und mit sammt den in ihr aufgehäuften, durch Raub

       zusammengerafften Schätzen – versunken. Die alte

       Magd glaubte zu träumen, oder einen Schlaf, ähnlich

       dem der Siebenschläfer geschlafen zu haben, und ging

       ganz bestürzt und zitternd wieder nach Roth hinunter,

       wo sie den Leuten erzählte, was sich zugetragen, sie

       zu einem gottgefälligen Leben ermahnte, und bald

       darauf zum ewigen Leben einging. Auf der Trümmerstätte

       der Burg Steineck aber ist es nicht geheuer. Gespenster

       haben dort ihr Wesen, vornehmlich in der

       Christnacht, und doch soll es nur in dieser Nacht

       möglich sein, die Schätze zu heben, die in ihrem tiefen

       Schooße ruhen. Manche versuchten das, doch ist

       es noch Keinem geglückt.

       280. Der Todtemannsberg.

       Die vor. Schrift S. 121.

       Unter den schwarzen Bergen, die sich in der südlichen

       Nähe des Kreuzberges zwischen Brückenau und Kissingen

       düster bewaldet erheben, liegt eine Höhe, der

       Todtemannsberg geheißen, deren Namen die Sage folgender

       Begebenheit zuschreibt. Ein Reisender verirrte

       sich zur Winterszeit in diese etwas unwirthbare und

       öde Gegend, in welcher die Dörfer ziemlich einzeln

       liegen. Die Nacht übereilte den Mann, er suchte

       Schutz gegen die Kälte, fand aber keinen andern, als

       einen Busch, in welchen er, da er vor Ermattung nicht

       weiter konnte, sich niederkauerte, und entschlief. Er

       erwachte nicht wieder aus seinem Schlafe und Niemand

       wußte, wohin der Reisende gekommen. Er ward

       vermißt, überall gesucht und sein Signalement in Zeitungen

       beschrieben, doch vergebens: er kehrte nicht

       zurück. Erst im Vorsommer ließ ein Zufall auf einem

       hohen Baume am Berg einen todten Körper entdekken.

       Der Baum war so tief eingeschneit und der Schnee

       so fest gewesen, daß der Reisende den Baumgipfel für

       einen Busch gehalten, in welchen er sich gebettet, und

       als der Schnee hinwegthaute, war sein Leichnam dro-

       ben ruhig hängen geblieben. Daher vom todtgefundenen

       Mann des Berges Name.

      Kapitel 15

      281. Verwünschtes Schloß Dreistelz.

       Die vor. Schrift S. 119.

       Ohnweit des schönen Bades Brückenau erhebt sich

       ein Berg, der Dreistelz geheißen; jetzt liegt auf ihm

       ein Hof, der Dreistelzhof, vordem aber stand darauf

       ein prächtiges Schloß, und zwar an der Höhe nach

       Brückenau zu. In diesem Schloß wohnten drei stolze

       Damen, und man sagt, daß man diese Fräulein nur die

       drei Stolzen genannt habe, wegen ihrer absonderlichen

       Schönheit sowohl, als wegen ihrer großen Pracht

       und Hoffart; und ihr Haus, das hieß man das Dreistolzenschloß,